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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. IV. SECTIO XX.
SECTIO XX.
Reisen in die fremde auch theologi, sonderlich
wegen der sprachen. Englische bücher nicht zu ver-
achten; was dabey in acht zu nehmen
nützlich.

ES ist mir dieses sonderlich angenehm/ daß derselbe neben seinen studiis
so wol begierde als das glück gehabt hat fremde länder zu besehen und der
sprachen sich zu erkündigen. Dann ob ich wol weiß/ daß nicht eben jeg-
lichem studioso theologiae ein solches nöthig (wie auch die particular verrichtun-
gen/ die dieser und jener function obliegen/ nicht bey allen einerley sind) so
dann auch offt bedaure/ daß die meiste unserer teutschen reisen ohne nutzen und zu
mehrerem schaden und schande unseres vaterlandes in franckreich angestellet wer-
den; so sind doch nicht nur allein insgemein die reisen/ welche von denjenigen/ so
bereits dazu tüchtig/ und in der furcht des HErrn klüglich/ angestellet werden/
allen solchen/ in was stande sie dermaleins GOtt dienen sollen/ höchst nützlich/
und erstreckt sich der nutzen über das publicum, darinnen sie sich gebrauchen las-
sen; sondern was auch die theologos absonderlich anlangt/ gibts so wol eine
stattliche zierde den übrigen gaben/ also mag auch ein vortreffliches mittel seyn der-
jenigen prudenz, die dermaleins solchen personen nöthig seyn wird/ welchen et-
wa wichtigere geistliche stellen anvertrauet sollen werden. Und wo nichts wäre/
als nur die gelegenheit der fremden bücher zu lesen/ in denen manchmalen schöne
sachen sind/ wäre dennoch auch solcher nutzen ziemlicher kosten werth. Wie ich
dann das wenige/ so ich in frantzösischer und italiänischer sprach (ob mirs wol so
gut nicht werden wollen/ daß ich weit ausser teutschland hinaus/ oder in demsel-
ben weit herum kommen hätte können/ sondern nur allein gleichsam aus der porte
von franckreich wieder zurück gehen müssen) begriffen habe/ nicht um ein ziemliches
geld missen wolte: noch mehr mich aber freuen wurde/ wo auch des englischen nur
etlicher massen kündig wäre/ dazu mirs aber an gelegenheit gemangelt. Jndessen
liebe ich die dolmetschung der in derselben geschriebenen bücher/ als daß ich die un-
gemeine scharffsinnigkeit/ welche GOtt solcher nation gegeben/ in billigem werth
halte/ und nicht läugnen kan/ daß so bald in meiner jugend GOtt das lesen des
Bailii übung der gottseligkeit/ Sonthoms gülden kleinods und Dyke selbs betrug/
nicht wenig zu meiner eigenen erbauung gesegnet habe/ desto mehr ich mich dann
auch derselben verbunden achte. Daher ich auch denjenigen durch aus nicht bey-

zu-
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ARTIC. IV. SECTIO XX.
SECTIO XX.
Reiſen in die fremde auch theologi, ſonderlich
wegen der ſprachen. Engliſche buͤcher nicht zu ver-
achten; was dabey in acht zu nehmen
nuͤtzlich.

ES iſt mir dieſes ſonderlich angenehm/ daß derſelbe neben ſeinen ſtudiis
ſo wol begieꝛde als das gluͤck gehabt hat fremde laͤnder zu beſehen und der
ſprachen ſich zu erkuͤndigen. Dann ob ich wol weiß/ daß nicht eben jeg-
lichem ſtudioſo theologiæ ein ſolches noͤthig (wie auch die particular verrichtun-
gen/ die dieſer und jener function obliegen/ nicht bey allen einerley ſind) ſo
dann auch offt bedaure/ daß die meiſte unſerer teutſchen reiſen ohne nutzen und zu
mehrerem ſchaden und ſchande unſeres vaterlandes in franckreich angeſtellet wer-
den; ſo ſind doch nicht nur allein insgemein die reiſen/ welche von denjenigen/ ſo
bereits dazu tuͤchtig/ und in der furcht des HErrn kluͤglich/ angeſtellet werden/
allen ſolchen/ in was ſtande ſie dermaleins GOtt dienen ſollen/ hoͤchſt nuͤtzlich/
und erſtreckt ſich der nutzen uͤber das publicum, darinnen ſie ſich gebrauchen laſ-
ſen; ſondern was auch die theologos abſonderlich anlangt/ gibts ſo wol eine
ſtattliche zierde den uͤbrigen gaben/ alſo mag auch ein vortreffliches mittel ſeyn der-
jenigen prudenz, die dermaleins ſolchen perſonen noͤthig ſeyn wird/ welchen et-
wa wichtigere geiſtliche ſtellen anvertrauet ſollen werden. Und wo nichts waͤre/
als nur die gelegenheit der fremden buͤcher zu leſen/ in denen manchmalen ſchoͤne
ſachen ſind/ waͤre dennoch auch ſolcher nutzen ziemlicher koſten werth. Wie ich
dann das wenige/ ſo ich in frantzoͤſiſcher und italiaͤniſcher ſprach (ob mirs wol ſo
gut nicht werden wollen/ daß ich weit auſſer teutſchland hinaus/ oder in demſel-
ben weit herum kommen haͤtte koͤnnen/ ſondern nur allein gleichſam aus der porte
von franckreich wieder zuruͤck gehen muͤſſen) begriffen habe/ nicht um ein ziemliches
geld miſſen wolte: noch mehr mich aber freuen wurde/ wo auch des engliſchen nur
etlicher maſſen kuͤndig waͤre/ dazu mirs aber an gelegenheit gemangelt. Jndeſſen
liebe ich die dolmetſchung der in derſelben geſchriebenen buͤcher/ als daß ich die un-
gemeine ſcharffſinnigkeit/ welche GOtt ſolcher nation gegeben/ in billigem werth
halte/ und nicht laͤugnen kan/ daß ſo bald in meiner jugend GOtt das leſen des
Bailii uͤbung der gottſeligkeit/ Sonthoms guͤlden kleinods und Dyke ſelbs betrug/
nicht wenig zu meiner eigenen erbauung geſegnet habe/ deſto mehr ich mich dann
auch derſelben verbunden achte. Daher ich auch denjenigen durch aus nicht bey-

