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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. V. SECT. XXXIV.
acht zu geben, und aneinander brüderlich zu bessern, welches einer der vornehmsten
nutzen ist. Nun der HErr lasse auch diesen funcken einen anfang seyn eines grossen
feuers, viele hertzen von eyfer und fleiß der lebendigen erkäntnüß und dero früchten
brennend zu machen. Lasse auch solches löbliche exempel anderer orten mit gebüh-
render vorsichtigkeit nützliche nachfolge erwecken, und erfülle mehr und mehr den
herrlichen wunsch Mosis 4. Mos. 11, 29. daß alle das volck des HErrn weissagete,
und der HErr seinen Geist über sie gäbe damit weil hiedurch die leute zu übung ih-
res geistl. priestert hums besser bereitet werden, ohne dessen beyhülffe unser ordent-
liches predig-amt nicht alles, was die gnugsame erbauung der gemeinde erfordert,
immer ausrichten kan, solche beyde, predig-amt und priesterthum, hinkünfftig zum
gemeinen heyl desto kräfftiger mit einander arbeiten, und eins dem andern die hand
biete. Giebet GOtt segen zu dergleichen an vielen orten, so werden wir bald eine
bessere gestalt der kirchen vor augen sehen. Amen.

SECTIO XXXIV.
Mein geringes maaß in prophetischen dingen. Was vor leh-
re mir von GOtt anvertrauet, darinnen wil treu seyn. Was von
künfftigen dingen erkenne, zusammen gefaßt. Gönne andern ihr meh-
reres maaß. Wird mir mehr gutes und böses, als nach der
warheit, zugeschrieben.

VOr das freundliche vertrauen zu mir, welches das neuliche angenehme
schreiben bezeuget, habe hiemit christlich danck zu sagen, und meiner schul-
digen liebe hiedurch wiederum versicherung zu thun: dabey aber alsobald
zu erinnern, daß wer von mir einige anzeige gethan haben mag, viel mehrers an
mir zu seyn, und daß sich mein licht viel tieffer in die göttliche dinge erstrecke, ver-
muthet haben muß, als weder ich an mir erkenne, noch in der that bey mir ist. Des-
sen mir dieses ein zeugniß seyn kan, daß ich das freundlich an mich gethane schrei-
ben grossen theils nicht verstehe, daher von mir eine viel mehrere erkäntnüß der pro-
phetischen geheimnüssen, als mir nicht gegeben ist, da es an mich gefertiget wurde,
muß praesupponiret seyn worden. Jch diene in meiner einfalt meinem Gott nach
dem maaß meiner erkäntnüß, trachte mich zu üben in den dingen, so mir und an-
dern zur seligkeit nöthig sind, ich befleißige mich in dem lebendingen glauben von
GOtt gestärcket zu werden, und dessen art meinen zuhörern nach aller möglichkeit
aus dem wort des HErrn kräfftig und deutlich vorzustellen, sonderlich aber sie von
der sicherheit und fleischlicher einbildung eines glaubens, der ohne geist
und krafft ist, welche leider bey denen, so die wort von dem glauben wissen und
bekennen, allgemein ist, und den grösten schaden thut, zu warnen, und sie
stäts zu der prüfung ihres glaubens an dessen früchten, nemlich dem fleiß gött-
licher gebote und thätiger nachfolge Christi, treuhertzig anzuweisen, und so viel

mir
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ARTIC. V. SECT. XXXIV.
acht zu geben, und aneinander bruͤderlich zu beſſern, welches einer der vornehmſten
nutzen iſt. Nun der HErr laſſe auch dieſen funcken einen anfang ſeyn eines groſſen
feuers, viele hertzen von eyfer und fleiß der lebendigen erkaͤntnuͤß und dero fruͤchten
brennend zu machen. Laſſe auch ſolches loͤbliche exempel anderer orten mit gebuͤh-
render vorſichtigkeit nuͤtzliche nachfolge erwecken, und erfuͤlle mehr und mehr den
herrlichen wunſch Moſis 4. Moſ. 11, 29. daß alle das volck des HErrn weiſſagete,
und der HErr ſeinen Geiſt uͤber ſie gaͤbe damit weil hiedurch die leute zu uͤbung ih-
res geiſtl. prieſtert hums beſſer bereitet werden, ohne deſſen beyhuͤlffe unſer ordent-
liches predig-amt nicht alles, was die gnugſame erbauung der gemeinde erfordert,
immer ausrichten kan, ſolche beyde, predig-amt und prieſterthum, hinkuͤnfftig zum
gemeinen heyl deſto kraͤfftiger mit einander arbeiten, und eins dem andern die hand
biete. Giebet GOtt ſegen zu dergleichen an vielen orten, ſo werden wir bald eine
beſſere geſtalt der kirchen vor augen ſehen. Amen.

SECTIO XXXIV.
Mein geringes maaß in prophetiſchen dingen. Was vor leh-
re mir von GOtt anvertrauet, darinnen wil treu ſeyn. Was von
kuͤnfftigen dingen erkenne, zuſam̃en gefaßt. Goͤnne andern ihr meh-
reres maaß. Wird mir mehr gutes und boͤſes, als nach der
warheit, zugeſchrieben.

