Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite
Das siebende Capitel.
2. Tim. 2/ 12. verleugnen wir/ so wird er uns auch verleugnen. Weil
man aber sagen möchte/ man verleugne darum CHristum nicht/ dieweil ja
auch von Christo in den päbstischen kirchen gelehret und geglaubet werde:
so müssen wir lernen/ was hier heißt Christum verleugnen; solches erkläret
der HErr selbs Luc. 9/ 26. Wer sich mein und meiner wort schämet/
des wird sich des menschen Sohn auch schämen/ wenn er kommen wird
in seiner herrligkeit und seines Vaters und der heiligen Engeln.
(Si-
he auch Marc. 8/ 38.) Da sehen wir/ daß derjenige bereits CHristum
verleugne/ welcher sich seiner und seiner worte schämet. Daher wissent-
lich dasjenige nicht bekennen will/ sondern verleugnet/ was er göttliche
wahrheit und Christi wort zu seyn in seiner seelen versichert gewesen. Daß
also die verleugnung nicht so wol auf Christi person/ als wort gehet: folg-
lich nach CHristi meinung aller der jenige ihn den HERRN verleugnet/
welcher ob schon seinem wort und wahrheit nicht eben feind ist/ dennoch aber
sich desselben schämet/ das ist/ solches nicht so viel werth achtet/ daß er
üm desselbigen willen einiges ungemach oder wol gar verfolgung in dieser
welt ausstehen oder einigen zeitlichen genieß und vortheil aus der acht las-
sen wolte. Ein solcher hat einmal das urtheil/ daß er den HErrn verleug-
net/ und sich seiner und seines worts geschämet habe. So ist auch wol
zu mercken/ daß der HERR bedencklich sage/ wer Jhn verleugne vor den
menschen/
und also ob er ihn schon möchte in dem hertzen darvor erkennen/
der er auch thätlich ist/ iedoch vor denen menschen solches nicht offenbaren
will/ sondern verleugnet: da solle dieses/ daß er den HErrn und seine wahr-
heit/ der gunst der menschen oder einigem andern zeitlichen respect, nachsetzet/
schon würdig seyn/ daß er deßwegen von Christo wieder verleugnet und nicht
würdig seiner herrlichkeit geachtet werde; welche aber der HERR ver-
leugnet/ und saget: er kenne sie nicht/ die müssen von ihm weichen/ Matth.
7/ 23.
und also haben sie keine hoffnung bey ihm übrig. Wie es also heisset
von der lehr des Evangelii/ von dem wort des glaubens/ welches der Apo-
stel und also sonderlich Paulus in eben der Epistel (wie von andern articuln
also vornemlich dem articul von der rechtfertigung/ dessen wahrheit von der
papistischen religion sehr gekräncket wird) predigte Rom. 10/ 10. So
man von hertzen glaubet/ so wird man gerecht/ und so man mit dem
munde bekennet/ so wird man selig:
so mag in dieser materie auch
hinwieder nach dem gegentheil gesagt werden: wo man nicht von hertzen
glaubet/ so wird man nicht gerecht/ und so man nicht mit dem munde beken-
net/ so wird man nicht selig. Und ist sich auch nicht zu verwundern/ daß der
HERR auf solche verleugnung ein solche harte sentenz fälle/ wann wir
geden-
Das ſiebende Capitel.
2. Tim. 2/ 12. verleugnen wir/ ſo wird er uns auch verleugnen. Weil
man abeꝛ ſagen moͤchte/ man verleugne darum CHriſtum nicht/ dieweil ja
auch von Chriſto in den paͤbſtiſchen kirchen gelehret und geglaubet werde:
ſo muͤſſen wir lernen/ was hier heißt Chriſtum verleugnen; ſolches erklaͤret
der HErr ſelbs Luc. 9/ 26. Wer ſich mein und meiner wort ſchaͤmet/
des wird ſich des menſchen Sohn auch ſchaͤmen/ wenn er kom̃en wird
in ſeiner herrligkeit und ſeines Vaters und der heiligen Engeln.
