wiß nicht unbillig noch zu viel seyen. Mir und andern allen, welchen der schade Josephs zu hertzen gehet (ach daß die zahl derselben grösser wäre!) bleibet nichts mehr übrig, als zu dem HERRN zu seuffzen, der seine gerichte mit grosser barm- hertzigkeit mildern, die bisherige trübsalen, und welche noch folgen mögen, bey o- bern und untern zu rechtschaffener erkäntnüß ihrer schuldigkeit, und wo dawider gesündiget worden, durch seines heiligen Geistes wirckung kräfftig segnen, und uns zu gedultiger ausstehung alles dessen was nachfolgen solle, mit trost, glauben und beständigkeit bereiten wolle. Ausser diesem gebet scheinets fast, ob wolte sonst nichts mehr, was man andre zu retten vornimmt, anschlagen, wiewol man den- noch auch deswegen die hände an der besserung zu arbeiten nicht sincken lassen darff. Dieses mal ruffe noch den Vater der barmhertzigkeit und GOTT alles trostes demüthigst und flehentlich an, welcher gleichwie zu förderst dero beträng- ten und besorglich von freund und feinden ruinirten unterthanen mit trost beyste- hen, sie durch das bisher ausgestandene so viel kräfftiger zu sich ziehen, also den ver- lust des eusserlichen an ihrer seelen heyl ersetzen, und sie zu rechter zeit auch wiedrum leiblich erfreuen, also hiernechst E. Hochgräfl. Gnaden mit derjenigen göttlichen weißheit, wie dero landen geistlich und leibliches heyl zu befördern/ und sie wieder zu gutem stand zu bringen seyen, ausrüsten, sie von allem ihm mißfälligen reini- gen, hingegen mit heiliger sorgfalt vor seine ehre und der anvertrauten wahres be- ste erfüllen, und sie zu einem gesegneten werckzeug der wiederaufrichtung alles bis- her gefallenen machen, was sie zu solchem zweck in seiner forcht vornehmen werden, nach allem wunsch von statten gehen lassen, insgesamt aber, da die zeiten seines ge- richts werden vorbey seyn, aufs neue einige zeiten einer seligen erquickung senden wolle. Er ist der HERR, der alles allein thun kan, und von dem wir auch allein alles gute zu erwarten haben.
22. Octobr. 1689.
SECTIO
Das ſiebende Capitel.
wiß nicht unbillig noch zu viel ſeyen. Mir und andern allen, welchen der ſchade Joſephs zu hertzen gehet (ach daß die zahl derſelben groͤſſer waͤre!) bleibet nichts mehr uͤbrig, als zu dem HERRN zu ſeuffzen, der ſeine gerichte mit groſſer barm- hertzigkeit mildern, die bisherige truͤbſalen, und welche noch folgen moͤgen, bey o- bern und untern zu rechtſchaffener erkaͤntnuͤß ihrer ſchuldigkeit, und wo dawider geſuͤndiget worden, durch ſeines heiligen Geiſtes wirckung kraͤfftig ſegnen, und uns zu gedultiger ausſtehung alles deſſen was nachfolgen ſolle, mit troſt, glauben und beſtaͤndigkeit bereiten wolle. Auſſer dieſem gebet ſcheinets faſt, ob wolte ſonſt nichts mehr, was man andre zu retten vornimmt, anſchlagen, wiewol man den- noch auch deswegen die haͤnde an der beſſerung zu arbeiten nicht ſincken laſſen darff. Dieſes mal ruffe noch den Vater der barmhertzigkeit und GOTT alles troſtes demuͤthigſt und flehentlich an, welcher gleichwie zu foͤrderſt dero betraͤng- ten und beſorglich von freund und feinden ruinirten unterthanen mit troſt beyſte- hen, ſie durch das bisher ausgeſtandene ſo viel kraͤfftiger zu ſich ziehen, alſo den ver- luſt des euſſerlichen an ihrer ſeelen heyl erſetzen, und ſie zu rechter zeit auch wiedrum leiblich erfreuen, alſo hiernechſt E. Hochgraͤfl. Gnaden mit derjenigen goͤttlichen weißheit, wie dero landen geiſtlich und leibliches heyl zu befoͤrdern/ und ſie wieder zu gutem ſtand zu bringen ſeyen, ausruͤſten, ſie von allem ihm mißfaͤlligen reini- gen, hingegen mit heiliger ſorgfalt vor ſeine ehre und der anvertrauten wahres be- ſte erfuͤllen, und ſie zu einem geſegneten werckzeug der wiederaufrichtung alles bis- her gefallenen machen, was ſie zu ſolchem zweck in ſeiner forcht vornehmen werden, nach allem wunſch von ſtatten gehen laſſen, insgeſamt aber, da die zeiten ſeines ge- richts werden vorbey ſeyn, aufs neue einige zeiten einer ſeligen erquickung ſenden wolle. Er iſt der HERR, der alles allein thun kan, und von dem wir auch allein alles gute zu erwarten haben.
