Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Das siebende Capitel.
unterscheidet. (1.) Nach der zeit, dann dorten ist schon die stunde da, hie
solle sie erst künfftig seyn. (2.) Jn der ersten hlessen es insgemein todten,
damit man aber an der zweyten nicht zweiflen möge, was vor eine art der
todten gemeinet werde, so heissets, die in den gräbern sind, also die
leiblicher weise todt sind. (3.) Jn der ersten werden alle lebendig, in der an-
dern gehen sie alle zwar hervor, und also werden sie lebendig in dem ver-
stand, wie wir pflegen insgemein das leben zu nehmen, wo leib und seel ver-
einiget sind; in der zweyten auferstehung aber stehen nur etliche auf zur
auferstehung des lebens, die übrige zur auferstehung des gerichts.
Nun diese auferstehung welche zu dem ewigen leben geschihet, und die allein
von den jenigen gesagt wird, welche in den gräbern, das ist durch den leibli-
chen tod aus diesem leben hingerissen gewesen sind, ist eine einige auferste-
hung, und ist doch in einem doppelten unterscheid; Jndem einige von
solchen auferstandenen zum leben, andere zum gericht gehen: Es geschihet
aber beyder auferstehung in einer einigen stunde, das ist, zu einer zeit. Wie
eben dergleichen Dan 12, 2. war geweissaget worden. Hingegen solten
die gerechten, und welche gutes gethan haben, lange vorher auferstehen,
so könte der HERR nicht von einer stunde sagen. Zu dessen weiterern er-
klärung auch dienet, daß unser liebster Erlöser von dem einigen jüngsten tag
saget, daß er an demselbigen dieselbe erwecken wolle, die an ihn gläuben,
die ihm der Vater gegeben hat, die sein fleisch und blut gegessen und getrun-
cken haben. Joh. 6, 39. 40. 54. Nun erwarteten die Jüden die allgemeine
auferstehung am jüngsten tag, den sie eben mit einem solchen namen nenne-
ten, Joh. 11, 24. Wie wir also diese warheit an diesem ort gegründet se-
hen, so wird auch Matth. 25, 31. allein von einer zeit geredet, da schaa-
fe und böcke, und die gesegnete des Vaters und die verfluchten, vor den
thron CHRJSTJ gebracht werden, jene in das ewige leben, diese in die
ewige pein einzugehen. Wo wir vergleichen 1. Thess. 4, 16. so werden wir
sehen, es geschehe solches versamlen also, daß die todten in CHRJSTO zu
erst auferstehen und alsdann mit ihnen die überbleibende auch ihm entgegen
gezuckt werden, und solches nicht etwa allein zu einem solchen reich, da sie nur
auf eine zeitlang bey dem HERRN sollen seyn, sondern da sie bey ihm wer-
den bleiben allezeit: So die beschreibung des ewigen lebens ist. Also der
liebe Apostel Paulus, der da wuste, daß er solte vor den HERRN hinge-
richtet und geschlachtet werden, daher des HERRN warheit mit seinem
blut versiegeln, erwartet gleichwol der krohn nicht eher, als an dem jeni-
gen tag, da der gerechte richter erscheinen wird, und die krohne insge-
samt denen die seine erscheinung lieb haben, geben wird: 2. Tim. 4, 8.

Welches

Das ſiebende Capitel.
unterſcheidet. (1.) Nach der zeit, dann dorten iſt ſchon die ſtunde da, hie
ſolle ſie erſt kuͤnfftig ſeyn. (2.) Jn der erſten hleſſen es insgemein todten,
damit man aber an der zweyten nicht zweiflen moͤge, was vor eine art der
todten gemeinet werde, ſo heiſſets, die in den graͤbern ſind, alſo die
leiblicher weiſe todt ſind. (3.) Jn der erſten werden alle lebendig, in der an-
dern gehen ſie alle zwar hervor, und alſo werden ſie lebendig in dem ver-
ſtand, wie wir pflegen insgemein das leben zu nehmen, wo leib und ſeel ver-
einiget ſind; in der zweyten auferſtehung aber ſtehen nur etliche auf zur
auferſtehung des lebens, die uͤbrige zur auferſtehung des gerichts.