(Si-
he auch Marc. 8/ 38.) Da ſehen wir/ daß derjenige bereits CHriſtum
verleugne/ welcher ſich ſeiner und ſeiner worte ſchaͤmet. Daher wiſſent-
lich dasjenige nicht bekennen will/ ſondern verleugnet/ was er goͤttliche
wahrheit und Chriſti wort zu ſeyn in ſeiner ſeelen verſichert geweſen. Daß
alſo die verleugnung nicht ſo wol auf Chriſti perſon/ als wort gehet: folg-
lich nach CHriſti meinung aller der jenige ihn den HERRN verleugnet/
welcher ob ſchon ſeinem wort und wahrheit nicht eben feind iſt/ dennoch aber
ſich deſſelben ſchaͤmet/ das iſt/ ſolches nicht ſo viel werth achtet/ daß er
uͤm deſſelbigen willen einiges ungemach oder wol gar verfolgung in dieſer
welt ausſtehen oder einigen zeitlichen genieß und vortheil aus der acht laſ-
ſen wolte. Ein ſolcher hat einmal das urtheil/ daß er den HErrn verleug-
net/ und ſich ſeiner und ſeines worts geſchaͤmet habe. So iſt auch wol
zu mercken/ daß der HERR bedencklich ſage/ wer Jhn verleugne vor den
menſchen/
und alſo ob er ihn ſchon moͤchte in dem hertzen darvor erkennen/
der er auch thaͤtlich iſt/ iedoch vor denen menſchen ſolches nicht offenbaren
will/ ſondern verleugnet: da ſolle dieſes/ daß er den HErrn und ſeine wahr-
heit/ der gunſt der menſchen oder einigem andern zeitlichen reſpect, nachſetzet/
ſchon wuͤrdig ſeyn/ daß er deßwegen von Chriſto wieder verleugnet und nicht
wuͤrdig ſeiner herrlichkeit geachtet werde; welche aber der HERR ver-
leugnet/ und ſaget: er kenne ſie nicht/ die muͤſſen von ihm weichen/ Matth.
7/ 23.
und alſo haben ſie keine hoffnung bey ihm uͤbrig. Wie es alſo heiſſet
von der lehr des Evangelii/ von dem wort des glaubens/ welches der Apo-
ſtel und alſo ſonderlich Paulus in eben der Epiſtel (wie von andern articuln
alſo vornemlich dem articul von der rechtfertigung/ deſſen wahrheit von der
papiſtiſchen religion ſehr gekraͤncket wird) predigte Rom. 10/ 10. So
man von hertzen glaubet/ ſo wird man gerecht/ und ſo man mit dem
munde bekennet/ ſo wird man ſelig:
ſo mag in dieſer materie auch
hinwieder nach dem gegentheil geſagt werden: wo man nicht von hertzen
glaubet/ ſo wird man nicht gerecht/ und ſo man nicht mit dem munde beken-
net/ ſo wird man nicht ſelig. Und iſt ſich auch nicht zu verwundern/ daß der
HERR auf ſolche verleugnung ein ſolche harte ſentenz faͤlle/ wann wir
geden-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><pb facs="#f0364" n="352"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;iebende Capitel.</hi></fw><lb/>
2. <hi rendition="#fr">Tim. 2/ 12. verleugnen wir/ &#x017F;o wird er uns auch verleugnen.</hi> Weil<lb/>
man abe&#xA75B; &#x017F;agen mo&#x0364;chte/ man verleugne darum CHri&#x017F;tum nicht/ dieweil ja<lb/>
auch von Chri&#x017F;to in den pa&#x0364;b&#x017F;ti&#x017F;chen kirchen gelehret und geglaubet werde:<lb/>
&#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir lernen/ was hier heißt Chri&#x017F;tum verleugnen; &#x017F;olches erkla&#x0364;ret<lb/>
der HErr &#x017F;elbs <hi rendition="#fr">Luc. 9/ 26. Wer &#x017F;ich mein und meiner wort &#x017F;cha&#x0364;met/<lb/>
des wird &#x017F;ich des men&#x017F;chen Sohn auch &#x017F;cha&#x0364;men/ wenn er kom&#x0303;en wird<lb/>
in &#x017F;einer herrligkeit und &#x017F;eines Vaters und der heiligen Engeln.</hi> (Si-<lb/>
