Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. V. SECTIO XXIII.
N. betroffen, viele auch an andern orten, welche ihn und den separatismum durch-
aus nicht lieben, sehr gestossen hat. Wie mich verwundert habe über einen brief,
welchen aus Straßburg bekommen von einem mann, welcher, als viel mir wissend,
mit jemand von solchen leuten nicht correspondiret, und derselbigen eigensinn
nicht billigen wird, aber recht beklagte, daß man auf solche art mit weltlichen straf-
fen verführe, und den papisten gelegenheit gebe, zu sagen, wo wir uns über äusser-
liche gewalt in glaubens-sachen beschweren, und solche wider die regel Christi und
des N. T. zu streiten bezeugen, daß wir, wo wir die gewalt hätten, uns derselben
eben so wol gegen diejenige, die mit uns nicht einig, gebrauchten, nur daß es eben
nicht auf das blut gehe. So versichere ich gewiß, alle proceduren, welche gegen
dergleichen leute weiter gehen, als bloß bewegliches zusprechen, machet ihre sache
nur gut, und beweget allemal leute, welche sonsten derselben nicht geachtet, erst-
lich zu einem mitleiden, woraus allgemach mehr liebe und zuneigung zu ihnen, ja
endlich auch zu ihrer sache entstehet. Da hingegen dergleichen nicht zu sorgen, wo
man diejenige, so man erinnert hat, und die sich selbs von uns trennen, endlich gehen
lässet, bis der HErr sie zu gewinnen gelegenheit zeiget. Der HErr gebe allezeit
nöthige weißheit, zu erkennen, was seine ehre am kräfftigsten befördern möge.

SECTIO XXIV.
Band der liebe. Schlesien. Aller orten einerley
klagen. Zeiten des gerichts. Schimpffnamen der Spene-
rianer. Suche keine secte. Meine beyde andern verhaßte
haupt-lehren. Politici fangen an/ vieles besser
einzusehen.

DAß der grosse GOtt die vor einem jahr in gewissen angelegenheiten gethane
vorschläge nicht ohne segen gelassen, dancke ich seiner himmlischen güte, mit
ferner demüthiger bitte, daß sie uns zu allen zeiten dero willen recht zu erken-
nen, und denselben in einfalt zu vollbringen krafft und gnade verleihen wolle. Mit
eben dergleichen freude und dancksagung zu GOtt nehme auch an die liebe, so aus
dessen gantzen schreiben hervor leuchtet, und mir ein zeugnüß ist, daß derselbe wahr-
hafftig unsre seelen mit einem solchen, und zwar nicht auf das fleisch gegründeten, af-
fect
zusammen verbunden habe: er erhalte uns mit allen übrigen gottseligen amts-
brüdern stets in der einigkeit des geistes mit dem band des friedens verbunden, lasse
auch solche liebe in vielen früchten der vorbitte, raths und anderer christlicher dienste

aller-
f f f f 2

ARTIC. V. SECTIO XXIII.
N. betroffen, viele auch an andern orten, welche ihn und den ſeparatiſmum durch-
aus nicht lieben, ſehr geſtoſſen hat. Wie mich verwundert habe uͤber einen brief,
welchen aus Straßburg bekommen von einem mann, welcher, als viel mir wiſſend,
mit jemand von ſolchen leuten nicht correſpondiret, und derſelbigen eigenſinn
nicht billigen wird, aber recht beklagte, daß man auf ſolche art mit weltlichen ſtraf-
fen verfuͤhre, und den papiſten gelegenheit gebe, zu ſagen, wo wir uns uͤber aͤuſſer-
liche gewalt in glaubens-ſachen beſchweren, und ſolche wider die regel Chriſti und
des N. T. zu ſtreiten bezeugen, daß wir, wo wir die gewalt haͤtten, uns derſelben
eben ſo wol gegen diejenige, die mit uns nicht einig, gebrauchten, nur daß es eben
nicht auf das blut gehe. So verſichere ich gewiß, alle proceduren, welche gegen
dergleichen leute weiter gehen, als bloß bewegliches zuſprechen, machet ihre ſache
nur gut, und beweget allemal leute, welche ſonſten derſelben nicht geachtet, erſt-
lich zu einem mitleiden, woraus allgemach mehr liebe und zuneigung zu ihnen, ja
endlich auch zu ihrer ſache entſtehet. Da hingegen dergleichen nicht zu ſorgen, wo
man diejenige, ſo man erinnert hat, und die ſich ſelbs von uns trennen, endlich gehen
laͤſſet, bis der HErr ſie zu gewinnen gelegenheit zeiget. Der HErr gebe allezeit
noͤthige weißheit, zu erkennen, was ſeine ehre am kraͤfftigſten befoͤrdern moͤge.

