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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. I. SECTIO XXXI.
lium compromittiren: und dieses wird nachmal von allem endlich seine
decision geben und gleichsam erst sprechen müssen, ob uns im vorigen Tri-
enti
schen recht oder unrecht geschehen. Und was wollen wir thun, wo sol-
ches concilium alle vorige, ob wol noch so sehr ciausulirte, concessiones gar
aufhübe? Wir müssen ja voraus seine infa libilität und irrefragabilem
autoritatem
erkennen, und uns demselben schlechter dings unterwerffen,
als dagegen wir keine, nemlich genugsam kräfftige, mittel übrig behalten.
Daher ich gehofft, daß sie die evangelische vor vorsichtiger halten würden, als
solche unbedachtsamkeit ihnen zu zu muthen. Wie viel aufrichtiger solte
es lauten, wo so bald von einem concilio gehandlet, und solches auf eine art,
als wir damit zu frieden seyn könten, eingerichtet würde, auf dessen erfolg
die reunion vorgenommen werden möchte. Aber ich versichere mich billich,
sie wissen wol, daß aus dem concilio schwerlich iemand erst papistisch wür-
de werden, also sollen die leute vorhin durch gute hoffnung davon überre-
det und dahin gebracht werden, daß sie nachmal, wie es auch mit dem
concilio abgehe, nicht mehr zurücke treten können: Es wird uns zugemu-
thet, wir sollen ein so grosses auf ein concilium setzen, und ihm alles gutes
zutrauen, und doch soll solches also gehalten werden, daß niemand anders zu
dem sugragio gelassen werden kan, als der als ein Bischoff dem Pabst bereits
unterworffen ist, welcher auch die direction behält, und das haupt der kir-
chen bleibt. Jn der ersten kirchen war es gar ein anders, da neben dem Rö-
mischen noch die 4. Orientalische Patriarchen pari potestate waren, und
nicht alle Bischöffe von Rom dependirten: auf welche weise, wo man ja
die orientalische kirche vor abgesondert hält, und die abendländische allein
die kirche seyn soll, ob wol solche vor dem in der weitern dero extension al-
lein unter den Römischen Bischoff als ober-aufseher gehöret hat, zu vermei-
den die gefahr des monarchici regiminis (so in der kirchen unerträglich) und
es hingegen auf die art eines aristocratici wieder zu bringen, zum wenigsten
nothwendig wäre, daß der Pabst seinen occident mit einigen Patriarchen, so
an statt der andern alten mit ihm gleich, coordinati nicht subordinati wären,
theilen müßte, wie also ein Patriarcha Latinus, Teutonicus, Slavonicus
&c.
seyn könte. Jch sorge aber man würde zu Rom ehe alle itzige so genante ke-
tzer bleiben lassen, was sie sind, als sothanes stuhls angemasste allgemei-
ne gewalt im wenigsten zugeben zu schwächen. Also daß in der that heraus
kommen wird, man suche nicht, wie vorgegeben wird, die einigkeit der kir-
chen selbs, welche unter mehrern Patriarchen stehen kan, sondern die einig-
keit des haupts, und also die ober-botmäßigkeit von Rom, welche ich nicht
anders als das hertz des Antichristenthums achten kan. Daher ob in an-
dern articulen fast völlige satisfaction geschehe, dieses der härteste knoten

bleiben

ARTIC. I. SECTIO XXXI.
lium compromittiren: und dieſes wird nachmal von allem endlich ſeine
deciſion geben und gleichſam erſt ſprechen muͤſſen, ob uns im vorigen Tri-
enti
ſchen recht oder unrecht geſchehen. Und was wollen wir thun, wo ſol-
ches concilium alle vorige, ob wol noch ſo ſehr ciauſulirte, conceſſiones gar
aufhuͤbe? Wir muͤſſen ja voraus ſeine infa libilitaͤt und irrefragabilem
autoritatem
erkennen, und uns demſelben ſchlechter dings unterwerffen,
als dagegen wir keine, nemlich genugſam kraͤfftige, mittel uͤbrig behalten.
Daher ich gehofft, daß ſie die evangeliſche vor vorſichtiger halten wuͤrden, als
ſolche unbedachtſamkeit ihnen zu zu muthen. Wie viel aufrichtiger ſolte
es lauten, wo ſo bald von einem concilio gehandlet, und ſolches auf eine art,
als wir damit zu frieden ſeyn koͤnten, eingerichtet wuͤrde, auf deſſen erfolg
die reunion vorgenommen werden moͤchte. Aber ich verſichere mich billich,
ſie wiſſen wol, daß aus dem concilio ſchwerlich iemand erſt papiſtiſch wuͤr-
de werden, alſo ſollen die leute vorhin durch gute hoffnung davon uͤberre-
det und dahin gebracht werden, daß ſie nachmal, wie es auch mit dem
concilio abgehe, nicht mehr zuruͤcke treten koͤnnen: Es wird uns zugemu-
thet, wir ſollen ein ſo groſſes auf ein concilium ſetzen, und ihm alles gutes
zutrauen, und doch ſoll ſolches alſo gehalten werden, daß niemand anders zu
dem ſugragio gelaſſen werden kan, als der als ein Biſchoff dem Pabſt bereits
unterworffen iſt, welcher auch die direction behaͤlt, und das haupt der kir-
chen bleibt. Jn der erſten kirchen war es gar ein anders, da neben dem Roͤ-
miſchen noch die 4. Orientaliſche Patriarchen pari poteſtate waren, und
nicht alle Biſchoͤffe von Rom dependirten: auf welche weiſe, wo man ja
die orientaliſche kirche vor abgeſondert haͤlt, und die abendlaͤndiſche allein
die kirche ſeyn ſoll, ob wol ſolche vor dem in der weitern dero extenſion al-
lein unter den Roͤmiſchen Biſchoff als ober-aufſeher gehoͤret hat, zu vermei-
den die gefahr des monarchici regiminis (ſo in der kirchen unertraͤglich) und
es hingegen auf die art eines ariſtocratici wieder zu bringen, zum wenigſten
nothwendig waͤre, daß der Pabſt ſeinen occident mit einigen Patriarchen, ſo
an ſtatt deꝛ andeꝛn alten mit ihm gleich, coordinati nicht ſubordinati waͤꝛen,
theilen muͤßte, wie alſo ein Patriarcha Latinus, Teutonicus, Slavonicus
&c.
ſeyn koͤnte. Jch ſorge aber man wuͤꝛde zu Rom ehe alle itzige ſo genante ke-
tzer bleiben laſſen, was ſie ſind, als ſothanes ſtuhls angemaſſte allgemei-
ne gewalt im wenigſten zugeben zu ſchwaͤchen. Alſo daß in der that heraus
kommen wird, man ſuche nicht, wie vorgegeben wird, die einigkeit der kir-
chen ſelbs, welche unter mehrern Patriarchen ſtehen kan, ſondern die einig-
keit des haupts, und alſo die ober-botmaͤßigkeit von Rom, welche ich nicht
anders als das hertz des Antichriſtenthums achten kan. Daher ob in an-
dern articulen faſt voͤllige ſatisfaction geſchehe, dieſes der haͤrteſte knoten

