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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
ner fackel einem solchem actori feuer in perruque und larve gekommen/ daß
der arme mensch in gefahr davon zu sterben gerieth/ und übel zugerichtet
wurde.
2. Es mag ein praeceptor solche seinen schülern positive nicht permit-
tir
en/ ob er wol/ da es aus höherer autorität geschehe/ und er sein gewissen
mit erinnerungen gerettet/ müste geschehen lassen/ was er nicht wehren kan.
3. Timotheus hat bey solchen umständen in nichts dessen consentiren
können/ was solches ungöttliche wesen mit sich bringet.
4. Er hat seine discipul treulich zu unterrichten von der sache/ damit er
sein gewissen rein behalte/ und es dabey bleiben zu lassen.
5. Wo er merckte/ daß ohne ihm sie von den superioribus dazu vermöcht
würden/ lieber zu conniviren/ als wüste er nichts darum/ als da er sie doch
nicht gegen jene davon loßreissen kan/ sich mit seinem und ihrem (als dero ge-
wissen als dann nur so viel mehr verletzt werden würde) mehrern nachtheil
sich mit gewalt vergebens widersetzen. Wo es aber geschehen/ sie beweglich
auf das urtheil ihres eigenen gewissens weisen.
6. Der vorschlag von einem gespräch gewisser personen über die geburt
Christi ist so bewandt/ daß in theoria dasselbe also gefasset werden kan/ daß
es erbaulich angerichtet würde: Solte es aber zur praxi kommen/ sorge ich/
daß man nimmermehr dasselbe also zu werck richten würde/ daß nicht viel
mißbrauchs göttliches namens und anstoß dabey vorgehe. Daher gottse-
lige hertzen davon sich werden suchen frey zu halten/ und es eher andern über-
lassen. Was anlangt die music bey den papisten bey ihrem gottesdienst/
kan kein Evangelischer mit guten gewissen sich gebrauchen lassen: Jndem
der cultus bey denselben manches von abgötterey und aberglauben bey
sich hat/ dabey ich mich nicht gebrauchen lassen darff/ indem ich son-
sten denselben in gewisser maß billigen/ aufs wenigste in der that sie
selbs und die schwache unter uns ärgern würde. Daher/ wo wir in
Franckfurth erfahren/ daß die unsrige sich in den Papistischen kirchen ge-
brauchen lassen/ denselben allezeit aus befehl des convents von den beicht-
vätern ist zugesprochen worden. Daraus folget nicht/ daß wir sie vor teufel
halten: Jndem ich nicht nur mit dem teufel keine gemeinschafft haben darff/
sondern auch mit andern dingen/ die irrig sind/ oder mit irrthum beflecket/
dero wir uns auf einigerley weise auch nicht theilhafftig zu machen gewissens
halben verbunden sind. Wo der widersacher Casisten aufgeschlagen wür-
den/ wird sich vieles finden wie auch sie alle cooperationem mit unsern sa-
cris
verwerffen
7. Würde aber von Serenissimo die jugend begehret/ so muß sie Timo-
theus
folgen lassen/ nach dem er sie bereits vorher/ was davon zu halten un-
terrich-
Das ſiebende Capitel.
ner fackel einem ſolchem actori feuer in perruque und larve gekommen/ daß
der arme menſch in gefahr davon zu ſterben gerieth/ und uͤbel zugerichtet
wurde.
2. Es mag ein præceptor ſolche ſeinen ſchuͤlern poſitive nicht permit-
tir
en/ ob er wol/ da es aus hoͤherer autoritaͤt geſchehe/ und er ſein gewiſſen
mit erinnerungen gerettet/ muͤſte geſchehen laſſen/ was er nicht wehren kan.
3. Timotheus hat bey ſolchen umſtaͤnden in nichts deſſen conſentiren
koͤnnen/ was ſolches ungoͤttliche weſen mit ſich bringet.
4. Er hat ſeine diſcipul treulich zu unterrichten von der ſache/ damit er
ſein gewiſſen rein behalte/ und es dabey bleiben zu laſſen.
5. Wo er merckte/ daß ohne ihm ſie von den ſuperioribus dazu vermoͤcht
wuͤrden/ lieber zu conniviren/ als wuͤſte er nichts darum/ als da er ſie doch
nicht gegen jene davon loßreiſſen kan/ ſich mit ſeinem und ihrem (als dero ge-
wiſſen als dann nur ſo viel mehr verletzt werden wuͤrde) mehrern nachtheil
ſich mit gewalt vergebens widerſetzen. Wo es aber geſchehen/ ſie beweglich
auf das urtheil ihres eigenen gewiſſens weiſen.
