Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. I. SECTIO VIII.
pisten zu uns gebracht, und zwar muste solches so gar stille geschehen, daß
er sie an andere evangelische ort in geheim recommendiren mußte, solten sie
anders sicher seyn. Jm übrigen ist freylich nöthig, daß wir den HERRN
hertzlich anruffen um seine gnade, geist und in jetziger zeit der gefahr so viel
nothwendigere weißheit, die er uns aber auch gewißlich verleyhen wird.

SECTIO VIII.
Ob nun eine auferstehung der todten seye/ oder
vor der allgemeinen eine sonderbare auferstehung
der gerechten vorgehe.

ZUweilen mit mir in brieffen von einigen puncten, dazu die schrifft an-
Laß gibt, durch brieffe zu communiciren, ist mir nicht entgegen, als
der ich mich versichre, daß der Herr den etwa begebenden verzug der
antwort, nicht werde lassen verdriessen, sondern in liebe deuten. Welches
alsobald bey diesem ersten, da die antwort eben so wohl etwas länger aus ge-
blieben, zu bitten habe. Was dann nun anlangt die zum ersten brief be-
liebte materie, von der absonderlichen und eine lange zeit vor der allgemei-
nen hergehenden auferstehung, welche so wohl in der alten kirchen einige
beystimmige gehabt, als auch noch zu unsern zeiten bey etlichen beyfall
findet: So werde am füglichsten auf zweyerley art davon zu handlen haben
(1.) aus der schrifft zu zeigen, daß eine einige allgemeine auferstehung der
todten seye. (2.) Die das gegentheil dem ansehen nach in sich fassende
ort etwas zu erklären. Wie ich allezeit dieses vor eine nothdurfft achte,
in einer jeglichen materie die thesin aus offenbahren deutlichen orten der
schrifft also zu gründen, daß unser glaube einen grund habe, welcher
nicht wancket, nach solchen aber auch gesehen werde, wie sich die jenige ort
vereinbahren lassen, welche derselben wahrheit scheinen entgegen zu ste-
hen. Was also das erste anlanget, so achte ich den ort Joh. 5, 28. 29.
vor den rechten haupt ort; Dann ob wol unser liebe Heyland selbsten in
solcher rede von zweyerley auferstehung redet, so weiset er gleichwol v.
25. deutlich, daß er daselbs rede von einer geistlichen auferstehung von
sünden, darinnen der mensch in das ewige leben tringet aus dem tode, darin-
nen er von der verderbten natur her gesteckt ist. (Siehe v. 24. mit vergli-
chen 1. Joh. 3, 14. Eph. 2, 5. 6. Col. 2, 13. 3, 1.) dann es ist solches eine
auferstehung, dero stunde damal schon war. Nach deroselben weist un-
ser Heyland allein von einer einigen auferstehung, die er von der vorigen

unter-
IV. Theil. e

ARTIC. I. SECTIO VIII.
piſten zu uns gebracht, und zwar muſte ſolches ſo gar ſtille geſchehen, daß
er ſie an andere evangeliſche ort in geheim recommendiren mußte, ſolten ſie
anders ſicher ſeyn. Jm uͤbrigen iſt freylich noͤthig, daß wir den HERRN
hertzlich anruffen um ſeine gnade, geiſt und in jetziger zeit der gefahr ſo viel
nothwendigere weißheit, die er uns aber auch gewißlich verleyhen wird.

SECTIO VIII.
Ob nun eine auferſtehung der todten ſeye/ oder
vor der allgemeinen eine ſonderbare auferſtehung
der gerechten vorgehe.

