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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
wider gehendes laster/ auch nicht in andere aus eben gleicher verderbnüß
herkommende sünden, unvermuthet führen möge. Vor dero wir uns eben
so wol zu hüten haben, als dero lohn endlich eben so wol die verdamnüß ja
oft auch ein anfang zu solchem schrecklichen laster ist. Da wir also wissen, was
für heimliches und böses gifft wir in dem hertzen haben, soll es uns wol
lernen vorsichtlich wandeln, nichtes, wo wir von GOttes wegen auch ei-
nen finger breit abzuweichen verleitet werden, vor geringe achten, ins-
gesamt aber mit furcht und zittern schaffen unsere seligkeit. Ja wie wir
die leibliche besitzung des teufels ansehen, als einen spiegel der grausam-
keit desselben, und wie eben so schrecklich, (ob es wol nicht dermassen in-
die augen fället) sey die geistliche besitzung bey den jenigen, welche er an seinen
stricken führet, zu allerley boßheit, und sie an ihren seelen viel erbärmlicher
machet, als jene leiblich besessene an ihren gliedern zerzerret und geqvälet
werden, nur daß weil es geistlicher weise geschicht, der arme mensch
solches nicht meinet noch fühlet, sondern wol gar gedencket, als ob ihm
gantz wohl wäre, aber desto gefährlicher ist es. Also halte ich dafür, daß wir
bey dieser groben eusserlichen zauberey, deren traurige exempel etwa zu wei-
len vor die augen kommen, und man so bald die abscheuliche grausamkeit
desselben erkennen muß, billich allemal erwegen sollen, wie hingegen auch
erschrecklich seye die geistliche zauberey 1. Sam. 15, 23. alles ungehor-
sams
und boßhafftiger widerstrebung gegen GOTT. Dann was etwa
die grobe zauberer leiblicher weise thun, daß sie auch mündlich GOtt ver-
leugnen, und den teufel zu ihrem herren annehmen, denselben ehren, ihm
dienen und seines unzüchtigen willens pflegen: So geschihet eben dasselbe
in gewisser maß auf geistliche art bey allen freveln sünden, ja bey allen,
welche nicht begehren würdiglich zu wandeln dem evangelio und dem
gnaden-bund, dazu sie beruffen sind. Dann solche, was sie nicht mit wor-
ten thun, thun sie es mit der that und leben, daß sie nemlich verleugnen den
HErren, der sie erkaufft hat, und ziehen auf sich ein schnelles verderben.
2. Petr. 2, 1. Sie üben noch solche boßheit, daß sie sich noch dazu einbil-
den, sie seyen gleichwol noch GOttes diener, wollen nicht nur von men-
schen dafür angesehen seyn, sondern erfordern von GOtt, kraft des bun-
des, welchen er mit ihnen gemacht hatte, annoch die seligkeit, gerade ob
gienge er sie noch an, in dem stande, da sie ihn verleugnet haben. So sind
auch alle die vorsetzliche und wissentliche sünden derselben, weil sie damit
weisen, daß sie GOtt den HErren dem satan nachsetzen, in der that rech-
te dienste, die sie dem teufel leisten, und ihn damit zu ihrem GOtt machen,
ob wol nicht so scheinbar, wie bey jenen armseligen geschihet, dennoch
nicht weniger gefährlich, weil es in dem geist geschihet, und allezeit mit

einer

Das ſiebende Capitel.
wider gehendes laſter/ auch nicht in andere aus eben gleicher verderbnuͤß
herkommende ſuͤnden, unvermuthet fuͤhren moͤge. Vor dero wir uns eben
ſo wol zu huͤten haben, als dero lohn endlich eben ſo wol die verdamnuͤß ja
oft auch ein anfang zu ſolchem ſchrecklichen laſter iſt. Da wir alſo wiſſen, was
fuͤr heimliches und boͤſes gifft wir in dem hertzen haben, ſoll es uns wol
lernen vorſichtlich wandeln, nichtes, wo wir von GOttes wegen auch ei-
nen finger breit abzuweichen verleitet werden, vor geringe achten, ins-
geſamt aber mit furcht und zittern ſchaffen unſere ſeligkeit. Ja wie wir
die leibliche beſitzung des teufels anſehen, als einen ſpiegel der grauſam-
keit deſſelben, und wie eben ſo ſchrecklich, (ob es wol nicht dermaſſen in-
die augen faͤllet) ſey die geiſtliche beſitzung bey den jenigen, welche er an ſeinen
ſtricken fuͤhret, zu allerley boßheit, und ſie an ihren ſeelen viel erbaͤrmlicher
machet, als jene leiblich beſeſſene an ihren gliedern zerzerret und geqvaͤlet
werden, nur daß weil es geiſtlicher weiſe geſchicht, der arme menſch
ſolches nicht meinet noch fuͤhlet, ſondern wol gar gedencket, als ob ihm
gantz wohl waͤre, aber deſto gefaͤhrlicher iſt es. Alſo halte ich dafuͤr, daß wir
bey dieſer groben euſſerlichen zauberey, deren traurige exempel etwa zu wei-
len vor die augen kommen, und man ſo bald die abſcheuliche grauſamkeit
deſſelben erkennen muß, billich allemal erwegen ſollen, wie hingegen auch
erſchrecklich ſeye die geiſtliche zauberey 1. Sam. 15, 23. alles ungehor-
ſams
und boßhafftiger widerſtrebung gegen GOTT. Dann was etwa
die grobe zauberer leiblicher weiſe thun, daß ſie auch muͤndlich GOtt ver-
leugnen, und den teufel zu ihrem herren annehmen, denſelben ehren, ihm
dienen und ſeines unzuͤchtigen willens pflegen: So geſchihet eben daſſelbe
in gewiſſer maß auf geiſtliche art bey allen freveln ſuͤnden, ja bey allen,
welche nicht begehren wuͤrdiglich zu wandeln dem evangelio und dem
gnaden-bund, dazu ſie beruffen ſind. Dann ſolche, was ſie nicht mit wor-
ten thun, thun ſie es mit der that und leben, daß ſie nemlich verleugnen den
HErren, der ſie erkaufft hat, und ziehen auf ſich ein ſchnelles verderben.
2. Petr. 2, 1. Sie uͤben noch ſolche boßheit, daß ſie ſich noch dazu einbil-
den, ſie ſeyen gleichwol noch GOttes diener, wollen nicht nur von men-
ſchen dafuͤr angeſehen ſeyn, ſondern erfordern von GOtt, kraft des bun-
des, welchen er mit ihnen gemacht hatte, annoch die ſeligkeit, gerade ob
gienge er ſie noch an, in dem ſtande, da ſie ihn verleugnet haben. So ſind
auch alle die vorſetzliche und wiſſentliche ſuͤnden derſelben, weil ſie damit
weiſen, daß ſie GOtt den HErren dem ſatan nachſetzen, in der that rech-
te dienſte, die ſie dem teufel leiſten, und ihn damit zu ihrem GOtt machen,
ob wol nicht ſo ſcheinbar, wie bey jenen armſeligen geſchihet, dennoch
nicht weniger gefaͤhrlich, weil es in dem geiſt geſchihet, und allezeit mit