6. Der vorſchlag von einem geſpraͤch gewiſſer perſonen uͤber die geburt
Chriſti iſt ſo bewandt/ daß in theoria daſſelbe alſo gefaſſet werden kan/ daß
es erbaulich angerichtet wuͤrde: Solte es aber zur praxi kommen/ ſorge ich/
daß man nimmermehr daſſelbe alſo zu werck richten wuͤrde/ daß nicht viel
mißbrauchs goͤttliches namens und anſtoß dabey vorgehe. Daher gottſe-
lige hertzen davon ſich werden ſuchen frey zu halten/ und es eher andern uͤber-
laſſen. Was anlangt die muſic bey den papiſten bey ihrem gottesdienſt/
kan kein Evangeliſcher mit guten gewiſſen ſich gebrauchen laſſen: Jndem
der cultus bey denſelben manches von abgoͤtterey und aberglauben bey
ſich hat/ dabey ich mich nicht gebrauchen laſſen darff/ indem ich ſon-
ſten denſelben in gewiſſer maß billigen/ aufs wenigſte in der that ſie
ſelbs und die ſchwache unter uns aͤrgern wuͤrde. Daher/ wo wir in
Franckfurth erfahren/ daß die unſrige ſich in den Papiſtiſchen kirchen ge-
brauchen laſſen/ denſelben allezeit aus befehl des convents von den beicht-
vaͤtern iſt zugeſprochen worden. Daraus folget nicht/ daß wir ſie vor teufel
halten: Jndem ich nicht nur mit dem teufel keine gemeinſchafft haben darff/
ſondern auch mit andern dingen/ die irrig ſind/ oder mit irrthum beflecket/
dero wir uns auf einigerley weiſe auch nicht theilhafftig zu machen gewiſſens
halben verbunden ſind. Wo der widerſacher Caſiſten aufgeſchlagen wuͤr-
den/ wird ſich vieles finden wie auch ſie alle cooperationem mit unſern ſa-
cris
verwerffen
7. Wuͤrde aber von Serenisſimo die jugend begehret/ ſo muß ſie Timo-
theus
folgen laſſen/ nach dem er ſie bereits vorher/ was davon zu halten un-
terrich-
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[324/0336] Das ſiebende Capitel. ner fackel einem ſolchem actori feuer in perruque und larve gekommen/ daß der arme menſch in gefahr davon zu ſterben gerieth/ und uͤbel zugerichtet wurde. 2. Es mag ein præceptor ſolche ſeinen ſchuͤlern poſitive nicht permit- tiren/ ob er wol/ da es aus hoͤherer autoritaͤt geſchehe/ und er ſein gewiſſen mit erinnerungen gerettet/ muͤſte geſchehen laſſen/ was er nicht wehren kan. 3. Timotheus hat bey ſolchen umſtaͤnden in nichts deſſen conſentiren koͤnnen/ was ſolches ungoͤttliche weſen mit ſich bringet. 4. Er hat ſeine diſcipul treulich zu unterrichten von der ſache/ damit er ſein gewiſſen rein behalte/ und es dabey bleiben zu laſſen. 5. Wo er merckte/ daß ohne ihm ſie von den ſuperioribus dazu vermoͤcht wuͤrden/ lieber zu conniviren/ als wuͤſte er nichts darum/ als da er ſie doch nicht gegen jene davon loßreiſſen kan/ ſich mit ſeinem und ihrem (als dero ge- wiſſen als dann nur ſo viel mehr verletzt werden wuͤrde) mehrern nachtheil ſich mit gewalt vergebens widerſetzen. Wo es aber geſchehen/ ſie beweglich auf das urtheil ihres eigenen gewiſſens weiſen. 6. Der vorſchlag von einem geſpraͤch gewiſſer perſonen uͤber die geburt Chriſti iſt ſo bewandt/ daß in theoria daſſelbe alſo gefaſſet werden kan/ daß es erbaulich angerichtet wuͤrde: Solte es aber zur praxi kommen/ ſorge ich/ daß man nimmermehr daſſelbe alſo zu werck richten wuͤrde/ daß nicht viel mißbrauchs goͤttliches namens und anſtoß dabey vorgehe. Daher gottſe- lige hertzen davon ſich werden ſuchen frey zu halten/ und es eher andern uͤber- laſſen. Was anlangt die muſic bey den papiſten bey ihrem gottesdienſt/ kan kein Evangeliſcher mit guten gewiſſen ſich gebrauchen laſſen: Jndem der cultus bey denſelben manches von abgoͤtterey und aberglauben bey ſich hat/ dabey ich mich nicht gebrauchen laſſen darff/ indem ich ſon- ſten denſelben in gewiſſer maß billigen/ aufs wenigſte in der that ſie ſelbs und die ſchwache unter uns aͤrgern wuͤrde. Daher/ wo wir in Franckfurth erfahren/ daß die unſrige ſich in den Papiſtiſchen kirchen ge- brauchen laſſen/ denſelben allezeit aus befehl des convents von den beicht- vaͤtern iſt zugeſprochen worden. Daraus folget nicht/ daß wir ſie vor teufel halten: Jndem ich nicht nur mit dem teufel keine gemeinſchafft haben darff/ ſondern auch mit andern dingen/ die irrig ſind/ oder mit irrthum beflecket/ dero wir uns auf einigerley weiſe auch nicht theilhafftig zu machen gewiſſens halben verbunden ſind. Wo der widerſacher Caſiſten aufgeſchlagen wuͤr- den/ wird ſich vieles finden wie auch ſie alle cooperationem mit unſern ſa- cris verwerffen 7. Wuͤrde aber von Serenisſimo die jugend begehret/ ſo muß ſie Timo- theus folgen laſſen/ nach dem er ſie bereits vorher/ was davon zu halten un- terrich-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/336>, abgerufen am 22.11.2024.