Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Das siebende Capitel.
hier anlangend/ lebe ich in der stille, und suche mein amt zu verrichten nach dem ver-
mögen, das der HErr darreichet, und nach der gelegenheit, die er bescheret. Was
aus gerichtet werde, kan ich nicht eben vorzeigen, dennoch traue göttlicher verheis-
sung, und weiß aus langer erfahrung, die frucht unsers amts zu diesen zeiten bestehe
nicht sowol in nachdrücklicher hinderung des bösen, so nun zu starck worden, also mit
itzigem gnaden-maaß solches an den meisten zu überwinden, als vielmehr in mög-
lichster beförderung des guten, so viel noch bey den seelen, die dazu nicht unwillig sind,
sich ausrichten lässet. Also wird unser wort des evangelii noch itzt eine krafft selig zu
machen, denen, die es mit gehorsam annehmen, bey den übrigen heißt es noch immer:
zum zeugnüß über sie: und ist auch das nicht gantz vergebens, sondern hat seine ob-
wol betrübte krafft. Mein Catechismus-examen gehet durch göttliche gnade immer
wol von statten, doch habe damit noch nicht in die kirche zu kommen vermocht, dazu
aber die hoffnung nahe seyn mag. Jnsgesamt trage das vertrauen, daß diese frucht
des itzigen land-tages folgen möge, daß dieses nützliche exercitium in das gantze
land eingeführet werde. GOtt gebe dazu weißheit in der anstalt/ und willige hertzen
derer, die die arbeit verrichten sollen, daran ein grosses gelegen seyn wird, was vor
frucht davon gehoffet werden möge.

SECTIO XII.
Väterliches vermahnungs-schreiben an meinen
lieben sohn Philipp Reinhard/ als er in Leipzig die apo-
thecker-kunst lernete: darin die regeln der jugend/
ja gantzen lebens/ enthalten.

NB. Dieses schreiben ist ohne mein vorwissen auf anordnung eines christlichen
Fürsten bereits besonders gedruckt worden.
Göttliche gnade und krafft des heiligen Geistes von dem himmlischen
Vater durch JEsum CHristum seinen Sohn!
Lieber Sohn/

ES ist mir dein schreiben und neujahrs-wunsch angenehm gewesen: der
GOtt, zu dem alle unsere wünsche gehen, erfülle ihn an mir, wie es zu seinen
ehren dienlich, meinem amte heilsamlich, und den meinigen insgesamt nütz-
lich seyn wird. Er lasse dir aber auch ein solches jahr eingetreten seyn, oder vielmehr
alle deine jahre, so viel er dir in dieser zeitlichkeit bestimmet haben wird, al-
so zugebracht werden, daß sich täglich das göttliche licht und krafft in dei-
ner seele durch den heiligen Geist vermehre, daß in dessen gnade alle deine ver-
richtungen geschehen, und ihm mögen gefällig seyn, daß er dir auch an gesund-

heit

Das ſiebende Capitel.
hier anlangend/ lebe ich in der ſtille, und ſuche mein amt zu verrichten nach dem ver-
moͤgen, das der HErr darreichet, und nach der gelegenheit, die er beſcheret. Was
aus gerichtet werde, kan ich nicht eben vorzeigen, dennoch traue goͤttlicher verheiſ-
ſung, und weiß aus langer erfahrung, die frucht unſers amts zu dieſen zeiten beſtehe
nicht ſowol in nachdruͤcklicher hinderung des boͤſen, ſo nun zu ſtarck worden, alſo mit
itzigem gnaden-maaß ſolches an den meiſten zu uͤberwinden, als vielmehr in moͤg-
lichſteꝛ befoͤrdeꝛung des guten, ſo viel noch bey den ſeelen, die dazu nicht unwillig ſind,
ſich ausrichten laͤſſet. Alſo wird unſer wort des evangelii noch itzt eine krafft ſelig zu
machen, denen, die es mit gehoꝛſam annehmen, bey den uͤbꝛigen heißt es noch immer:
zum zeugnuͤß uͤber ſie: und iſt auch das nicht gantz vergebens, ſondern hat ſeine ob-
wol betruͤbte krafft. Mein Catechiſmus-examen gehet durch goͤttliche gnade immer
wol von ſtatten, doch habe damit noch nicht in die kirche zu kommen vermocht, dazu
aber die hoffnung nahe ſeyn mag. Jnsgeſamt trage das vertrauen, daß dieſe frucht
des itzigen land-tages folgen moͤge, daß dieſes nuͤtzliche exercitium in das gantze
land eingefuͤhret werde. GOtt gebe dazu weißheit in der anſtalt/ und willige hertzen
derer, die die arbeit verrichten ſollen, daran ein groſſes gelegen ſeyn wird, was vor
frucht davon gehoffet werden moͤge.

SECTIO XII.
Vaͤterliches vermahnungs-ſchreiben an meinen
lieben ſohn Philipp Reinhard/ als er in Leipzig die apo-
thecker-kunſt lernete: darin die regeln der jugend/
ja gantzen lebens/ enthalten.