SECTIO XXIV.
Band der liebe. Schleſien. Aller orten einerley
klagen. Zeiten des gerichts. Schimpffnamen der Spene-
rianer. Suche keine ſecte. Meine beyde andern verhaßte
haupt-lehren. Politici fangen an/ vieles beſſer
einzuſehen.

DAß der groſſe GOtt die vor einem jahr in gewiſſen angelegenheiten gethane
vorſchlaͤge nicht ohne ſegen gelaſſen, dancke ich ſeiner himmliſchen guͤte, mit
ferner demuͤthiger bitte, daß ſie uns zu allen zeiten deꝛo willen recht zu erken-
nen, und denſelben in einfalt zu vollbringen krafft und gnade verleihen wolle. Mit
eben dergleichen freude und danckſagung zu GOtt nehme auch an die liebe, ſo aus
deſſen gantzen ſchreiben hervor leuchtet, und mir ein zeugnuͤß iſt, daß derſelbe wahr-
hafftig unſre ſeelen mit einem ſolchen, und zwar nicht auf das fleiſch gegruͤndeten, af-
fect
zuſammen verbunden habe: er erhalte uns mit allen uͤbrigen gottſeligen amts-
bruͤdern ſtets in der einigkeit des geiſtes mit dem band des friedens verbunden, laſſe
auch ſolche liebe in vielen fruͤchten der vorbitte, raths und anderer chriſtlicher dienſte

