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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. IV. SECTIO X.
mehr dazu bequem machet. Und wie viel stecken dieser lieben leute noch hin u. wieder
über diejenige von denen wir hören/ daß mehr uns auch annoch unbekant sind. Ach
lasset uns denn immer so viel hertzlicher den allerliebsten Vater anruffen/ daß er sein
werck kräfftig fortsetzen und die okhuromata des fürsten dieser welt die ihm und sei-
nes reichs beförderung in dem weg liegen/ u. menschl. weise unüberwindlich scheinen/
niederwerffe/ auf art und weise/ die seiner weisheit billig allein bekant bleiben/ bis er
sie selbs durch den erfolg offenbare. Jndessen wollen wir nach unserm armen maaß
der gnaden/ so uns gegeben/ in unseren wenigen getreu seyn/ u. thun/ was wir erken-
nen/ des heils des HErrn ferner erwartende/ bis er sich diejenige erwecke/ die mit
mehrer krafft ausrichten können/ wozu wir noch zu schwach sind. Erleben wir die
erndte und dero freude nicht/ genug daß auch unsere treue in der saat angewendet/
vor dem HErrn in gnaden angesehen werden wird. Jndessen wäre es wol hertzlich
gut/ wenn allgemach diejenige/ welchen der HErr die gelegenheit/ nicht ohngefehr/
sondern ohne zweiffel nach seinem gütigen rath/ gemachet/ daß einer von des andern
und seiner aufrichtigen intention höret/ daher der grund einer freundschafft geleget
wird/ mehr und mehr in eine rechte genaue freundschafft kämen/ und also zwischen
ihnen ein solches band geknüpffet würde/ daß durch offtere communication durch
schreiben/ u sonsten die in jeden gelegte gaben mit rath/ u. auf andere weise auch den
übrigen desto besser zu nutzen kämen/ ja daß durch gesamte hand vieles ausgerichtet
würde/ das eintzele nicht vermögen. Welches aber ohn viele strepitum, namen ei-
ner societät oder etwas dergleichen/ was nach einer singularität schmecket/ gesche-
hen müße/ darvon gern weitere vorschläge hören wolte. Das ist einmal gewiß/
unsere zergliederung thut viel schaden/ dum singuli pugnamus, facile universi suc-
cumbimus.
Der HErr schaffe auch hierinnen rath/ wie es vor ihm gefällig seyn
wird. Daß unter den politicis viele der besten gemüther seyen/ ist kein zweifel/ u. ha-
be ich bereits vor etzlichen jahren in einem schreiben an den gottseligen herrn D.
Fritschen (welches er nachmal einer seiner bücher vordrucken lassen) fast ominiret/
GOtt möchte unsere der Theologorum nachläßigkeit/ ja vieler treulosigkeit/ durch
anderer/ die professione nicht Theologi sind/ treue/ fleiß/ eifer und redlichkeit zu
schanden machen wollen/ daß wir/ die wir die erste seyn solten/ die letztern werden wer-
den. Daß er zu schanden mache/ was etwas seyn will/ und an sich alles allein gelegen
zu seyn glaubet. Jch schäme mich vor unterschiedlichen/ wo ich mich gegen sie
halte/ und vielmehr treue bey ihnen finde/ daß ich zu trachten habe/ erst ihnen nach-
zueifern/ denen ich vorgehen solte. Das bekäntnüß/ so ein Professor Theologiae
soll selbst von den predigern gethan haben/ hat mich erfreuet und betrübt: jenes/
daß er gleichwol erkennet/ dieses/ daß er nicht nach der sachen nothdurfft und wich-
tigkeit zu helffen bedacht ist. Ach der HErr öffne denjenigen die augen/ denen er
so grosse autorität in der kirchen gegeben hat/ daß sie allein alles vermögen/ damit
sie ihre pflicht auch in dieser sache erkennen/ und sie getreulich dahin anwenden/
daß dem jammer/ den sie selbs sehen/ geholffen würde. Solten etliche derer/ die
in ansehen sind/ die sache mit ernst angreiffen/ möchte einen schleunigen succeß hof-
fen. Oder will Gott durch keine mittel handeln/ die ein solches scheinbares ansehen

haben?