NB. Dieſes ſchreiben iſt ohne mein vorwiſſen auf anordnung eines chriſtlichen
Fuͤrſten bereits beſonders gedruckt worden.
Goͤttliche gnade und krafft des heiligen Geiſtes von dem himmliſchen
Vater durch JEſum CHriſtum ſeinen Sohn!
Lieber Sohn/

ES iſt mir dein ſchreiben und neujahrs-wunſch angenehm geweſen: der
GOtt, zu dem alle unſere wuͤnſche gehen, erfuͤlle ihn an mir, wie es zu ſeinen
ehren dienlich, meinem amte heilſamlich, und den meinigen insgeſamt nuͤtz-
lich ſeyn wird. Er laſſe dir aber auch ein ſolches jahr eingetreten ſeyn, oder vielmehr
alle deine jahre, ſo viel er dir in dieſer zeitlichkeit beſtimmet haben wird, al-
ſo zugebracht werden, daß ſich taͤglich das goͤttliche licht und krafft in dei-
ner ſeele durch den heiligen Geiſt vermehre, daß in deſſen gnade alle deine ver-
richtungen geſchehen, und ihm moͤgen gefaͤllig ſeyn, daß er dir auch an geſund-

heit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0570" n="558"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;iebende Capitel.</hi></fw><lb/>
hier anlangend/ lebe ich in der &#x017F;tille, und &#x017F;uche mein amt zu verrichten nach dem ver-<lb/>
mo&#x0364;gen, das der HErr darreichet, und nach der gelegenheit, die er be&#x017F;cheret. Was<lb/>
aus gerichtet werde, kan ich nicht eben vorzeigen, dennoch traue go&#x0364;ttlicher verhei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung, und weiß aus langer erfahrung, die frucht un&#x017F;ers amts zu die&#x017F;en zeiten be&#x017F;tehe<lb/>
nicht &#x017F;owol in nachdru&#x0364;cklicher hinderung des bo&#x0364;&#x017F;en, &#x017F;o nun zu &#x017F;tarck worden, al&#x017F;o mit<lb/>
itzigem gnaden-maaß &#x017F;olches an den mei&#x017F;ten zu u&#x0364;berwinden, als vielmehr in mo&#x0364;g-<lb/>
lich&#x017F;te&#xA75B; befo&#x0364;rde&#xA75B;ung des guten, &#x017F;o viel noch bey den &#x017F;eelen, die dazu nicht unwillig &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;ich ausrichten la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et. Al&#x017F;o wird un&#x017F;er wort des evangelii noch itzt eine krafft &#x017F;elig zu<lb/>
machen, denen, die es mit geho&#xA75B;&#x017F;am annehmen, bey den u&#x0364;b&#xA75B;igen heißt es noch immer:<lb/>
zum zeugnu&#x0364;ß u&#x0364;ber &#x017F;ie: und i&#x017F;t auch das nicht gantz vergebens, &#x017F;ondern hat &#x017F;eine ob-<lb/>
wol betru&#x0364;bte krafft. Mein Catechi&#x017F;mus-examen gehet durch go&#x0364;ttliche gnade immer<lb/>
wol von &#x017F;tatten, doch habe damit noch nicht in die kirche zu kommen vermocht, dazu<lb/>
aber die hoffnung nahe &#x017F;eyn mag. Jnsge&#x017F;amt trage das vertrauen, daß die&#x017F;e frucht<lb/>
des itzigen land-tages folgen mo&#x0364;ge, daß die&#x017F;es nu&#x0364;tzliche <hi rendition="#aq">exercitium</hi> in das gantze<lb/>
land eingefu&#x0364;hret werde. GOtt gebe dazu weißheit in der an&#x017F;talt/ und willige hertzen<lb/>
derer, die die arbeit verrichten &#x017F;ollen, daran ein gro&#x017F;&#x017F;es gelegen &#x017F;eyn wird, was vor<lb/>
frucht davon gehoffet werden mo&#x0364;ge.</p>
            <dateline>30. Decemb. 1687.</dateline>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XII.</hi><lb/>
Va&#x0364;terliches vermahnungs-&#x017F;chreiben an meinen<lb/>
lieben &#x017F;ohn Philipp Reinhard/ als er in Leipzig die apo-<lb/>
thecker-kun&#x017F;t lernete: darin die regeln der jugend/<lb/>
ja gantzen lebens/ enthalten.</hi><lb/><hi rendition="#aq">NB.</hi> Die&#x017F;es &#x017F;chreiben i&#x017F;t ohne mein vorwi&#x017F;&#x017F;en auf anordnung eines chri&#x017F;tlichen<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten bereits be&#x017F;onders gedruckt worden.<lb/><hi rendition="#b">Go&#x0364;ttliche gnade und krafft des heiligen Gei&#x017F;tes von dem himmli&#x017F;chen<lb/>
Vater durch JE&#x017F;um CHri&#x017F;tum &#x017F;einen Sohn!</hi></head><lb/>