22. Octobr. 1689.
SECTIO
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Das ſiebende Capitel.
wiß nicht unbillig noch zu viel ſeyen. Mir und andern allen, welchen der ſchade
Joſephs zu hertzen gehet (ach daß die zahl derſelben groͤſſer waͤre!) bleibet nichts
mehr uͤbrig, als zu dem HERRN zu ſeuffzen, der ſeine gerichte mit groſſer barm-
hertzigkeit mildern, die bisherige truͤbſalen, und welche noch folgen moͤgen, bey o-
bern und untern zu rechtſchaffener erkaͤntnuͤß ihrer ſchuldigkeit, und wo dawider
geſuͤndiget worden, durch ſeines heiligen Geiſtes wirckung kraͤfftig ſegnen, und uns
zu gedultiger ausſtehung alles deſſen was nachfolgen ſolle, mit troſt, glauben und
beſtaͤndigkeit bereiten wolle. Auſſer dieſem gebet ſcheinets faſt, ob wolte ſonſt
nichts mehr, was man andre zu retten vornimmt, anſchlagen, wiewol man den-
noch auch deswegen die haͤnde an der beſſerung zu arbeiten nicht ſincken laſſen
darff. Dieſes mal ruffe noch den Vater der barmhertzigkeit und GOTT alles
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ten und beſorglich von freund und feinden ruinirten unterthanen mit troſt beyſte-
hen, ſie durch das bisher ausgeſtandene ſo viel kraͤfftiger zu ſich ziehen, alſo den ver-
luſt des euſſerlichen an ihrer ſeelen heyl erſetzen, und ſie zu rechter zeit auch wiedrum
leiblich erfreuen, alſo hiernechſt E. Hochgraͤfl. Gnaden mit derjenigen goͤttlichen
weißheit, wie dero landen geiſtlich und leibliches heyl zu befoͤrdern/ und ſie wieder
zu gutem ſtand zu bringen ſeyen, ausruͤſten, ſie von allem ihm mißfaͤlligen reini-
gen, hingegen mit heiliger ſorgfalt vor ſeine ehre und der anvertrauten wahres be-
ſte erfuͤllen, und ſie zu einem geſegneten werckzeug der wiederaufrichtung alles bis-
her gefallenen machen, was ſie zu ſolchem zweck in ſeiner forcht vornehmen werden,
nach allem wunſch von ſtatten gehen laſſen, insgeſamt aber, da die zeiten ſeines ge-
richts werden vorbey ſeyn, aufs neue einige zeiten einer ſeligen erquickung ſenden
wolle. Er iſt der HERR, der alles allein thun kan, und von dem wir auch allein
alles gute zu erwarten haben.
22. Octobr. 1689.
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/658>, abgerufen am 27.07.2024.
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