durch seinen geist dergleichen in ihrer aller hertzen gewircket haben, auch ferner wir- cken und bekräfftigen wolle. Denn so wird ihren seelen wol seyn, welches alles so genante wohlseyn weit übertrifft.
14. Octobr. 1689.
SECTIO XLV. Freude über die kantnüß mehrerer frommen see- len. Zeiten des gerichts/ da noch nichts kräfftig durch- bricht. Unsere pflicht in solcher zeit.
ALs ich desselben angenehmes schreiben empfangen habe, kan in der wahrheit bezeugen, daß darüber von grund meiner seelen erfreuet worden bin, und davor dem himmlischen Vater danck zu sagen ursach gefunden habe. Jn- dem mir keine grössere freude erwecket werden kan, und auch bey allen gleiches ge- müth seyn solle, als wo ich höre, daß das werck des HErrn mit krafft gehet, und immer mehrere seelen von dem gemeinen heuchel christenthum zu dem rechtschaffe- nen wesen, das in Christo JEsu ist, geführet worden: sodann, wo mich GOtt immer mehrere von denselben kennen lehret, und mich also unter manchem kum- mer über die allgemeine leider vor augen schwebende verderbnüß dadurch wieder- um aufrichtet und erfreuet. Wie ich denn derselbigen, so viel mir GOTT kund werden lässet, in welchem stande sie leben, nachmal vor seinem heiligen augesicht zu gedencken mich verbunden achte, und also unter diesen auch desselben hinkünff- tig nicht vergessen werde. Jch bleibe auch deswegen ihm nicht wenig verbunden vor diese mir durch seine kundgebung und bezeugtes christliche vertrauen gegen mich erweckte freude. Wolte GOTT ich vermöchte seiner und anderer guten freunde hoffnung von mir in aufrichtung vieles guten in diesen landen ein gnü- gen leisten, welches gewißlich meine hertzliche freude seyn solte. Wie ich aber an mir selbst täglich meine gebrechen wahrnehme, so hindern, daß die frucht nicht so reichlich folget, also finde ich insgesamt unsre zeiten und dero umstände so be- wandt, daß es scheinet, es liege ein solches schweres gericht GOttes auf uns, daß kaum einiges rechtschaffenes gutes mehr bey uns von statten gehen will, son- dern GOtt scheinet uns zu werden wie ein born, Jer 10, 18 der nicht mehr qvellen will: so werffen sich allem guten vorhaben, wo man nur etwas anfangt, so viel hindernüssen in den weg, auch gemeiniglich von denjenigen, welche das gute be-
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ARTIC. V. SECT. XLV.
durch ſeinen geiſt dergleichen in ihrer aller hertzen gewircket haben, auch ferner wir- cken und bekraͤfftigen wolle. Denn ſo wird ihren ſeelen wol ſeyn, welches alles ſo genante wohlſeyn weit uͤbertrifft.
14. Octobr. 1689.
SECTIO XLV. Freude uͤber die kantnuͤß mehrerer frommen ſee- len. Zeiten des gerichts/ da noch nichts kraͤfftig durch- bricht. Unſere pflicht in ſolcher zeit.