he auch <hi rendition="#fr">Marc. 8/ 38.</hi>) Da &#x017F;ehen wir/ daß derjenige bereits CHri&#x017F;tum<lb/>
verleugne/ welcher &#x017F;ich &#x017F;einer und &#x017F;einer worte &#x017F;cha&#x0364;met. Daher wi&#x017F;&#x017F;ent-<lb/>
lich dasjenige nicht bekennen will/ &#x017F;ondern verleugnet/ was er go&#x0364;ttliche<lb/>
wahrheit und Chri&#x017F;ti wort zu &#x017F;eyn in &#x017F;einer &#x017F;eelen ver&#x017F;ichert gewe&#x017F;en. Daß<lb/>
al&#x017F;o die verleugnung nicht &#x017F;o wol auf Chri&#x017F;ti per&#x017F;on/ als wort gehet: folg-<lb/>
lich nach CHri&#x017F;ti meinung aller der jenige ihn den HERRN verleugnet/<lb/>
welcher ob &#x017F;chon &#x017F;einem wort und wahrheit nicht eben feind i&#x017F;t/ dennoch aber<lb/>
&#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;elben <hi rendition="#fr">&#x017F;cha&#x0364;met/</hi> das i&#x017F;t/ &#x017F;olches nicht &#x017F;o viel werth achtet/ daß er<lb/>
u&#x0364;m de&#x017F;&#x017F;elbigen willen einiges ungemach oder wol gar verfolgung in die&#x017F;er<lb/>
welt aus&#x017F;tehen oder einigen zeitlichen genieß und vortheil aus der acht la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wolte. Ein &#x017F;olcher hat einmal das urtheil/ daß er den HErrn verleug-<lb/>
net/ und &#x017F;ich &#x017F;einer und &#x017F;eines worts ge&#x017F;cha&#x0364;met habe. So i&#x017F;t auch wol<lb/>
zu mercken/ daß der HERR bedencklich &#x017F;age/ wer Jhn verleugne <hi rendition="#fr">vor den<lb/>
men&#x017F;chen/</hi> und al&#x017F;o ob er ihn &#x017F;chon mo&#x0364;chte in dem hertzen darvor erkennen/<lb/>
der er auch tha&#x0364;tlich i&#x017F;t/ iedoch vor denen men&#x017F;chen &#x017F;olches nicht offenbaren<lb/>
will/ &#x017F;ondern verleugnet: da &#x017F;olle die&#x017F;es/ daß er den HErrn und &#x017F;eine wahr-<lb/>
heit/ der gun&#x017F;t der men&#x017F;chen oder einigem andern zeitlichen <hi rendition="#aq">re&#x017F;pect,</hi> nach&#x017F;etzet/<lb/>
&#x017F;chon wu&#x0364;rdig &#x017F;eyn/ daß er deßwegen von Chri&#x017F;to wieder verleugnet und nicht<lb/>
wu&#x0364;rdig &#x017F;einer herrlichkeit geachtet werde; welche aber der HERR ver-<lb/>
leugnet/ und &#x017F;aget: <hi rendition="#fr">er kenne &#x017F;ie nicht/</hi> die mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en von ihm <hi rendition="#fr">weichen/ Matth.<lb/>
7/ 23.</hi> und al&#x017F;o haben &#x017F;ie keine hoffnung bey ihm u&#x0364;brig. Wie es al&#x017F;o hei&#x017F;&#x017F;et<lb/>
von der lehr des Evangelii/ von dem <hi rendition="#fr">wort des glaubens/</hi> welches der Apo-<lb/>
&#x017F;tel und al&#x017F;o &#x017F;onderlich Paulus in eben der Epi&#x017F;tel (wie von andern articuln<lb/>
al&#x017F;o vornemlich dem articul von der rechtfertigung/ de&#x017F;&#x017F;en wahrheit von der<lb/>
papi&#x017F;ti&#x017F;chen religion &#x017F;ehr gekra&#x0364;ncket wird) predigte <hi rendition="#fr">Rom. 10/ 10. So<lb/>
man von hertzen glaubet/ &#x017F;o wird man gerecht/ und &#x017F;o man mit dem<lb/>
munde bekennet/ &#x017F;o wird man &#x017F;elig:</hi> &#x017F;o mag in die&#x017F;er <hi rendition="#aq">materie</hi> auch<lb/>
hinwieder nach dem gegentheil ge&#x017F;agt werden: wo man nicht von hertzen<lb/>
glaubet/ &#x017F;o wird man nicht gerecht/ und &#x017F;o man nicht mit dem munde beken-<lb/>
