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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. I. SECT. XXXI.
lem streit von der kirche/ finden. Dem HErrn unserm GOtt sey ewi-
ger danck/ der mich solches durch seine gnade erkennen/ und noch dazu in
der evangelischen gemeinde gebohren und auferzogen hat werden lassen/
daß ich mit Timotheo von jugend auf die heilige schrifft vor mir gehabt/
und ohne absicht auf einiges menschen autorität/ allein deßwegen/ weil
ich GOttes wort vor mir hatte/ um desselben willen zu glauben angewie-
sen worden bin. Wer also stehet/ der stehet durch GOttes gnade fest.
Der HErr gebe solches allen menschen/ sonderlich denjenigen/ welche
noch auf menschen autorität sehen/ und also ihren glauben auf einen sand
bauen/ kräftig zu erkennen/ und lasse sein liecht aller orten und in allen
hertzen heller aufgehen.

SECTIO XXXI.
Uber des Bischoffs von Thina negotiation
und versuchten vereinigung mit dem Pabstthum.

DEr bekante Bischoff von Thina, ist/ vor dem als E. Excell. brieff
bekam/ bereits bey mir gewesen. Jch kante ihn aber nicht ehe/ als
wir beysammen sassen/ dann er sich unter fremden namen anmel-
den lassen. Er war wol drey stunden bey mir/ und erzehlte mir alle seine
vorschläge/ und begehrte meine meynung davon. Jch antwortete/ als viel
zeit und solcher plötzlicher vortrag/ dessen mich nicht versehen/ zugegeben/
und zeigte/ wie ich nichts anders als lauter unthunliches und gefährli-
ches in der gantzen sache sehe. Mußte ihm ein und anders in die hand
geheim zu halten versprechen. Fand aber nachmal alles solches schon in
den geschriebenen dingen/ so mir Landgraff Ernsts Durchl. communi-
cirt
e/ da so wol der Hannoverischen Theologen bedencken war/ als das
andere Project (so ich fast davor gehalten des Bischoffs selbs zu seyn)
darüber jene auch ein kürtzer judicium beygefüget. Wie nun schon damal
das werck höchst gefährlich geachtet/ so komt mirs nun desto mehr der mas-
sen vor/ nach dem der Bischoff eine solche relation bey Keys. Majest. ab-
gelegt/ daß selbige solle bewogen worden seyn/ dero namen dazu zu spen-
dir
en/ und ihn zu einiger negotiation auf gewisse weise zu autorisiren.
Verhütet GOTT nicht gnädiglich das von gegentheil gesuchte/ so
sorge sehr/ man wird an ein und andern orten sich praecipitiren/
und ohn bedacht der grossen consequenz auf sreundliches zureden
dieses dazu wol geschickten mannes sich etwa so weit engagiren/ daß
gemeiner sache ein schädliches praejudiz zugezogen werde/ da man
nach mal mit ehren nicht wol wieder zurück kan/ und es zu gefährlichen
und mißlichen resolutionen zu letzt ausschlagen dörffte. So bekommen

wir
s 3

ARTIC. I. SECT. XXXI.
lem ſtreit von der kirche/ finden. Dem HErrn unſerm GOtt ſey ewi-
ger danck/ der mich ſolches durch ſeine gnade erkennen/ und noch dazu in
der evangeliſchen gemeinde gebohren und auferzogen hat werden laſſen/
daß ich mit Timotheo von jugend auf die heilige ſchrifft vor mir gehabt/
und ohne abſicht auf einiges menſchen autoritaͤt/ allein deßwegen/ weil
ich GOttes wort vor mir hatte/ um deſſelben willen zu glauben angewie-
ſen worden bin. Wer alſo ſtehet/ der ſtehet durch GOttes gnade feſt.
Der HErr gebe ſolches allen menſchen/ ſonderlich denjenigen/ welche
noch auf menſchen autoritaͤt ſehen/ und alſo ihren glauben auf einen ſand
bauen/ kraͤftig zu erkennen/ und laſſe ſein liecht aller orten und in allen
hertzen heller aufgehen.

SECTIO XXXI.
Uber des Biſchoffs von Thina negotiation
und verſuchten vereinigung mit dem Pabſtthum.