ALs ich deſſelben angenehmes ſchreiben empfangen habe, kan in der wahꝛheit bezeugen, daß daruͤber von grund meiner ſeelen erfreuet worden bin, und davor dem himmliſchen Vater danck zu ſagen urſach gefunden habe. Jn- dem mir keine groͤſſere freude erwecket werden kan, und auch bey allen gleiches ge- muͤth ſeyn ſolle, als wo ich hoͤre, daß das werck des HErrn mit krafft gehet, und immer mehrere ſeelen von dem gemeinen heuchel chriſtenthum zu dem rechtſchaffe- nen weſen, das in Chriſto JEſu iſt, gefuͤhret worden: ſodann, wo mich GOtt immer mehrere von denſelben kennen lehret, und mich alſo unter manchem kum- mer uͤber die allgemeine leider vor augen ſchwebende verderbnuͤß dadurch wieder- um aufrichtet und erfreuet. Wie ich denn derſelbigen, ſo viel mir GOTT kund werden laͤſſet, in welchem ſtande ſie leben, nachmal vor ſeinem heiligen augeſicht zu gedencken mich verbunden achte, und alſo unter dieſen auch deſſelben hinkuͤnff- tig nicht vergeſſen werde. Jch bleibe auch deswegen ihm nicht wenig verbunden vor dieſe mir durch ſeine kundgebung und bezeugtes chriſtliche vertrauen gegen mich erweckte freude. Wolte GOTT ich vermoͤchte ſeiner und anderer guten freunde hoffnung von mir in aufrichtung vieles guten in dieſen landen ein gnuͤ- gen leiſten, welches gewißlich meine hertzliche freude ſeyn ſolte. Wie ich aber an mir ſelbſt taͤglich meine gebrechen wahrnehme, ſo hindern, daß die frucht nicht ſo reichlich folget, alſo finde ich insgeſamt unſre zeiten und dero umſtaͤnde ſo be- wandt, daß es ſcheinet, es liege ein ſolches ſchweres gericht GOttes auf uns, daß kaum einiges rechtſchaffenes gutes mehr bey uns von ſtatten gehen will, ſon- dern GOtt ſcheinet uns zu werden wie ein born, Jer 10, 18 der nicht mehr qvellen will: ſo werffen ſich allem guten vorhaben, wo man nur etwas anfangt, ſo viel hindernuͤſſen in den weg, auch gemeiniglich von denjenigen, welche das gute be-
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ARTIC. V. SECT. XLV.
durch ſeinen geiſt dergleichen in ihrer aller hertzen gewircket haben, auch ferner wir-
cken und bekraͤfftigen wolle. Denn ſo wird ihren ſeelen wol ſeyn, welches alles ſo
genante wohlſeyn weit uͤbertrifft.
14. Octobr. 1689.
SECTIO XLV.
Freude uͤber die kantnuͤß mehrerer frommen ſee-
len. Zeiten des gerichts/ da noch nichts kraͤfftig durch-
bricht. Unſere pflicht in ſolcher
zeit.
ALs ich deſſelben angenehmes ſchreiben empfangen habe, kan in der wahꝛheit
bezeugen, daß daruͤber von grund meiner ſeelen erfreuet worden bin, und
davor dem himmliſchen Vater danck zu ſagen urſach gefunden habe. Jn-
dem mir keine groͤſſere freude erwecket werden kan, und auch bey allen gleiches ge-
muͤth ſeyn ſolle, als wo ich hoͤre, daß das werck des HErrn mit krafft gehet, und
immer mehrere ſeelen von dem gemeinen heuchel chriſtenthum zu dem rechtſchaffe-
nen weſen, das in Chriſto JEſu iſt, gefuͤhret worden: ſodann, wo mich GOtt
immer mehrere von denſelben kennen lehret, und mich alſo unter manchem kum-
mer uͤber die allgemeine leider vor augen ſchwebende verderbnuͤß dadurch wieder-
um aufrichtet und erfreuet. Wie ich denn derſelbigen, ſo viel mir GOTT kund
werden laͤſſet, in welchem ſtande ſie leben, nachmal vor ſeinem heiligen augeſicht
zu gedencken mich verbunden achte, und alſo unter dieſen auch deſſelben hinkuͤnff-
tig nicht vergeſſen werde. Jch bleibe auch deswegen ihm nicht wenig verbunden
vor dieſe mir durch ſeine kundgebung und bezeugtes chriſtliche vertrauen gegen
mich erweckte freude. Wolte GOTT ich vermoͤchte ſeiner und anderer guten
freunde hoffnung von mir in aufrichtung vieles guten in dieſen landen ein gnuͤ-
gen leiſten, welches gewißlich meine hertzliche freude ſeyn ſolte. Wie ich aber an
mir ſelbſt taͤglich meine gebrechen wahrnehme, ſo hindern, daß die frucht nicht
ſo reichlich folget, alſo finde ich insgeſamt unſre zeiten und dero umſtaͤnde ſo be-
wandt, daß es ſcheinet, es liege ein ſolches ſchweres gericht GOttes auf uns,
daß kaum einiges rechtſchaffenes gutes mehr bey uns von ſtatten gehen will, ſon-
dern GOtt ſcheinet uns zu werden wie ein born, Jer 10, 18 der nicht mehr qvellen
will: ſo werffen ſich allem guten vorhaben, wo man nur etwas anfangt, ſo viel
hindernuͤſſen in den weg, auch gemeiniglich von denjenigen, welche das gute be-
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 643. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/655>, abgerufen am 22.11.2024.
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