VOr das freundliche vertrauen zu mir, welches das neuliche angenehme
ſchreiben bezeuget, habe hiemit chriſtlich danck zu ſagen, und meiner ſchul-
digen liebe hiedurch wiederum verſicherung zu thun: dabey aber alſobald
zu erinnern, daß wer von mir einige anzeige gethan haben mag, viel mehrers an
mir zu ſeyn, und daß ſich mein licht viel tieffer in die goͤttliche dinge erſtrecke, ver-
muthet haben muß, als weder ich an mir erkenne, noch in der that bey mir iſt. Deſ-
ſen mir dieſes ein zeugniß ſeyn kan, daß ich das freundlich an mich gethane ſchrei-
ben groſſen theils nicht verſtehe, daher von mir eine viel mehrere erkaͤntnuͤß der pro-
phetiſchen geheimnuͤſſen, als mir nicht gegeben iſt, da es an mich gefertiget wurde,
muß præſupponiret ſeyn worden. Jch diene in meiner einfalt meinem Gott nach
dem maaß meiner erkaͤntnuͤß, trachte mich zu uͤben in den dingen, ſo mir und an-
dern zur ſeligkeit noͤthig ſind, ich befleißige mich in dem lebendingen glauben von
GOtt geſtaͤrcket zu werden, und deſſen art meinen zuhoͤrern nach aller moͤglichkeit
aus dem wort des HErrn kraͤfftig und deutlich vorzuſtellen, ſonderlich aber ſie von
der ſicherheit und fleiſchlicher einbildung eines glaubens, der ohne geiſt
und krafft iſt, welche leider bey denen, ſo die wort von dem glauben wiſſen und
bekennen, allgemein iſt, und den groͤſten ſchaden thut, zu warnen, und ſie
ſtaͤts zu der pruͤfung ihres glaubens an deſſen fruͤchten, nemlich dem fleiß goͤtt-
licher gebote und thaͤtiger nachfolge Chriſti, treuhertzig anzuweiſen, und ſo viel

mir
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[621/0633] ARTIC. V. SECT. XXXIV. acht zu geben, und aneinander bruͤderlich zu beſſern, welches einer der vornehmſten nutzen iſt. Nun der HErr laſſe auch dieſen funcken einen anfang ſeyn eines groſſen feuers, viele hertzen von eyfer und fleiß der lebendigen erkaͤntnuͤß und dero fruͤchten brennend zu machen. Laſſe auch ſolches loͤbliche exempel anderer orten mit gebuͤh- render vorſichtigkeit nuͤtzliche nachfolge erwecken, und erfuͤlle mehr und mehr den herrlichen wunſch Moſis 4. Moſ. 11, 29. daß alle das volck des HErrn weiſſagete, und der HErr ſeinen Geiſt uͤber ſie gaͤbe damit weil hiedurch die leute zu uͤbung ih- res geiſtl. prieſtert hums beſſer bereitet werden, ohne deſſen beyhuͤlffe unſer ordent- liches predig-amt nicht alles, was die gnugſame erbauung der gemeinde erfordert, immer ausrichten kan, ſolche beyde, predig-amt und prieſterthum, hinkuͤnfftig zum gemeinen heyl deſto kraͤfftiger mit einander arbeiten, und eins dem andern die hand biete. Giebet GOtt ſegen zu dergleichen an vielen orten, ſo werden wir bald eine beſſere geſtalt der kirchen vor augen ſehen. Amen. 5. Apr. 1689. SECTIO XXXIV. Mein geringes maaß in prophetiſchen dingen. Was vor leh- re mir von GOtt anvertrauet, darinnen wil treu ſeyn. Was von kuͤnfftigen dingen erkenne, zuſam̃en gefaßt. Goͤnne andern ihr meh- reres maaß. Wird mir mehr gutes und boͤſes, als nach der warheit, zugeſchrieben. VOr das freundliche vertrauen zu mir, welches das neuliche angenehme ſchreiben bezeuget, habe hiemit chriſtlich danck zu ſagen, und meiner ſchul- digen liebe hiedurch wiederum verſicherung zu thun: dabey aber alſobald zu erinnern, daß wer von mir einige anzeige gethan haben mag, viel mehrers an mir zu ſeyn, und daß ſich mein licht viel tieffer in die goͤttliche dinge erſtrecke, ver- muthet haben muß, als weder ich an mir erkenne, noch in der that bey mir iſt. Deſ- ſen mir dieſes ein zeugniß ſeyn kan, daß ich das freundlich an mich gethane ſchrei- ben groſſen theils nicht verſtehe, daher von mir eine viel mehrere erkaͤntnuͤß der pro- phetiſchen geheimnuͤſſen, als mir nicht gegeben iſt, da es an mich gefertiget wurde, muß præſupponiret ſeyn worden. Jch diene in meiner einfalt meinem Gott nach dem maaß meiner erkaͤntnuͤß, trachte mich zu uͤben in den dingen, ſo mir und an- dern zur ſeligkeit noͤthig ſind, ich befleißige mich in dem lebendingen glauben von GOtt geſtaͤrcket zu werden, und deſſen art meinen zuhoͤrern nach aller moͤglichkeit aus dem wort des HErrn kraͤfftig und deutlich vorzuſtellen, ſonderlich aber ſie von der ſicherheit und fleiſchlicher einbildung eines glaubens, der ohne geiſt und krafft iſt, welche leider bey denen, ſo die wort von dem glauben wiſſen und bekennen, allgemein iſt, und den groͤſten ſchaden thut, zu warnen, und ſie ſtaͤts zu der pruͤfung ihres glaubens an deſſen fruͤchten, nemlich dem fleiß goͤtt- licher gebote und thaͤtiger nachfolge Chriſti, treuhertzig anzuweiſen, und ſo viel mir i i i i 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/633>, abgerufen am 22.11.2024.