Nun dieſe auferſtehung welche zu dem ewigen leben geſchihet, und die allein
von den jenigen geſagt wird, welche in den graͤbern, das iſt durch den leibli-
chen tod aus dieſem leben hingeriſſen geweſen ſind, iſt eine einige auferſte-
hung, und iſt doch in einem doppelten unterſcheid; Jndem einige von
ſolchen auferſtandenen zum leben, andere zum gericht gehen: Es geſchihet
aber beyder auferſtehung in einer einigen ſtunde, das iſt, zu einer zeit. Wie
eben dergleichen Dan 12, 2. war geweiſſaget worden. Hingegen ſolten
die gerechten, und welche gutes gethan haben, lange vorher auferſtehen,
ſo koͤnte der HERR nicht von einer ſtunde ſagen. Zu deſſen weiterern er-
klaͤrung auch dienet, daß unſer liebſter Erloͤſer von dem einigen juͤngſten tag
ſaget, daß er an demſelbigen dieſelbe erwecken wolle, die an ihn glaͤuben,
die ihm der Vater gegeben hat, die ſein fleiſch und blut gegeſſen und getrun-
cken haben. Joh. 6, 39. 40. 54. Nun erwarteten die Juͤden die allgemeine
auferſtehung am juͤngſten tag, den ſie eben mit einem ſolchen namen nenne-
ten, Joh. 11, 24. Wie wir alſo dieſe warheit an dieſem ort gegruͤndet ſe-
hen, ſo wird auch Matth. 25, 31. allein von einer zeit geredet, da ſchaa-
fe und boͤcke, und die geſegnete des Vaters und die verfluchten, vor den
thron CHRJSTJ gebracht werden, jene in das ewige leben, dieſe in die
ewige pein einzugehen. Wo wir vergleichen 1. Theſſ. 4, 16. ſo werden wir
ſehen, es geſchehe ſolches verſamlen alſo, daß die todten in CHRJSTO zu
erſt auferſtehen und alsdann mit ihnen die uͤberbleibende auch ihm entgegen
gezuckt werden, und ſolches nicht etwa allein zu einem ſolchen reich, da ſie nur
auf eine zeitlang bey dem HERRN ſollen ſeyn, ſondern da ſie bey ihm wer-
den bleiben allezeit: So die beſchreibung des ewigen lebens iſt. Alſo der
liebe Apoſtel Paulus, der da wuſte, daß er ſolte vor den HERRN hinge-
richtet und geſchlachtet werden, daher des HERRN warheit mit ſeinem
blut verſiegeln, erwartet gleichwol der krohn nicht eher, als an dem jeni-
gen tag, da der gerechte richter erſcheinen wird, und die krohne insge-
ſamt denen die ſeine erſcheinung lieb haben, geben wird: 2. Tim. 4, 8.

Welches
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0046" n="34"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;iebende Capitel.</hi></fw><lb/>
unter&#x017F;cheidet. (1.) Nach der zeit, dann dorten i&#x017F;t &#x017F;chon die &#x017F;tunde da, hie<lb/>
&#x017F;olle &#x017F;ie er&#x017F;t ku&#x0364;nfftig &#x017F;eyn. (2.) Jn der er&#x017F;ten hle&#x017F;&#x017F;en es insgemein <hi rendition="#fr">todten,</hi><lb/>
damit man aber an der zweyten nicht zweiflen mo&#x0364;ge, was vor eine art der<lb/>
todten gemeinet werde, &#x017F;o hei&#x017F;&#x017F;ets, <hi rendition="#fr">die in den gra&#x0364;bern &#x017F;ind,</hi> al&#x017F;o die<lb/>
leiblicher wei&#x017F;e todt &#x017F;ind. (3.) Jn der er&#x017F;ten werden alle lebendig, in der an-<lb/>
dern gehen &#x017F;ie alle zwar hervor, und al&#x017F;o werden &#x017F;ie lebendig in dem ver-<lb/>
&#x017F;tand, wie wir pflegen insgemein das leben zu nehmen, wo leib und &#x017F;eel ver-<lb/>