ZUweilen mit mir in brieffen von einigen puncten, dazu die ſchrifft an-
Laß gibt, durch brieffe zu communiciren, iſt mir nicht entgegen, als
der ich mich verſichre, daß der Herr den etwa begebenden verzug der
antwort, nicht werde laſſen verdrieſſen, ſondern in liebe deuten. Welches
alſobald bey dieſem erſten, da die antwort eben ſo wohl etwas laͤnger aus ge-
blieben, zu bitten habe. Was dann nun anlangt die zum erſten brief be-
liebte materie, von der abſonderlichen und eine lange zeit vor der allgemei-
nen hergehenden auferſtehung, welche ſo wohl in der alten kirchen einige
beyſtimmige gehabt, als auch noch zu unſern zeiten bey etlichen beyfall
findet: So werde am fuͤglichſten auf zweyerley art davon zu handlen haben
(1.) aus der ſchrifft zu zeigen, daß eine einige allgemeine auferſtehung der
todten ſeye. (2.) Die das gegentheil dem anſehen nach in ſich faſſende
ort etwas zu erklaͤren. Wie ich allezeit dieſes vor eine nothdurfft achte,
in einer jeglichen materie die theſin aus offenbahren deutlichen orten der
ſchrifft alſo zu gruͤnden, daß unſer glaube einen grund habe, welcher
nicht wancket, nach ſolchen aber auch geſehen werde, wie ſich die jenige ort
vereinbahren laſſen, welche derſelben wahrheit ſcheinen entgegen zu ſte-
hen. Was alſo das erſte anlanget, ſo achte ich den ort Joh. 5, 28. 29.
vor den rechten haupt ort; Dann ob wol unſer liebe Heyland ſelbſten in
ſolcher rede von zweyerley auferſtehung redet, ſo weiſet er gleichwol v.
25. deutlich, daß er daſelbs rede von einer geiſtlichen auferſtehung von
ſuͤnden, darinnen der menſch in das ewige leben tringet aus dem tode, darin-
nen er von der verderbten natur her geſteckt iſt. (Siehe v. 24. mit vergli-
chen 1. Joh. 3, 14. Eph. 2, 5. 6. Col. 2, 13. 3, 1.) dann es iſt ſolches eine
auferſtehung, dero ſtunde damal ſchon war. Nach deroſelben weiſt un-
ſer Heyland allein von einer einigen auferſtehung, die er von der vorigen

