Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.ARTIC. IV. SECTIO VII. SECTIO. VII. Deutliche erklärung von der rechtfertigung/ rechtferti- genden/ aber auch nachmal thätigen glauben. WAs den articulum de justificatione anlangt/ hoffe ich/ habe so wol in al- Sola
ARTIC. IV. SECTIO VII. SECTIO. VII. Deutliche erklaͤrung von der rechtfertigung/ rechtferti- genden/ aber auch nachmal thaͤtigen glauben. WAs den articulum de juſtificatione anlangt/ hoffe ich/ habe ſo wol in al- Sola
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ARTIC. IV. SECTIO VII.
SECTIO. VII.
Deutliche erklaͤrung von der rechtfertigung/ rechtferti-
genden/ aber auch nachmal thaͤtigen glauben.
WAs den articulum de juſtificatione anlangt/ hoffe ich/ habe ſo wol in al-
len andern meinen ſchrifften/ als auch eben dieſer poſtill mich dermaſſen
erklaͤret/ daß niemand mit fug einigen zweiffel in mich ſetzen moͤchte. Jch
weiß/ glaube und lehre/ daß was unſere rechtfertigung vor GOtt anlanget/ dieſelbe
aus pur lauter gnaden um Chriſti willen geſchehe/ und nicht in dem geringſten in de-
roſelben directe oder indirecte auf unſere heiligkeit und gerechtigkeit reflectiret
werde/ und wer etwas von menſchlicher wuͤrdigkeit/ wie ſie namen haben moͤchte/
damit einmiſchete/ demſelben wuͤrde ich von grund meiner ſeelen widerſprechen.
Alſo weiß ich in dieſem articul durchaus von keinem einigen unſerem werck und
verdienſt/ vielmehr allein von dem verdienſt Chriſti/ nicht in uns ſondern vor uns
von ihm ſelbſt geleiſtet. Und wo wir ſagen/ daß der glaube ſelig mache/ ſo erkenne
ich auch/ daß ſolches ſeligmachen nicht ſeye eine wircklichkeit des glaubens/ wie
er eine tugend iſt/ und alſo mit unter die wercke gehoͤret/ ſondern daß er die ſeelig-
keit nur aus GOttes gnade und Chriſti verdienſt vielmehr allein annehme/ als daß
ſeine krafft/ oder wircklichkeit darinnen etwas thaͤte/ wie mir allezeit herr D. Dann-
hauers S. wort ſo wol gefallen/ daßder glaube vielmehr ſaluticapa als ſalvifica
ſeye: nennet auch deswegen den glauben in der juſtification fidem paſſivam, die
der fidei activæ, wie ſie ein werck iſt/ entgegen diſtinguiret werde. Oder wis an-
dere reden/ daß uns der glaube ſelig mache non in prædicamento qualitatis ſed
relationis. Daß ich alſo nicht ſehe/ wie in ſolchem grund-articul von Chriſto/
den vor das hertz unſerer Theologia halte/ mehr von mir ſolte nur koͤnnen erfordert
werden/ mich pur lauter evangeliſch zu erklaͤren/ worinnen ich hoffe/ auch ſo viel beſ-
ſer Lutheriſch zu ſeyn/ als fleißiger ich wie andere alſo auch dieſe lehre von der recht-
fertigung aus unſerem theuren glaubens-helden Luthero, von dem ich geſtehe/ daß
wol von der Apoſtel zeiten ſchwerlich einer die krafft des glaubens und der gnade in
dieſem articul beſſer verſtanden und ausgedrucket/ in fleißigem ſeinem leſen geſchoͤpf-
fet habe. Wo es aber nachmal aus dem articulo de juſtificatione auf die
frage komt/ welches aber derjenige glaube ſeye/ der aus lauter gnaden uns vor Gott
gerecht machet/ um denſelben von anderer ſo gemeiner falſchen einbildung zu unter-
ſcheiden/ ſo treib ich fleißig/ daß ſolcher nicht in der rechtfertigung thaͤtige (dann da-
ſelbſt empfaͤhet er nur/ und nimmet an) glaube/ an ſich ſelbſt/ bey dem menſchen und
in dem gantzen leben durch die liebe thaͤtig ſeye. Fides quæ juſtificat, non qua ju-
ſtiſicat. Wie der S. D. Dannh. Hodoſ. Phæn. II. redet: Aliud eſt fides, quæ
juſtiſicat. nimirum negotioſa, charitatis flammá coruſca, operibus fru-
ctuoſa. Aliud fides qua juſtificat, quá in ſphæram juſtificationis incurrit.
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