Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.ARTIC. II. SECTIO XXIX. det/ daß man darnach den namen nicht gern haben will/ seine meinung erstum anderer willen geändert zu haben. Jch versichere mich/ die beobach- tung dieses vorschlags solte vieles ausrichten/ daß nicht so leicht übel ge- schlossen würde. Andere gemeine erinnerungen führe ich eben nicht alle an. §. 4. Wo aber sonderlich der vorgedachte vorschlag des examinis der §. 5. Wo nun ein solcher/ welcher sich in seinem gewissen den majori- get/
ARTIC. II. SECTIO XXIX. det/ daß man darnach den namen nicht gern haben will/ ſeine meinung erſtum anderer willen geaͤndert zu haben. Jch verſichere mich/ die beobach- tung dieſes vorſchlags ſolte vieles ausrichten/ daß nicht ſo leicht uͤbel ge- ſchloſſen wuͤrde. Andere gemeine erinnerungen fuͤhre ich eben nicht alle an. §. 4. Wo aber ſonderlich der vorgedachte vorſchlag des examinis der §. 5. Wo nun ein ſolcher/ welcher ſich in ſeinem gewiſſen den majori- get/
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ARTIC. II. SECTIO XXIX.
det/ daß man darnach den namen nicht gern haben will/ ſeine meinung erſt
um anderer willen geaͤndert zu haben. Jch verſichere mich/ die beobach-
tung dieſes vorſchlags ſolte vieles ausrichten/ daß nicht ſo leicht uͤbel ge-
ſchloſſen wuͤrde. Andere gemeine erinnerungen fuͤhre ich eben nicht alle
an.
§. 4. Wo aber ſonderlich der vorgedachte vorſchlag des examinis der
ſache vor dem votiren nicht beliebet wuͤrde/ und einer der aſſeſſorum alsdenn
davor hielte/ es waͤren die majora irrig/ ſo befraget ſich/ was alsdann derſel-
be zu thun haͤtte? Da waͤre nun meine meinung in einer ſolchen wichtigen
ſache/ wo ihnen obliget alles muͤgliche anzuwenden/ daß nichts irriges oder
unbilliches geſchloſſen wuͤrde/ daß ein ſolcher entweder in ſeiner ordnung des
votirens, oder auch wo ſolches herum waͤre/ und er vorher in ſeiner ordnung
eben nicht alles/ ſo zu der ſache dienlich/ kraͤftig genug vorgebracht/ modeſte
darnach den majoribus contradicirte/ ſeine rationes aufs nachdruͤcklichſte
vorſtellete/ und etwa auf die gegenſtehende momenta, dadurch ſich andere
verleiten laſſen/ antwortete. Wird eine ſolche freyheit in weltlichen gerich-
ten eben nicht gegeben/ welche gemeiniglich ihre gemeſſene ordnungen haben/
und eine retractation ſchwerlich vergoͤnnet wird/ ſo will doch die wichtigkeit
der geiſtlichen dinge mit ſich bringen/ daß man ſolche freyheit keinem/ ſo aus
trieb ſeines gewiſſens noch zu widerſprechen findet/ verſagen ſolle/ alles das-
jenige nochmal vorzuſtellen/ was weiter zu erwegen derſelbe noͤthig befindet:
Man ſolle ſich auch nicht verdrieſſen laſſen/ daß alsdenn die vota aufs neue
eingefordert werden/ und ſo einige oder mehrere durch ſothanen andern vor-
trag anders uͤberzeuget worden/ ſolle ſich keiner ſchaͤmen/ ſein votum zu re-
tractiren und zu aͤndern/ denn der wahrheit weichen iſt keine ſchand/ ſondern
ehre; und ſchaͤme ich mich nicht/ in unſerm conventu, wo in den folgenden
votis neue momenta vorgekommen/ die ich nicht eben vorher geſehen/ mehr-
mal mein voriges votum von ſelbſten ohne fernere umfrag zuruͤck gezogen und
geaͤndert zu haben. Hieher gehoͤret das bekante und denckwuͤrdige exempel/
ſo in dem erſten allgemeinen concilio zu Nicea vorgegangen: dann als da-
ſelbs es bereits an dem war/ daß ein geſetz gegeben ſolte werden wider die
ehe der prieſter/ und alſo wol die meiſte gegen dieſe werden votirt gehabt ha-
ben/ hat folgendes der gottſelige Paphnutius ſolche remonſtration aus Got-
tes wort vor dieſelbe gethan/ daß das geſetz zuruͤck gegangen/ und alſo die
meiſte ſo vorhin anderer meinung geweſen/ von derſelben wiederum muͤſſen
abgewichen und ihm beygefallen ſeyn.
§. 5. Wo nun ein ſolcher/ welcher ſich in ſeinem gewiſſen den majori-
bus zu widerſprechen genoͤthiget gefunden/ die retractation derſelben erlan-
get/
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