einiget &#x017F;ind; in der zweyten aufer&#x017F;tehung aber &#x017F;tehen nur etliche auf zur<lb/><hi rendition="#fr">aufer&#x017F;tehung des lebens,</hi> die u&#x0364;brige <hi rendition="#fr">zur aufer&#x017F;tehung des gerichts.</hi><lb/>
Nun die&#x017F;e aufer&#x017F;tehung welche zu dem ewigen leben ge&#x017F;chihet, und die allein<lb/>
von den jenigen ge&#x017F;agt wird, welche in den gra&#x0364;bern, das i&#x017F;t durch den leibli-<lb/>
chen tod aus die&#x017F;em leben hingeri&#x017F;&#x017F;en gewe&#x017F;en &#x017F;ind, i&#x017F;t eine einige aufer&#x017F;te-<lb/>
hung, und i&#x017F;t doch in einem doppelten unter&#x017F;cheid; Jndem einige von<lb/>
&#x017F;olchen aufer&#x017F;tandenen zum leben, andere zum gericht gehen: Es ge&#x017F;chihet<lb/>
aber beyder aufer&#x017F;tehung in einer einigen &#x017F;tunde, das i&#x017F;t, zu einer zeit. Wie<lb/>
eben dergleichen <hi rendition="#fr">Dan 12, 2.</hi> war gewei&#x017F;&#x017F;aget worden. Hingegen &#x017F;olten<lb/>
die gerechten, und welche gutes gethan haben, lange vorher aufer&#x017F;tehen,<lb/>
&#x017F;o ko&#x0364;nte der HERR nicht von einer &#x017F;tunde &#x017F;agen. Zu de&#x017F;&#x017F;en weiterern er-<lb/>
kla&#x0364;rung auch dienet, daß un&#x017F;er lieb&#x017F;ter Erlo&#x0364;&#x017F;er von dem einigen ju&#x0364;ng&#x017F;ten tag<lb/>
&#x017F;aget, daß er an dem&#x017F;elbigen die&#x017F;elbe erwecken wolle, die an ihn gla&#x0364;uben,<lb/>
die ihm der Vater gegeben hat, die &#x017F;ein flei&#x017F;ch und blut gege&#x017F;&#x017F;en und getrun-<lb/>
cken haben. <hi rendition="#fr">Joh. 6, 39. 40. 54.</hi> Nun erwarteten die Ju&#x0364;den die allgemeine<lb/>
aufer&#x017F;tehung am ju&#x0364;ng&#x017F;ten tag, den &#x017F;ie eben mit einem &#x017F;olchen namen nenne-<lb/>
ten, <hi rendition="#fr">Joh. 11, 24.</hi> Wie wir al&#x017F;o die&#x017F;e warheit an die&#x017F;em ort gegru&#x0364;ndet &#x017F;e-<lb/>
hen, &#x017F;o wird auch <hi rendition="#fr">Matth. 25, 31.</hi> allein von einer zeit geredet, da &#x017F;chaa-<lb/>
fe und bo&#x0364;cke, und die ge&#x017F;egnete des Vaters und die verfluchten, vor den<lb/>
thron CHRJSTJ gebracht werden, jene in das ewige leben, die&#x017F;e in die<lb/>
ewige pein einzugehen. Wo wir vergleichen 1. <hi rendition="#fr">The&#x017F;&#x017F;. 4, 16.</hi> &#x017F;o werden wir<lb/>
&#x017F;ehen, es ge&#x017F;chehe &#x017F;olches ver&#x017F;amlen al&#x017F;o, daß die todten in CHRJSTO zu<lb/>
er&#x017F;t aufer&#x017F;tehen und alsdann mit ihnen die u&#x0364;berbleibende auch ihm entgegen<lb/>
gezuckt werden, und &#x017F;olches nicht etwa allein zu einem &#x017F;olchen reich, da &#x017F;ie nur<lb/>
auf eine zeitlang bey dem HERRN &#x017F;ollen &#x017F;eyn, &#x017F;ondern da &#x017F;ie bey ihm wer-<lb/>
den bleiben allezeit: So die be&#x017F;chreibung des ewigen lebens i&#x017F;t. Al&#x017F;o der<lb/>
liebe Apo&#x017F;tel Paulus, der da wu&#x017F;te, daß er &#x017F;olte vor den HERRN hinge-<lb/>
richtet und ge&#x017F;chlachtet werden, daher des HERRN warheit mit &#x017F;einem<lb/>
blut ver&#x017F;iegeln, erwartet gleichwol der krohn nicht eher, als an dem jeni-<lb/>
gen tag, <hi rendition="#fr">da der gerechte richter er&#x017F;cheinen wird,</hi> und die krohne insge-<lb/>
