bindlichkeit seiner regeln auch seiner seits bekräfftiget, vielmehr fordert, daß der all- gemeine christenstand bey allen das fundament bleiben, und deßwegen denen übri- gen besondern ständen ihre pflichten ohnnachläßig vorschreiben müsse, daß solcher stand vor GOttes augen so viel gefährlicher und schwerer wird, seine seele/ an dero uns gleichwol alles gelegen, und dahero billig unsere höchste sorge ist, wie wir diesel- bige um die zeit, wann wir allen äusserlichen stand und unterscheid der personen von uns ablegen müssen, erhalten mögen, und also auch, daß eine den menschlichen kräff- ten vor sich allein unmögliche sache sey, die liebe jugend in demselben also zu erziehen, daß sie nicht von dem strom der allgemeinen gewohnheit, und was sie an andern ih- res gleichen sehen, gefährlich mit hingerissen werden. Daher E. Hochgr. Gna- den samt werthesten dero Herrn, den himmlischen Vater desto inniglicher anzuruf- fen haben, daß er zu solcher ihrer christlichen resolution diejenige, die seine gaben sind, ihm auch willig zu heiligen, sowol die weißheit seines geistes als getrosten muth in solchem entschluß durch alle hindernüssen, so ihnen in den weg werden geworffen werden, kräfftig durchzudringen, und also ihre und der ihrigen seelen zu erretten, stäts verleihen wolle, dazu ich auch meine seufftzer zu setzen unvergessen bin.
5. Jul. 1688.
SECTIO XXII. Christliches abschieds-schreiben an eine adeliche Jungfrau.
WEnn bey dem hiesigen abschied noch in zweifel gelassen worden, ob wir die- selbe wiederum hier sehen würden, so setze es annoch zu des himmlischen Vaters, welcher alles regieret, weiser verordnung und fügung: wie denn denselben auch demüthigst darum anruffe, daß er dieselbe und werthe ihrige dero verbleibens wegen dahin regieren wolle, darinnen zu bleiben, oder wiederum her- aus zu kommen, je nachdem ers zu deroselben, sonderlich der seelen, besten am er- sprießlichsten befindet: dabey ich nicht zweifele, daß auch dieselbe selbst ihren ge- treuesten himmlischen Vater um seine regierung in solcher wahl hertzlich und in- brünstig anruffe. Füget es nun der gütige GOtt, dem ichs überlasse, daß dieselbe mit ihrer Hoheit wiederum zu uns zurücke komme, so mir selbs erfreulich seyn sollte, so wird mirs auch um so viel lieber seyn, wo mich der HErr HErr ferner mit liecht und krafft ausrüsten wolte, an deroselben seelen künfftig mit mehr himmlischen segen zu arbeiten, und solches so viel freudiger, als ich bey derselben eine seele gesehen, so das wort des HErrn zu lieben anfänget. Wo aber der väterliche rath ihres GOt- tes ein anders über sie bestimmet, nemlich an statt der rückkunfft lieber bey den ihri- gen zu bleiben, so habe ich dieselbe noch zum abschied und ablegung meiner amts-
pflicht,
Das ſiebende Capitel.
bindlichkeit ſeiner regeln auch ſeiner ſeits bekraͤfftiget, vielmehr fordert, daß der all- gemeine chriſtenſtand bey allen das fundament bleiben, und deßwegen denen uͤbri- gen beſondern ſtaͤnden ihre pflichten ohnnachlaͤßig vorſchreiben muͤſſe, daß ſolcher ſtand vor GOttes augen ſo viel gefaͤhrlicher und ſchwerer wird, ſeine ſeele/ an dero uns gleichwol alles gelegen, und dahero billig unſere hoͤchſte ſorge iſt, wie wir dieſel- bige um die zeit, wann wir allen aͤuſſerlichen ſtand und unterſcheid der perſonen von uns ablegen muͤſſen, erhalten moͤgen, und alſo auch, daß eine den menſchlichen kraͤff- ten vor ſich allein unmoͤgliche ſache ſey, die liebe jugend in demſelben alſo zu erziehen, daß ſie nicht von dem ſtrom der allgemeinen gewohnheit, und was ſie an andern ih- res gleichen ſehen, gefaͤhrlich mit hingeriſſen werden. Daher E. Hochgr. Gna- den ſamt wertheſten dero Herrn, den himmliſchen Vater deſto inniglicher anzuruf- fen haben, daß er zu ſolcher ihrer chriſtlichen reſolution diejenige, die ſeine gaben ſind, ihm auch willig zu heiligen, ſowol die weißheit ſeines geiſtes als getroſten muth in ſolchem entſchluß durch alle hindernuͤſſen, ſo ihnen in den weg werden geworffen werden, kraͤfftig durchzudringen, und alſo ihre und der ihrigen ſeelen zu erretten, ſtaͤts verleihen wolle, dazu ich auch meine ſeufftzer zu ſetzen unvergeſſen bin.
5. Jul. 1688.
SECTIO XXII. Chriſtliches abſchieds-ſchreiben an eine adeliche Jungfrau.