aller-
f f f f 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0607" n="595"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">ARTIC. V. SECTIO XXIII.</hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">N.</hi> betroffen, viele auch an andern orten, welche ihn und den <hi rendition="#aq">&#x017F;eparati&#x017F;mum</hi> durch-<lb/>
aus nicht lieben, &#x017F;ehr ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en hat. Wie mich verwundert habe u&#x0364;ber einen brief,<lb/>
welchen aus Straßburg bekommen von einem mann, welcher, als viel mir wi&#x017F;&#x017F;end,<lb/>
mit jemand von &#x017F;olchen leuten nicht <hi rendition="#aq">corre&#x017F;pondi</hi>ret, und der&#x017F;elbigen eigen&#x017F;inn<lb/>
nicht billigen wird, aber recht beklagte, daß man auf &#x017F;olche art mit weltlichen &#x017F;traf-<lb/>
fen verfu&#x0364;hre, und den papi&#x017F;ten gelegenheit gebe, zu &#x017F;agen, wo wir uns u&#x0364;ber a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
liche gewalt in glaubens-&#x017F;achen be&#x017F;chweren, und &#x017F;olche wider die regel Chri&#x017F;ti und<lb/>
des N. T. zu &#x017F;treiten bezeugen, daß wir, wo wir die gewalt ha&#x0364;tten, uns der&#x017F;elben<lb/>
eben &#x017F;o wol gegen diejenige, die mit uns nicht einig, gebrauchten, nur daß es eben<lb/>
nicht auf das blut gehe. So ver&#x017F;ichere ich gewiß, alle <hi rendition="#aq">procedu</hi>ren, welche gegen<lb/>
dergleichen leute weiter gehen, als bloß bewegliches zu&#x017F;prechen, machet ihre &#x017F;ache<lb/>
nur gut, und beweget allemal leute, welche &#x017F;on&#x017F;ten der&#x017F;elben nicht geachtet, er&#x017F;t-<lb/>
lich zu einem mitleiden, woraus allgemach mehr liebe und zuneigung zu ihnen, ja<lb/>
endlich auch zu ihrer &#x017F;ache ent&#x017F;tehet. Da hingegen dergleichen nicht zu &#x017F;orgen, wo<lb/>
man diejenige, &#x017F;o man erinnert hat, und die &#x017F;ich &#x017F;elbs von uns trennen, endlich gehen<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, bis der HErr &#x017F;ie zu gewinnen gelegenheit zeiget. Der HErr gebe allezeit<lb/>
no&#x0364;thige weißheit, zu erkennen, was &#x017F;eine ehre am kra&#x0364;fftig&#x017F;ten befo&#x0364;rdern mo&#x0364;ge.</p><lb/>
            <dateline> <hi rendition="#aq">21. Aug. 1688.</hi> </dateline>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXIV.</hi><lb/>
Band der liebe. Schle&#x017F;ien. Aller orten einerley<lb/>
klagen. Zeiten des gerichts. Schimpffnamen der Spene-<lb/>
rianer. Suche keine <hi rendition="#aq">&#x017F;ecte.</hi> Meine beyde andern verhaßte<lb/>
haupt-lehren. <hi rendition="#aq">Politici</hi> fangen an/ vieles be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
einzu&#x017F;ehen.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>Aß der gro&#x017F;&#x017F;e GOtt die vor einem jahr in gewi&#x017F;&#x017F;en angelegenheiten gethane<lb/>
vor&#x017F;chla&#x0364;ge nicht ohne &#x017F;egen gela&#x017F;&#x017F;en, dancke ich &#x017F;einer himmli&#x017F;chen gu&#x0364;te, mit<lb/>
ferner demu&#x0364;thiger bitte, daß &#x017F;ie uns zu allen zeiten de&#xA75B;o willen recht zu erken-<lb/>
nen, und den&#x017F;elben in einfalt zu vollbringen krafft und gnade verleihen wolle. Mit<lb/>
eben dergleichen freude und danck&#x017F;agung zu GOtt nehme auch an die liebe, &#x017F;o aus<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en gantzen &#x017F;chreiben hervor leuchtet, und mir ein zeugnu&#x0364;ß i&#x017F;t, daß der&#x017F;elbe wahr-<lb/>
hafftig un&#x017F;re &#x017F;eelen mit einem &#x017F;olchen, und zwar nicht auf das flei&#x017F;ch gegru&#x0364;ndeten, <hi rendition="#aq">af-<lb/>
fect</hi> zu&#x017F;ammen verbunden habe: er erhalte uns mit allen u&#x0364;brigen gott&#x017F;eligen amts-<lb/>
bru&#x0364;dern &#x017F;tets in der einigkeit des gei&#x017F;tes mit dem band des friedens verbunden, la&#x017F;&#x017F;e<lb/>
auch &#x017F;olche liebe in vielen fru&#x0364;chten der vorbitte, raths und anderer chri&#x017F;tlicher dien&#x017F;te<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">f f f f 2</fw><fw place="bottom" type="catch">aller-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[595/0607] ARTIC. V. SECTIO XXIII. N. betroffen, viele auch an andern orten, welche ihn und den ſeparatiſmum durch- aus nicht lieben, ſehr geſtoſſen hat. Wie mich verwundert habe uͤber einen brief, welchen aus Straßburg bekommen von einem mann, welcher, als viel mir wiſſend, mit jemand von ſolchen leuten nicht correſpondiret, und derſelbigen eigenſinn nicht billigen wird, aber recht beklagte, daß man auf ſolche art mit weltlichen ſtraf- fen verfuͤhre, und den papiſten gelegenheit gebe, zu ſagen, wo wir uns uͤber aͤuſſer- liche gewalt in glaubens-ſachen beſchweren, und ſolche wider die regel Chriſti und des N. T. zu ſtreiten bezeugen, daß wir, wo wir die gewalt haͤtten, uns derſelben eben ſo wol gegen diejenige, die mit uns nicht einig, gebrauchten, nur daß es eben nicht auf das blut gehe. So verſichere ich gewiß, alle proceduren, welche gegen dergleichen leute weiter gehen, als bloß bewegliches zuſprechen, machet ihre ſache nur gut, und beweget allemal leute, welche ſonſten derſelben nicht geachtet, erſt- lich zu einem mitleiden, woraus allgemach mehr liebe und zuneigung zu ihnen, ja endlich auch zu ihrer ſache entſtehet. Da hingegen dergleichen nicht zu ſorgen, wo man diejenige, ſo man erinnert hat, und die ſich ſelbs von uns trennen, endlich gehen laͤſſet, bis der HErr ſie zu gewinnen gelegenheit zeiget. Der HErr gebe allezeit noͤthige weißheit, zu erkennen, was ſeine ehre am kraͤfftigſten befoͤrdern moͤge. 21. Aug. 1688. SECTIO XXIV. Band der liebe. Schleſien. Aller orten einerley klagen. Zeiten des gerichts. Schimpffnamen der Spene- rianer. Suche keine ſecte. Meine beyde andern verhaßte haupt-lehren. Politici fangen an/ vieles beſſer einzuſehen. DAß der groſſe GOtt die vor einem jahr in gewiſſen angelegenheiten gethane vorſchlaͤge nicht ohne ſegen gelaſſen, dancke ich ſeiner himmliſchen guͤte, mit ferner demuͤthiger bitte, daß ſie uns zu allen zeiten deꝛo willen recht zu erken- nen, und denſelben in einfalt zu vollbringen krafft und gnade verleihen wolle. Mit eben dergleichen freude und danckſagung zu GOtt nehme auch an die liebe, ſo aus deſſen gantzen ſchreiben hervor leuchtet, und mir ein zeugnuͤß iſt, daß derſelbe wahr- hafftig unſre ſeelen mit einem ſolchen, und zwar nicht auf das fleiſch gegruͤndeten, af- fect zuſammen verbunden habe: er erhalte uns mit allen uͤbrigen gottſeligen amts- bruͤdern ſtets in der einigkeit des geiſtes mit dem band des friedens verbunden, laſſe auch ſolche liebe in vielen fruͤchten der vorbitte, raths und anderer chriſtlicher dienſte aller- f f f f 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/607
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/607>, abgerufen am 22.11.2024.