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[143/0155] ARTIC. I. SECTIO XXXI. lium compromittiren: und dieſes wird nachmal von allem endlich ſeine deciſion geben und gleichſam erſt ſprechen muͤſſen, ob uns im vorigen Tri- entiſchen recht oder unrecht geſchehen. Und was wollen wir thun, wo ſol- ches concilium alle vorige, ob wol noch ſo ſehr ciauſulirte, conceſſiones gar aufhuͤbe? Wir muͤſſen ja voraus ſeine infa libilitaͤt und irrefragabilem autoritatem erkennen, und uns demſelben ſchlechter dings unterwerffen, als dagegen wir keine, nemlich genugſam kraͤfftige, mittel uͤbrig behalten. Daher ich gehofft, daß ſie die evangeliſche vor vorſichtiger halten wuͤrden, als ſolche unbedachtſamkeit ihnen zu zu muthen. Wie viel aufrichtiger ſolte es lauten, wo ſo bald von einem concilio gehandlet, und ſolches auf eine art, als wir damit zu frieden ſeyn koͤnten, eingerichtet wuͤrde, auf deſſen erfolg die reunion vorgenommen werden moͤchte. Aber ich verſichere mich billich, ſie wiſſen wol, daß aus dem concilio ſchwerlich iemand erſt papiſtiſch wuͤr- de werden, alſo ſollen die leute vorhin durch gute hoffnung davon uͤberre- det und dahin gebracht werden, daß ſie nachmal, wie es auch mit dem concilio abgehe, nicht mehr zuruͤcke treten koͤnnen: Es wird uns zugemu- thet, wir ſollen ein ſo groſſes auf ein concilium ſetzen, und ihm alles gutes zutrauen, und doch ſoll ſolches alſo gehalten werden, daß niemand anders zu dem ſugragio gelaſſen werden kan, als der als ein Biſchoff dem Pabſt bereits unterworffen iſt, welcher auch die direction behaͤlt, und das haupt der kir- chen bleibt. Jn der erſten kirchen war es gar ein anders, da neben dem Roͤ- miſchen noch die 4. Orientaliſche Patriarchen pari poteſtate waren, und nicht alle Biſchoͤffe von Rom dependirten: auf welche weiſe, wo man ja die orientaliſche kirche vor abgeſondert haͤlt, und die abendlaͤndiſche allein die kirche ſeyn ſoll, ob wol ſolche vor dem in der weitern dero extenſion al- lein unter den Roͤmiſchen Biſchoff als ober-aufſeher gehoͤret hat, zu vermei- den die gefahr des monarchici regiminis (ſo in der kirchen unertraͤglich) und es hingegen auf die art eines ariſtocratici wieder zu bringen, zum wenigſten nothwendig waͤre, daß der Pabſt ſeinen occident mit einigen Patriarchen, ſo an ſtatt deꝛ andeꝛn alten mit ihm gleich, coordinati nicht ſubordinati waͤꝛen, theilen muͤßte, wie alſo ein Patriarcha Latinus, Teutonicus, Slavonicus &c. ſeyn koͤnte. Jch ſorge aber man wuͤꝛde zu Rom ehe alle itzige ſo genante ke- tzer bleiben laſſen, was ſie ſind, als ſothanes ſtuhls angemaſſte allgemei- ne gewalt im wenigſten zugeben zu ſchwaͤchen. Alſo daß in der that heraus kommen wird, man ſuche nicht, wie vorgegeben wird, die einigkeit der kir- chen ſelbs, welche unter mehrern Patriarchen ſtehen kan, ſondern die einig- keit des haupts, und alſo die ober-botmaͤßigkeit von Rom, welche ich nicht anders als das hertz des Antichriſtenthums achten kan. Daher ob in an- dern articulen faſt voͤllige ſatisfaction geſchehe, dieſes der haͤrteſte knoten bleiben

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/155>, abgerufen am 24.11.2024.