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ARTIC. IV. SECTIO X.
mehr dazu bequem machet. Und wie viel ſtecken dieſer lieben leute noch hin u. wieder
uͤber diejenige von denen wir hoͤren/ daß mehr uns auch annoch unbekant ſind. Ach
laſſet uns denn immer ſo viel hertzlicher den allerliebſten Vater anruffen/ daß er ſein
werck kraͤfftig fortſetzen und die ὀχυρώματα des fuͤrſten dieſer welt die ihm und ſei-
nes reichs befoͤrderung in dem weg liegen/ u. menſchl. weiſe unuͤberwindlich ſcheinen/
niederwerffe/ auf art und weiſe/ die ſeiner weisheit billig allein bekant bleiben/ bis er
ſie ſelbs durch den erfolg offenbare. Jndeſſen wollen wir nach unſerm armen maaß
der gnaden/ ſo uns gegeben/ in unſeren wenigen getreu ſeyn/ u. thun/ was wir erken-
nen/ des heils des HErrn ferner erwartende/ bis er ſich diejenige erwecke/ die mit
mehrer krafft ausrichten koͤnnen/ wozu wir noch zu ſchwach ſind. Erleben wir die
erndte und dero freude nicht/ genug daß auch unſere treue in der ſaat angewendet/
vor dem HErrn in gnaden angeſehen werden wird. Jndeſſen waͤre es wol hertzlich
gut/ wenn allgemach diejenige/ welchen der HErr die gelegenheit/ nicht ohngefehr/
ſondern ohne zweiffel nach ſeinem guͤtigen rath/ gemachet/ daß einer von des andern
und ſeiner aufrichtigen intention hoͤret/ daher der grund einer freundſchafft geleget
wird/ mehr und mehr in eine rechte genaue freundſchafft kaͤmen/ und alſo zwiſchen
ihnen ein ſolches band geknuͤpffet wuͤrde/ daß durch offtere communication durch
ſchreiben/ u ſonſten die in jeden gelegte gaben mit rath/ u. auf andere weiſe auch den
uͤbrigen deſto beſſer zu nutzen kaͤmen/ ja daß durch geſamte hand vieles ausgerichtet
wuͤrde/ das eintzele nicht vermoͤgen. Welches aber ohn viele ſtrepitum, namen ei-
ner ſocietaͤt oder etwas dergleichen/ was nach einer ſingularitaͤt ſchmecket/ geſche-
hen muͤße/ darvon gern weitere vorſchlaͤge hoͤren wolte. Das iſt einmal gewiß/
unſere zergliederung thut viel ſchaden/ dum ſinguli pugnamus, facile univerſi ſuc-
cumbimus.
Der HErr ſchaffe auch hierinnen rath/ wie es vor ihm gefaͤllig ſeyn
wird. Daß unter den politicis viele der beſten gemuͤther ſeyen/ iſt kein zweifel/ u. ha-
be ich bereits vor etzlichen jahren in einem ſchreiben an den gottſeligen herrn D.
Fritſchen (welches er nachmal einer ſeiner buͤcher vordrucken laſſen) faſt ominiret/
GOtt moͤchte unſere der Theologorum nachlaͤßigkeit/ ja vieler treuloſigkeit/ durch
anderer/ die profeſſione nicht Theologi ſind/ treue/ fleiß/ eifer und redlichkeit zu
ſchanden machen wollen/ daß wir/ die wir die erſte ſeyn ſolten/ die letzteꝛn werden weꝛ-
den. Daß er zu ſchanden mache/ was etwas ſeyn will/ und an ſich alles allein gelegen
zu ſeyn glaubet. Jch ſchaͤme mich vor unterſchiedlichen/ wo ich mich gegen ſie
halte/ und vielmehr treue bey ihnen finde/ daß ich zu trachten habe/ erſt ihnen nach-
zueifern/ denen ich vorgehen ſolte. Das bekaͤntnuͤß/ ſo ein Profeſſor Theologiæ
ſoll ſelbſt von den predigern gethan haben/ hat mich erfreuet und betruͤbt: jenes/
daß er gleichwol erkennet/ dieſes/ daß er nicht nach der ſachen nothdurfft und wich-
tigkeit zu helffen bedacht iſt. Ach der HErr oͤffne denjenigen die augen/ denen er
ſo groſſe autoritaͤt in der kirchen gegeben hat/ daß ſie allein alles vermoͤgen/ damit
ſie ihre pflicht auch in dieſer ſache erkennen/ und ſie getreulich dahin anwenden/
daß dem jammer/ den ſie ſelbs ſehen/ geholffen wuͤrde. Solten etliche derer/ die
in anſehen ſind/ die ſache mit ernſt angreiffen/ moͤchte einen ſchleunigen ſucceß hof-
fen. Oder will Gott durch keine mittel handeln/ die ein ſolches ſcheinbares anſehen

haben?