            <salute> <hi rendition="#b">Lieber Sohn/</hi> </salute><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t mir dein &#x017F;chreiben und neujahrs-wun&#x017F;ch angenehm gewe&#x017F;en: der<lb/>
GOtt, zu dem alle un&#x017F;ere wu&#x0364;n&#x017F;che gehen, erfu&#x0364;lle ihn an mir, wie es zu &#x017F;einen<lb/>
ehren dienlich, meinem amte heil&#x017F;amlich, und den meinigen insge&#x017F;amt nu&#x0364;tz-<lb/>
lich &#x017F;eyn wird. Er la&#x017F;&#x017F;e dir aber auch ein &#x017F;olches jahr eingetreten &#x017F;eyn, oder vielmehr<lb/>
alle deine jahre, &#x017F;o viel er dir in die&#x017F;er zeitlichkeit be&#x017F;timmet haben wird, al-<lb/>
&#x017F;o zugebracht werden, daß &#x017F;ich ta&#x0364;glich das go&#x0364;ttliche licht und krafft in dei-<lb/>
ner &#x017F;eele durch den heiligen Gei&#x017F;t vermehre, daß in de&#x017F;&#x017F;en gnade alle deine ver-<lb/>
richtungen ge&#x017F;chehen, und ihm mo&#x0364;gen gefa&#x0364;llig &#x017F;eyn, daß er dir auch an ge&#x017F;und-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">heit</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[558/0570] Das ſiebende Capitel. hier anlangend/ lebe ich in der ſtille, und ſuche mein amt zu verrichten nach dem ver- moͤgen, das der HErr darreichet, und nach der gelegenheit, die er beſcheret. Was aus gerichtet werde, kan ich nicht eben vorzeigen, dennoch traue goͤttlicher verheiſ- ſung, und weiß aus langer erfahrung, die frucht unſers amts zu dieſen zeiten beſtehe nicht ſowol in nachdruͤcklicher hinderung des boͤſen, ſo nun zu ſtarck worden, alſo mit itzigem gnaden-maaß ſolches an den meiſten zu uͤberwinden, als vielmehr in moͤg- lichſteꝛ befoͤrdeꝛung des guten, ſo viel noch bey den ſeelen, die dazu nicht unwillig ſind, ſich ausrichten laͤſſet. Alſo wird unſer wort des evangelii noch itzt eine krafft ſelig zu machen, denen, die es mit gehoꝛſam annehmen, bey den uͤbꝛigen heißt es noch immer: zum zeugnuͤß uͤber ſie: und iſt auch das nicht gantz vergebens, ſondern hat ſeine ob- wol betruͤbte krafft. Mein Catechiſmus-examen gehet durch goͤttliche gnade immer wol von ſtatten, doch habe damit noch nicht in die kirche zu kommen vermocht, dazu aber die hoffnung nahe ſeyn mag. Jnsgeſamt trage das vertrauen, daß dieſe frucht des itzigen land-tages folgen moͤge, daß dieſes nuͤtzliche exercitium in das gantze land eingefuͤhret werde. GOtt gebe dazu weißheit in der anſtalt/ und willige hertzen derer, die die arbeit verrichten ſollen, daran ein groſſes gelegen ſeyn wird, was vor frucht davon gehoffet werden moͤge. 30. Decemb. 1687. SECTIO XII. Vaͤterliches vermahnungs-ſchreiben an meinen lieben ſohn Philipp Reinhard/ als er in Leipzig die apo- thecker-kunſt lernete: darin die regeln der jugend/ ja gantzen lebens/ enthalten. NB. Dieſes ſchreiben iſt ohne mein vorwiſſen auf anordnung eines chriſtlichen Fuͤrſten bereits beſonders gedruckt worden. Goͤttliche gnade und krafft des heiligen Geiſtes von dem himmliſchen Vater durch JEſum CHriſtum ſeinen Sohn! Lieber Sohn/ ES iſt mir dein ſchreiben und neujahrs-wunſch angenehm geweſen: der GOtt, zu dem alle unſere wuͤnſche gehen, erfuͤlle ihn an mir, wie es zu ſeinen ehren dienlich, meinem amte heilſamlich, und den meinigen insgeſamt nuͤtz- lich ſeyn wird. Er laſſe dir aber auch ein ſolches jahr eingetreten ſeyn, oder vielmehr alle deine jahre, ſo viel er dir in dieſer zeitlichkeit beſtimmet haben wird, al- ſo zugebracht werden, daß ſich taͤglich das goͤttliche licht und krafft in dei- ner ſeele durch den heiligen Geiſt vermehre, daß in deſſen gnade alle deine ver- richtungen geſchehen, und ihm moͤgen gefaͤllig ſeyn, daß er dir auch an geſund- heit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/570
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/570>, abgerufen am 22.11.2024.