unter-
IV. Theil. e
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0045" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">ARTIC. I. SECTIO VIII.</hi></hi></fw><lb/>
pi&#x017F;ten zu uns gebracht, und zwar mu&#x017F;te &#x017F;olches &#x017F;o gar &#x017F;tille ge&#x017F;chehen, daß<lb/>
er &#x017F;ie an andere evangeli&#x017F;che ort in geheim <hi rendition="#aq">recommendir</hi>en mußte, &#x017F;olten &#x017F;ie<lb/>
anders &#x017F;icher &#x017F;eyn. Jm u&#x0364;brigen i&#x017F;t freylich no&#x0364;thig, daß wir den HERRN<lb/>
hertzlich anruffen um &#x017F;eine gnade, gei&#x017F;t und in jetziger zeit der gefahr &#x017F;o viel<lb/>
nothwendigere weißheit, die er uns aber auch gewißlich verleyhen wird.</p><lb/>
            <dateline>1681.</dateline>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> VIII.</hi><lb/>
Ob nun eine aufer&#x017F;tehung der todten &#x017F;eye/ oder<lb/>
vor der allgemeinen eine &#x017F;onderbare aufer&#x017F;tehung<lb/>
der gerechten vorgehe.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">Z</hi>Uweilen mit mir in brieffen von einigen puncten, dazu die &#x017F;chrifft an-<lb/>
Laß gibt, durch brieffe zu <hi rendition="#aq">communicir</hi>en, i&#x017F;t mir nicht entgegen, als<lb/>
der ich mich ver&#x017F;ichre, daß der Herr den etwa begebenden verzug der<lb/>
antwort, nicht werde la&#x017F;&#x017F;en verdrie&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern in liebe deuten. Welches<lb/>
al&#x017F;obald bey die&#x017F;em er&#x017F;ten, da die antwort eben &#x017F;o wohl etwas la&#x0364;nger aus ge-<lb/>
blieben, zu bitten habe. Was dann nun anlangt die zum er&#x017F;ten brief be-<lb/>
liebte materie, von der <hi rendition="#fr">ab&#x017F;onderlichen</hi> und eine lange zeit vor der allgemei-<lb/>
nen hergehenden <hi rendition="#fr">aufer&#x017F;tehung,</hi> welche &#x017F;o wohl in der alten kirchen einige<lb/>
bey&#x017F;timmige gehabt, als auch noch zu un&#x017F;ern zeiten bey etlichen beyfall<lb/>
findet: So werde am fu&#x0364;glich&#x017F;ten auf zweyerley art davon zu handlen haben<lb/>
(1.) aus der &#x017F;chrifft zu zeigen, daß eine einige allgemeine aufer&#x017F;tehung der<lb/>
todten &#x017F;eye. (2.) Die das gegentheil dem an&#x017F;ehen nach in &#x017F;ich fa&#x017F;&#x017F;ende<lb/>
ort etwas zu erkla&#x0364;ren. Wie ich allezeit die&#x017F;es vor eine nothdurfft achte,<lb/>
in einer jeglichen materie die <hi rendition="#aq">the&#x017F;in</hi> aus offenbahren deutlichen orten der<lb/>
&#x017F;chrifft al&#x017F;o zu gru&#x0364;nden, daß un&#x017F;er glaube einen grund habe, welcher<lb/>
nicht wancket, nach &#x017F;olchen aber auch ge&#x017F;ehen werde, wie &#x017F;ich die jenige ort<lb/>
vereinbahren la&#x017F;&#x017F;en, welche der&#x017F;elben wahrheit &#x017F;cheinen entgegen zu &#x017F;te-<lb/>
hen. Was al&#x017F;o das er&#x017F;te anlanget, &#x017F;o achte ich den ort <hi rendition="#fr">Joh. 5, 28. 29.</hi><lb/>
vor den rechten haupt ort; Dann ob wol un&#x017F;er liebe Heyland &#x017F;elb&#x017F;ten in<lb/>
&#x017F;olcher rede von zweyerley aufer&#x017F;tehung redet, &#x017F;o wei&#x017F;et er gleichwol v.<lb/>
25. deutlich, daß er da&#x017F;elbs rede von einer gei&#x017F;tlichen aufer&#x017F;tehung von<lb/>
&#x017F;u&#x0364;nden, darinnen der men&#x017F;ch in das ewige leben tringet aus dem tode, darin-<lb/>
nen er von der verderbten natur her ge&#x017F;teckt i&#x017F;t. (Siehe v. 24. mit vergli-<lb/>
chen 1. <hi rendition="#fr">Joh. 3, 14. Eph. 2, 5. 6. Col. 2, 13. 3, 1.</hi>) dann es i&#x017F;t &#x017F;olches eine<lb/>
aufer&#x017F;tehung, dero &#x017F;tunde damal &#x017F;chon war. Nach dero&#x017F;elben wei&#x017F;t un-<lb/>
&#x017F;er Heyland allein von einer einigen aufer&#x017F;tehung, die er von der vorigen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Theil. e</fw><fw place="bottom" type="catch">unter-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0045] ARTIC. I. SECTIO VIII. piſten zu uns gebracht, und zwar muſte ſolches ſo gar ſtille geſchehen, daß er ſie an andere evangeliſche ort in geheim recommendiren mußte, ſolten ſie anders ſicher ſeyn. Jm uͤbrigen iſt freylich noͤthig, daß wir den HERRN hertzlich anruffen um ſeine gnade, geiſt und in jetziger zeit der gefahr ſo viel nothwendigere weißheit, die er uns aber auch gewißlich verleyhen wird. 1681. SECTIO VIII. Ob nun eine auferſtehung der todten ſeye/ oder vor der allgemeinen eine ſonderbare auferſtehung der gerechten vorgehe. ZUweilen mit mir in brieffen von einigen puncten, dazu die ſchrifft an- Laß gibt, durch brieffe zu communiciren, iſt mir nicht entgegen, als der ich mich verſichre, daß der Herr den etwa begebenden verzug der antwort, nicht werde laſſen verdrieſſen, ſondern in liebe deuten. Welches alſobald bey dieſem erſten, da die antwort eben ſo wohl etwas laͤnger aus ge- blieben, zu bitten habe. Was dann nun anlangt die zum erſten brief be- liebte materie, von der abſonderlichen und eine lange zeit vor der allgemei- nen hergehenden auferſtehung, welche ſo wohl in der alten kirchen einige beyſtimmige gehabt, als auch noch zu unſern zeiten bey etlichen beyfall findet: So werde am fuͤglichſten auf zweyerley art davon zu handlen haben (1.) aus der ſchrifft zu zeigen, daß eine einige allgemeine auferſtehung der todten ſeye. (2.) Die das gegentheil dem anſehen nach in ſich faſſende ort etwas zu erklaͤren. Wie ich allezeit dieſes vor eine nothdurfft achte, in einer jeglichen materie die theſin aus offenbahren deutlichen orten der ſchrifft alſo zu gruͤnden, daß unſer glaube einen grund habe, welcher nicht wancket, nach ſolchen aber auch geſehen werde, wie ſich die jenige ort vereinbahren laſſen, welche derſelben wahrheit ſcheinen entgegen zu ſte- hen. Was alſo das erſte anlanget, ſo achte ich den ort Joh. 5, 28. 29. vor den rechten haupt ort; Dann ob wol unſer liebe Heyland ſelbſten in ſolcher rede von zweyerley auferſtehung redet, ſo weiſet er gleichwol v. 25. deutlich, daß er daſelbs rede von einer geiſtlichen auferſtehung von ſuͤnden, darinnen der menſch in das ewige leben tringet aus dem tode, darin- nen er von der verderbten natur her geſteckt iſt. (Siehe v. 24. mit vergli- chen 1. Joh. 3, 14. Eph. 2, 5. 6. Col. 2, 13. 3, 1.) dann es iſt ſolches eine auferſtehung, dero ſtunde damal ſchon war. Nach deroſelben weiſt un- ſer Heyland allein von einer einigen auferſtehung, die er von der vorigen unter- IV. Theil. e

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/45
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/45>, abgerufen am 03.12.2024.