net/ &#x017F;o wird man nicht &#x017F;elig. Und i&#x017F;t &#x017F;ich auch nicht zu verwundern/ daß der<lb/>
HERR auf &#x017F;olche verleugnung ein &#x017F;olche harte <hi rendition="#aq">&#x017F;entenz</hi> fa&#x0364;lle/ wann wir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">geden-</fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0364] Das ſiebende Capitel. 2. Tim. 2/ 12. verleugnen wir/ ſo wird er uns auch verleugnen. Weil man abeꝛ ſagen moͤchte/ man verleugne darum CHriſtum nicht/ dieweil ja auch von Chriſto in den paͤbſtiſchen kirchen gelehret und geglaubet werde: ſo muͤſſen wir lernen/ was hier heißt Chriſtum verleugnen; ſolches erklaͤret der HErr ſelbs Luc. 9/ 26. Wer ſich mein und meiner wort ſchaͤmet/ des wird ſich des menſchen Sohn auch ſchaͤmen/ wenn er kom̃en wird in ſeiner herrligkeit und ſeines Vaters und der heiligen Engeln. (Si- he auch Marc. 8/ 38.) Da ſehen wir/ daß derjenige bereits CHriſtum verleugne/ welcher ſich ſeiner und ſeiner worte ſchaͤmet. Daher wiſſent- lich dasjenige nicht bekennen will/ ſondern verleugnet/ was er goͤttliche wahrheit und Chriſti wort zu ſeyn in ſeiner ſeelen verſichert geweſen. Daß alſo die verleugnung nicht ſo wol auf Chriſti perſon/ als wort gehet: folg- lich nach CHriſti meinung aller der jenige ihn den HERRN verleugnet/ welcher ob ſchon ſeinem wort und wahrheit nicht eben feind iſt/ dennoch aber ſich deſſelben ſchaͤmet/ das iſt/ ſolches nicht ſo viel werth achtet/ daß er uͤm deſſelbigen willen einiges ungemach oder wol gar verfolgung in dieſer welt ausſtehen oder einigen zeitlichen genieß und vortheil aus der acht laſ- ſen wolte. Ein ſolcher hat einmal das urtheil/ daß er den HErrn verleug- net/ und ſich ſeiner und ſeines worts geſchaͤmet habe. So iſt auch wol zu mercken/ daß der HERR bedencklich ſage/ wer Jhn verleugne vor den menſchen/ und alſo ob er ihn ſchon moͤchte in dem hertzen darvor erkennen/ der er auch thaͤtlich iſt/ iedoch vor denen menſchen ſolches nicht offenbaren will/ ſondern verleugnet: da ſolle dieſes/ daß er den HErrn und ſeine wahr- heit/ der gunſt der menſchen oder einigem andern zeitlichen reſpect, nachſetzet/ ſchon wuͤrdig ſeyn/ daß er deßwegen von Chriſto wieder verleugnet und nicht wuͤrdig ſeiner herrlichkeit geachtet werde; welche aber der HERR ver- leugnet/ und ſaget: er kenne ſie nicht/ die muͤſſen von ihm weichen/ Matth. 7/ 23. und alſo haben ſie keine hoffnung bey ihm uͤbrig. Wie es alſo heiſſet von der lehr des Evangelii/ von dem wort des glaubens/ welches der Apo- ſtel und alſo ſonderlich Paulus in eben der Epiſtel (wie von andern articuln alſo vornemlich dem articul von der rechtfertigung/ deſſen wahrheit von der papiſtiſchen religion ſehr gekraͤncket wird) predigte Rom. 10/ 10. So man von hertzen glaubet/ ſo wird man gerecht/ und ſo man mit dem munde bekennet/ ſo wird man ſelig: ſo mag in dieſer materie auch hinwieder nach dem gegentheil geſagt werden: wo man nicht von hertzen glaubet/ ſo wird man nicht gerecht/ und ſo man nicht mit dem munde beken- net/ ſo wird man nicht ſelig. Und iſt ſich auch nicht zu verwundern/ daß der HERR auf ſolche verleugnung ein ſolche harte ſentenz faͤlle/ wann wir geden-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/364
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/364>, abgerufen am 22.11.2024.