einer
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[168/0180] Das ſiebende Capitel. wider gehendes laſter/ auch nicht in andere aus eben gleicher verderbnuͤß herkommende ſuͤnden, unvermuthet fuͤhren moͤge. Vor dero wir uns eben ſo wol zu huͤten haben, als dero lohn endlich eben ſo wol die verdamnuͤß ja oft auch ein anfang zu ſolchem ſchrecklichen laſter iſt. Da wir alſo wiſſen, was fuͤr heimliches und boͤſes gifft wir in dem hertzen haben, ſoll es uns wol lernen vorſichtlich wandeln, nichtes, wo wir von GOttes wegen auch ei- nen finger breit abzuweichen verleitet werden, vor geringe achten, ins- geſamt aber mit furcht und zittern ſchaffen unſere ſeligkeit. Ja wie wir die leibliche beſitzung des teufels anſehen, als einen ſpiegel der grauſam- keit deſſelben, und wie eben ſo ſchrecklich, (ob es wol nicht dermaſſen in- die augen faͤllet) ſey die geiſtliche beſitzung bey den jenigen, welche er an ſeinen ſtricken fuͤhret, zu allerley boßheit, und ſie an ihren ſeelen viel erbaͤrmlicher machet, als jene leiblich beſeſſene an ihren gliedern zerzerret und geqvaͤlet werden, nur daß weil es geiſtlicher weiſe geſchicht, der arme menſch ſolches nicht meinet noch fuͤhlet, ſondern wol gar gedencket, als ob ihm gantz wohl waͤre, aber deſto gefaͤhrlicher iſt es. Alſo halte ich dafuͤr, daß wir bey dieſer groben euſſerlichen zauberey, deren traurige exempel etwa zu wei- len vor die augen kommen, und man ſo bald die abſcheuliche grauſamkeit deſſelben erkennen muß, billich allemal erwegen ſollen, wie hingegen auch erſchrecklich ſeye die geiſtliche zauberey 1. Sam. 15, 23. alles ungehor- ſams und boßhafftiger widerſtrebung gegen GOTT. Dann was etwa die grobe zauberer leiblicher weiſe thun, daß ſie auch muͤndlich GOtt ver- leugnen, und den teufel zu ihrem herren annehmen, denſelben ehren, ihm dienen und ſeines unzuͤchtigen willens pflegen: So geſchihet eben daſſelbe in gewiſſer maß auf geiſtliche art bey allen freveln ſuͤnden, ja bey allen, welche nicht begehren wuͤrdiglich zu wandeln dem evangelio und dem gnaden-bund, dazu ſie beruffen ſind. Dann ſolche, was ſie nicht mit wor- ten thun, thun ſie es mit der that und leben, daß ſie nemlich verleugnen den HErren, der ſie erkaufft hat, und ziehen auf ſich ein ſchnelles verderben. 2. Petr. 2, 1. Sie uͤben noch ſolche boßheit, daß ſie ſich noch dazu einbil- den, ſie ſeyen gleichwol noch GOttes diener, wollen nicht nur von men- ſchen dafuͤr angeſehen ſeyn, ſondern erfordern von GOtt, kraft des bun- des, welchen er mit ihnen gemacht hatte, annoch die ſeligkeit, gerade ob gienge er ſie noch an, in dem ſtande, da ſie ihn verleugnet haben. So ſind auch alle die vorſetzliche und wiſſentliche ſuͤnden derſelben, weil ſie damit weiſen, daß ſie GOtt den HErren dem ſatan nachſetzen, in der that rech- te dienſte, die ſie dem teufel leiſten, und ihn damit zu ihrem GOtt machen, ob wol nicht ſo ſcheinbar, wie bey jenen armſeligen geſchihet, dennoch nicht weniger gefaͤhrlich, weil es in dem geiſt geſchihet, und allezeit mit einer

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/180>, abgerufen am 26.11.2024.