&#x017F;amt denen die &#x017F;eine er&#x017F;cheinung lieb haben, geben wird: 2. <hi rendition="#fr">Tim. 4, 8.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Welches</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0046] Das ſiebende Capitel. unterſcheidet. (1.) Nach der zeit, dann dorten iſt ſchon die ſtunde da, hie ſolle ſie erſt kuͤnfftig ſeyn. (2.) Jn der erſten hleſſen es insgemein todten, damit man aber an der zweyten nicht zweiflen moͤge, was vor eine art der todten gemeinet werde, ſo heiſſets, die in den graͤbern ſind, alſo die leiblicher weiſe todt ſind. (3.) Jn der erſten werden alle lebendig, in der an- dern gehen ſie alle zwar hervor, und alſo werden ſie lebendig in dem ver- ſtand, wie wir pflegen insgemein das leben zu nehmen, wo leib und ſeel ver- einiget ſind; in der zweyten auferſtehung aber ſtehen nur etliche auf zur auferſtehung des lebens, die uͤbrige zur auferſtehung des gerichts. Nun dieſe auferſtehung welche zu dem ewigen leben geſchihet, und die allein von den jenigen geſagt wird, welche in den graͤbern, das iſt durch den leibli- chen tod aus dieſem leben hingeriſſen geweſen ſind, iſt eine einige auferſte- hung, und iſt doch in einem doppelten unterſcheid; Jndem einige von ſolchen auferſtandenen zum leben, andere zum gericht gehen: Es geſchihet aber beyder auferſtehung in einer einigen ſtunde, das iſt, zu einer zeit. Wie eben dergleichen Dan 12, 2. war geweiſſaget worden. Hingegen ſolten die gerechten, und welche gutes gethan haben, lange vorher auferſtehen, ſo koͤnte der HERR nicht von einer ſtunde ſagen. Zu deſſen weiterern er- klaͤrung auch dienet, daß unſer liebſter Erloͤſer von dem einigen juͤngſten tag ſaget, daß er an demſelbigen dieſelbe erwecken wolle, die an ihn glaͤuben, die ihm der Vater gegeben hat, die ſein fleiſch und blut gegeſſen und getrun- cken haben. Joh. 6, 39. 40. 54. Nun erwarteten die Juͤden die allgemeine auferſtehung am juͤngſten tag, den ſie eben mit einem ſolchen namen nenne- ten, Joh. 11, 24. Wie wir alſo dieſe warheit an dieſem ort gegruͤndet ſe- hen, ſo wird auch Matth. 25, 31. allein von einer zeit geredet, da ſchaa- fe und boͤcke, und die geſegnete des Vaters und die verfluchten, vor den thron CHRJSTJ gebracht werden, jene in das ewige leben, dieſe in die ewige pein einzugehen. Wo wir vergleichen 1. Theſſ. 4, 16. ſo werden wir ſehen, es geſchehe ſolches verſamlen alſo, daß die todten in CHRJSTO zu erſt auferſtehen und alsdann mit ihnen die uͤberbleibende auch ihm entgegen gezuckt werden, und ſolches nicht etwa allein zu einem ſolchen reich, da ſie nur auf eine zeitlang bey dem HERRN ſollen ſeyn, ſondern da ſie bey ihm wer- den bleiben allezeit: So die beſchreibung des ewigen lebens iſt. Alſo der liebe Apoſtel Paulus, der da wuſte, daß er ſolte vor den HERRN hinge- richtet und geſchlachtet werden, daher des HERRN warheit mit ſeinem blut verſiegeln, erwartet gleichwol der krohn nicht eher, als an dem jeni- gen tag, da der gerechte richter erſcheinen wird, und die krohne insge- ſamt denen die ſeine erſcheinung lieb haben, geben wird: 2. Tim. 4, 8. Welches

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/46
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/46>, abgerufen am 21.11.2024.