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[437/0449] ARTIC. IV. SECTIO X. mehr dazu bequem machet. Und wie viel ſtecken dieſer lieben leute noch hin u. wieder uͤber diejenige von denen wir hoͤren/ daß mehr uns auch annoch unbekant ſind. Ach laſſet uns denn immer ſo viel hertzlicher den allerliebſten Vater anruffen/ daß er ſein werck kraͤfftig fortſetzen und die ὀχυρώματα des fuͤrſten dieſer welt die ihm und ſei- nes reichs befoͤrderung in dem weg liegen/ u. menſchl. weiſe unuͤberwindlich ſcheinen/ niederwerffe/ auf art und weiſe/ die ſeiner weisheit billig allein bekant bleiben/ bis er ſie ſelbs durch den erfolg offenbare. Jndeſſen wollen wir nach unſerm armen maaß der gnaden/ ſo uns gegeben/ in unſeren wenigen getreu ſeyn/ u. thun/ was wir erken- nen/ des heils des HErrn ferner erwartende/ bis er ſich diejenige erwecke/ die mit mehrer krafft ausrichten koͤnnen/ wozu wir noch zu ſchwach ſind. Erleben wir die erndte und dero freude nicht/ genug daß auch unſere treue in der ſaat angewendet/ vor dem HErrn in gnaden angeſehen werden wird. Jndeſſen waͤre es wol hertzlich gut/ wenn allgemach diejenige/ welchen der HErr die gelegenheit/ nicht ohngefehr/ ſondern ohne zweiffel nach ſeinem guͤtigen rath/ gemachet/ daß einer von des andern und ſeiner aufrichtigen intention hoͤret/ daher der grund einer freundſchafft geleget wird/ mehr und mehr in eine rechte genaue freundſchafft kaͤmen/ und alſo zwiſchen ihnen ein ſolches band geknuͤpffet wuͤrde/ daß durch offtere communication durch ſchreiben/ u ſonſten die in jeden gelegte gaben mit rath/ u. auf andere weiſe auch den uͤbrigen deſto beſſer zu nutzen kaͤmen/ ja daß durch geſamte hand vieles ausgerichtet wuͤrde/ das eintzele nicht vermoͤgen. Welches aber ohn viele ſtrepitum, namen ei- ner ſocietaͤt oder etwas dergleichen/ was nach einer ſingularitaͤt ſchmecket/ geſche- hen muͤße/ darvon gern weitere vorſchlaͤge hoͤren wolte. Das iſt einmal gewiß/ unſere zergliederung thut viel ſchaden/ dum ſinguli pugnamus, facile univerſi ſuc- cumbimus. Der HErr ſchaffe auch hierinnen rath/ wie es vor ihm gefaͤllig ſeyn wird. Daß unter den politicis viele der beſten gemuͤther ſeyen/ iſt kein zweifel/ u. ha- be ich bereits vor etzlichen jahren in einem ſchreiben an den gottſeligen herrn D. Fritſchen (welches er nachmal einer ſeiner buͤcher vordrucken laſſen) faſt ominiret/ GOtt moͤchte unſere der Theologorum nachlaͤßigkeit/ ja vieler treuloſigkeit/ durch anderer/ die profeſſione nicht Theologi ſind/ treue/ fleiß/ eifer und redlichkeit zu ſchanden machen wollen/ daß wir/ die wir die erſte ſeyn ſolten/ die letzteꝛn werden weꝛ- den. Daß er zu ſchanden mache/ was etwas ſeyn will/ und an ſich alles allein gelegen zu ſeyn glaubet. Jch ſchaͤme mich vor unterſchiedlichen/ wo ich mich gegen ſie halte/ und vielmehr treue bey ihnen finde/ daß ich zu trachten habe/ erſt ihnen nach- zueifern/ denen ich vorgehen ſolte. Das bekaͤntnuͤß/ ſo ein Profeſſor Theologiæ ſoll ſelbſt von den predigern gethan haben/ hat mich erfreuet und betruͤbt: jenes/ daß er gleichwol erkennet/ dieſes/ daß er nicht nach der ſachen nothdurfft und wich- tigkeit zu helffen bedacht iſt. Ach der HErr oͤffne denjenigen die augen/ denen er ſo groſſe autoritaͤt in der kirchen gegeben hat/ daß ſie allein alles vermoͤgen/ damit ſie ihre pflicht auch in dieſer ſache erkennen/ und ſie getreulich dahin anwenden/ daß dem jammer/ den ſie ſelbs ſehen/ geholffen wuͤrde. Solten etliche derer/ die in anſehen ſind/ die ſache mit ernſt angreiffen/ moͤchte einen ſchleunigen ſucceß hof- fen. Oder will Gott durch keine mittel handeln/ die ein ſolches ſcheinbares anſehen haben? i i i 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/449>, abgerufen am 22.11.2024.