zu-
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[461/0473] ARTIC. IV. SECTIO XX. SECTIO XX. Reiſen in die fremde auch theologi, ſonderlich wegen der ſprachen. Engliſche buͤcher nicht zu ver- achten; was dabey in acht zu nehmen nuͤtzlich. ES iſt mir dieſes ſonderlich angenehm/ daß derſelbe neben ſeinen ſtudiis ſo wol begieꝛde als das gluͤck gehabt hat fremde laͤnder zu beſehen und der ſprachen ſich zu erkuͤndigen. Dann ob ich wol weiß/ daß nicht eben jeg- lichem ſtudioſo theologiæ ein ſolches noͤthig (wie auch die particular verrichtun- gen/ die dieſer und jener function obliegen/ nicht bey allen einerley ſind) ſo dann auch offt bedaure/ daß die meiſte unſerer teutſchen reiſen ohne nutzen und zu mehrerem ſchaden und ſchande unſeres vaterlandes in franckreich angeſtellet wer- den; ſo ſind doch nicht nur allein insgemein die reiſen/ welche von denjenigen/ ſo bereits dazu tuͤchtig/ und in der furcht des HErrn kluͤglich/ angeſtellet werden/ allen ſolchen/ in was ſtande ſie dermaleins GOtt dienen ſollen/ hoͤchſt nuͤtzlich/ und erſtreckt ſich der nutzen uͤber das publicum, darinnen ſie ſich gebrauchen laſ- ſen; ſondern was auch die theologos abſonderlich anlangt/ gibts ſo wol eine ſtattliche zierde den uͤbrigen gaben/ alſo mag auch ein vortreffliches mittel ſeyn der- jenigen prudenz, die dermaleins ſolchen perſonen noͤthig ſeyn wird/ welchen et- wa wichtigere geiſtliche ſtellen anvertrauet ſollen werden. Und wo nichts waͤre/ als nur die gelegenheit der fremden buͤcher zu leſen/ in denen manchmalen ſchoͤne ſachen ſind/ waͤre dennoch auch ſolcher nutzen ziemlicher koſten werth. Wie ich dann das wenige/ ſo ich in frantzoͤſiſcher und italiaͤniſcher ſprach (ob mirs wol ſo gut nicht werden wollen/ daß ich weit auſſer teutſchland hinaus/ oder in demſel- ben weit herum kommen haͤtte koͤnnen/ ſondern nur allein gleichſam aus der porte von franckreich wieder zuruͤck gehen muͤſſen) begriffen habe/ nicht um ein ziemliches geld miſſen wolte: noch mehr mich aber freuen wurde/ wo auch des engliſchen nur etlicher maſſen kuͤndig waͤre/ dazu mirs aber an gelegenheit gemangelt. Jndeſſen liebe ich die dolmetſchung der in derſelben geſchriebenen buͤcher/ als daß ich die un- gemeine ſcharffſinnigkeit/ welche GOtt ſolcher nation gegeben/ in billigem werth halte/ und nicht laͤugnen kan/ daß ſo bald in meiner jugend GOtt das leſen des Bailii uͤbung der gottſeligkeit/ Sonthoms guͤlden kleinods und Dyke ſelbs betrug/ nicht wenig zu meiner eigenen erbauung geſegnet habe/ deſto mehr ich mich dann auch derſelben verbunden achte. Daher ich auch denjenigen durch aus nicht bey- zu- m m m 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/473>, abgerufen am 22.11.2024.