DEr bekante Biſchoff von Thina, iſt/ vor dem als E. Excell. brieff
bekam/ bereits bey mir geweſen. Jch kante ihn aber nicht ehe/ als
wir beyſammen ſaſſen/ dann er ſich unter fremden namen anmel-
den laſſen. Er war wol drey ſtunden bey mir/ und erzehlte mir alle ſeine
vorſchlaͤge/ und begehrte meine meynung davon. Jch antwortete/ als viel
zeit und ſolcher ploͤtzlicher vortrag/ deſſen mich nicht verſehen/ zugegeben/
und zeigte/ wie ich nichts anders als lauter unthunliches und gefaͤhrli-
ches in der gantzen ſache ſehe. Mußte ihm ein und anders in die hand
geheim zu halten verſprechen. Fand aber nachmal alles ſolches ſchon in
den geſchriebenen dingen/ ſo mir Landgraff Ernſts Durchl. communi-
cirt
e/ da ſo wol der Hannoveriſchen Theologen bedencken war/ als das
andere Project (ſo ich faſt davor gehalten des Biſchoffs ſelbs zu ſeyn)
daruͤber jene auch ein kuͤrtzer judicium beygefuͤget. Wie nun ſchon damal
das werck hoͤchſt gefaͤhꝛlich geachtet/ ſo komt mirs nun deſto mehr der maſ-
ſen vor/ nach dem der Biſchoff eine ſolche relation bey Keyſ. Majeſt. ab-
gelegt/ daß ſelbige ſolle bewogen worden ſeyn/ dero namen dazu zu ſpen-
dir
en/ und ihn zu einiger negotiation auf gewiſſe weiſe zu autoriſiren.
Verhuͤtet GOTT nicht gnaͤdiglich das von gegentheil geſuchte/ ſo
ſorge ſehr/ man wird an ein und andern orten ſich præcipitiren/
und ohn bedacht der groſſen conſequenz auf ſreundliches zureden
dieſes dazu wol geſchickten mannes ſich etwa ſo weit engagiren/ daß
gemeiner ſache ein ſchaͤdliches præjudiz zugezogen werde/ da man
nach mal mit ehren nicht wol wieder zuruͤck kan/ und es zu gefaͤhrlichen
und mißlichen reſolutionen zu letzt ausſchlagen doͤrffte. So bekommen

wir
ſ 3
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[141/0153] ARTIC. I. SECT. XXXI. lem ſtreit von der kirche/ finden. Dem HErrn unſerm GOtt ſey ewi- ger danck/ der mich ſolches durch ſeine gnade erkennen/ und noch dazu in der evangeliſchen gemeinde gebohren und auferzogen hat werden laſſen/ daß ich mit Timotheo von jugend auf die heilige ſchrifft vor mir gehabt/ und ohne abſicht auf einiges menſchen autoritaͤt/ allein deßwegen/ weil ich GOttes wort vor mir hatte/ um deſſelben willen zu glauben angewie- ſen worden bin. Wer alſo ſtehet/ der ſtehet durch GOttes gnade feſt. Der HErr gebe ſolches allen menſchen/ ſonderlich denjenigen/ welche noch auf menſchen autoritaͤt ſehen/ und alſo ihren glauben auf einen ſand bauen/ kraͤftig zu erkennen/ und laſſe ſein liecht aller orten und in allen hertzen heller aufgehen. 1679. SECTIO XXXI. Uber des Biſchoffs von Thina negotiation und verſuchten vereinigung mit dem Pabſtthum. DEr bekante Biſchoff von Thina, iſt/ vor dem als E. Excell. brieff bekam/ bereits bey mir geweſen. Jch kante ihn aber nicht ehe/ als wir beyſammen ſaſſen/ dann er ſich unter fremden namen anmel- den laſſen. Er war wol drey ſtunden bey mir/ und erzehlte mir alle ſeine vorſchlaͤge/ und begehrte meine meynung davon. Jch antwortete/ als viel zeit und ſolcher ploͤtzlicher vortrag/ deſſen mich nicht verſehen/ zugegeben/ und zeigte/ wie ich nichts anders als lauter unthunliches und gefaͤhrli- ches in der gantzen ſache ſehe. Mußte ihm ein und anders in die hand geheim zu halten verſprechen. Fand aber nachmal alles ſolches ſchon in den geſchriebenen dingen/ ſo mir Landgraff Ernſts Durchl. communi- cirte/ da ſo wol der Hannoveriſchen Theologen bedencken war/ als das andere Project (ſo ich faſt davor gehalten des Biſchoffs ſelbs zu ſeyn) daruͤber jene auch ein kuͤrtzer judicium beygefuͤget. Wie nun ſchon damal das werck hoͤchſt gefaͤhꝛlich geachtet/ ſo komt mirs nun deſto mehr der maſ- ſen vor/ nach dem der Biſchoff eine ſolche relation bey Keyſ. Majeſt. ab- gelegt/ daß ſelbige ſolle bewogen worden ſeyn/ dero namen dazu zu ſpen- diren/ und ihn zu einiger negotiation auf gewiſſe weiſe zu autoriſiren. Verhuͤtet GOTT nicht gnaͤdiglich das von gegentheil geſuchte/ ſo ſorge ſehr/ man wird an ein und andern orten ſich præcipitiren/ und ohn bedacht der groſſen conſequenz auf ſreundliches zureden dieſes dazu wol geſchickten mannes ſich etwa ſo weit engagiren/ daß gemeiner ſache ein ſchaͤdliches præjudiz zugezogen werde/ da man nach mal mit ehren nicht wol wieder zuruͤck kan/ und es zu gefaͤhrlichen und mißlichen reſolutionen zu letzt ausſchlagen doͤrffte. So bekommen wir ſ 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/153>, abgerufen am 24.11.2024.