WEnn bey dem hieſigen abſchied noch in zweifel gelaſſen worden, ob wir die- ſelbe wiederum hier ſehen wuͤrden, ſo ſetze es annoch zu des himmliſchen Vaters, welcher alles regieret, weiſer verordnung und fuͤgung: wie denn denſelben auch demuͤthigſt darum anruffe, daß er dieſelbe und werthe ihrige dero verbleibens wegen dahin regieren wolle, darinnen zu bleiben, oder wiederum her- aus zu kommen, je nachdem ers zu deroſelben, ſonderlich der ſeelen, beſten am er- ſprießlichſten befindet: dabey ich nicht zweifele, daß auch dieſelbe ſelbſt ihren ge- treueſten himmliſchen Vater um ſeine regierung in ſolcher wahl hertzlich und in- bruͤnſtig anruffe. Fuͤget es nun der guͤtige GOtt, dem ichs uͤberlaſſe, daß dieſelbe mit ihrer Hoheit wiederum zu uns zuruͤcke komme, ſo mir ſelbs erfreulich ſeyn ſollte, ſo wird mirs auch um ſo viel lieber ſeyn, wo mich der HErr HErr ferner mit liecht und krafft ausruͤſten wolte, an deroſelben ſeelen kuͤnfftig mit mehꝛ himmliſchen ſegen zu arbeiten, und ſolches ſo viel freudiger, als ich bey derſelben eine ſeele geſehen, ſo das wort des HErrn zu lieben anfaͤnget. Wo aber der vaͤterliche rath ihres GOt- tes ein anders uͤber ſie beſtimmet, nemlich an ſtatt der ruͤckkunfft lieber bey den ihri- gen zu bleiben, ſo habe ich dieſelbe noch zum abſchied und ablegung meiner amts-
pflicht,
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Das ſiebende Capitel.
bindlichkeit ſeiner regeln auch ſeiner ſeits bekraͤfftiget, vielmehr fordert, daß der all-
gemeine chriſtenſtand bey allen das fundament bleiben, und deßwegen denen uͤbri-
gen beſondern ſtaͤnden ihre pflichten ohnnachlaͤßig vorſchreiben muͤſſe, daß ſolcher
ſtand vor GOttes augen ſo viel gefaͤhrlicher und ſchwerer wird, ſeine ſeele/ an dero
uns gleichwol alles gelegen, und dahero billig unſere hoͤchſte ſorge iſt, wie wir dieſel-
bige um die zeit, wann wir allen aͤuſſerlichen ſtand und unterſcheid der perſonen von
uns ablegen muͤſſen, erhalten moͤgen, und alſo auch, daß eine den menſchlichen kraͤff-
ten vor ſich allein unmoͤgliche ſache ſey, die liebe jugend in demſelben alſo zu erziehen,
daß ſie nicht von dem ſtrom der allgemeinen gewohnheit, und was ſie an andern ih-
res gleichen ſehen, gefaͤhrlich mit hingeriſſen werden. Daher E. Hochgr. Gna-
den ſamt wertheſten dero Herrn, den himmliſchen Vater deſto inniglicher anzuruf-
fen haben, daß er zu ſolcher ihrer chriſtlichen reſolution diejenige, die ſeine gaben
ſind, ihm auch willig zu heiligen, ſowol die weißheit ſeines geiſtes als getroſten muth
in ſolchem entſchluß durch alle hindernuͤſſen, ſo ihnen in den weg werden geworffen
werden, kraͤfftig durchzudringen, und alſo ihre und der ihrigen ſeelen zu erretten,
ſtaͤts verleihen wolle, dazu ich auch meine ſeufftzer zu ſetzen unvergeſſen bin.
5. Jul. 1688.
SECTIO XXII.
Chriſtliches abſchieds-ſchreiben an eine
adeliche Jungfrau.
WEnn bey dem hieſigen abſchied noch in zweifel gelaſſen worden, ob wir die-
ſelbe wiederum hier ſehen wuͤrden, ſo ſetze es annoch zu des himmliſchen
Vaters, welcher alles regieret, weiſer verordnung und fuͤgung: wie denn
denſelben auch demuͤthigſt darum anruffe, daß er dieſelbe und werthe ihrige dero
verbleibens wegen dahin regieren wolle, darinnen zu bleiben, oder wiederum her-
aus zu kommen, je nachdem ers zu deroſelben, ſonderlich der ſeelen, beſten am er-
ſprießlichſten befindet: dabey ich nicht zweifele, daß auch dieſelbe ſelbſt ihren ge-
treueſten himmliſchen Vater um ſeine regierung in ſolcher wahl hertzlich und in-
bruͤnſtig anruffe. Fuͤget es nun der guͤtige GOtt, dem ichs uͤberlaſſe, daß dieſelbe
mit ihrer Hoheit wiederum zu uns zuruͤcke komme, ſo mir ſelbs erfreulich ſeyn ſollte,
ſo wird mirs auch um ſo viel lieber ſeyn, wo mich der HErr HErr ferner mit liecht
und krafft ausruͤſten wolte, an deroſelben ſeelen kuͤnfftig mit mehꝛ himmliſchen ſegen
zu arbeiten, und ſolches ſo viel freudiger, als ich bey derſelben eine ſeele geſehen, ſo
das wort des HErrn zu lieben anfaͤnget. Wo aber der vaͤterliche rath ihres GOt-
tes ein anders uͤber ſie beſtimmet, nemlich an ſtatt der ruͤckkunfft lieber bey den ihri-
gen zu bleiben, ſo habe ich dieſelbe noch zum abſchied und ablegung meiner amts-
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/604>, abgerufen am 22.11.2024.
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