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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. V. SECTIO L.
keiten hat, vorgenommen hatten, und uns aber der himmlische vater durch ziemlich
käntliche zeugnüssen seinen willen anders weiset, daß wir auch den unsrigen des-
wegen gerne verleugnen und unsere freyheit dem dienst/ dazu er uns ruffet, nicht
vorziehen. Daß aber meine werthe frau samt der geliebten frau mutter solchen
willen GOttes reifflich werde erwogen und geprüffet haben, will ich nicht zweif-
feln, halte michs auch so vielmehr versichert, nachdem nicht weniger christliche
theologi darüber zu rathe gezogen worden, die dann auch alles in der furcht des
HErrn und nach den regeln des gewissens werden überleget haben. Wes we-
gen ich denn mit derselben, was derjenigen christlichen personen ausspruch wegen
der ehe gewesen, vor den willen GOttes erkenne, dem aber wo er erkant wird, als-
denn auch zu folgen ist, wozu ich noch diese ursache setze, daß obwol angeregter mas-
sen, der ledige stand zu geistlichem zweck einigen vortheil an sich selbst hat, unsere zei-
ten gleichwol so bewandt sind, daß eine ledige person, sonderlich weibliches ge-
schlechts, sich schwer eine solche lebensart ausfinden kan, wo sie der bequemlichkeit
GOtt zu dienen in ihrem ledigen stande besser geniessen könte, als ihr der ehliche
stand geben würde. Bey aller solcher bewandnüß ist nichts übrig, als daß, wie ich
zwar auch den HErrn und stiffter der ehe, als ich diese post bekommen, vor dero-
selben beglückung hertzlich angeruffen habe, nochmal seine güte anflehe, alle art des
segens, so er dem ehestand seiner kinder zugesaget, in allen stücken über beyde neue e-
heleute auszugiessen. Er der liebste vater lasse ihnen beyderseits diesen heiligen stand
nicht nur ein bild seyn der vereinigung und vermählung seines sohnes mit ihrer
seelen, zu offtmaliger stärckung ihres glaubens, sondern auch ein mittel ihm
mit zusammengesetzter andacht desto besser zu dienen, ihre haußkirche klüglich an-
zustellen, sich mit exempel und sonsten unter einander zu erbanen: sonderlich daß
ihres geliebtesten herrn theolog sches erkäntnüß zu der ihrigen wachsthum die-
ne, und sie hingegen mit ihrem wandel und leben (indem nunmehro alles was in
dem eusserlichen nach der welt schmecket, und ausser diesem stande bey dem adel
noch wol paßirlich geachtet wird, desto mehr abgeleget werden muß, daß sie jeden
ein exempel der demuth und verschmähung der welt werde) sein heiliges amt zie-
re. Er segne sie an dem leibe nach seinem willen mit leben und gesundheit, auch
leibes-früchten, an denen, deroselben gottseliger erziehung, wie sie denn von dem
ersten augenblick an nicht der welt zugedacht, sondern GOtt geopffert werden sollen,
und endlich wohlgerathung, sie ihn preisen, so dann sich erfreuen mögen. Er se-
gne sie in den euserlichen in ihrer haußhaltung, und dahin gerichteter sorge, also,
daß sie aus seiner hand allezeit finden, was zu ihrer nothdurfft erfordert wird, und
davon auch ihre hand hinwiederum gutes zu thun vermöge. Er segne ihr leben
und umgang mit erhaltung ehelicher liebe und vertraulichkeit unter einander, daß

die-

ARTIC. V. SECTIO L.
keiten hat, vorgenommen hatten, und uns aber der himmliſche vater durch ziemlich
kaͤntliche zeugnuͤſſen ſeinen willen anders weiſet, daß wir auch den unſrigen des-
wegen gerne verleugnen und unſere freyheit dem dienſt/ dazu er uns ruffet, nicht
vorziehen. Daß aber meine werthe frau ſamt der geliebten frau mutter ſolchen
willen GOttes reifflich werde erwogen und gepruͤffet haben, will ich nicht zweif-
feln, halte michs auch ſo vielmehr verſichert, nachdem nicht weniger chriſtliche
theologi daruͤber zu rathe gezogen worden, die dann auch alles in der furcht des
HErrn und nach den regeln des gewiſſens werden uͤberleget haben. Wes we-
gen ich denn mit derſelben, was derjenigen chriſtlichen perſonen ausſpruch wegen
der ehe geweſen, vor den willen GOttes erkenne, dem aber wo er erkant wird, als-
denn auch zu folgen iſt, wozu ich noch dieſe urſache ſetze, daß obwol angeregter maſ-
ſen, der ledige ſtand zu geiſtlichem zweck einigen vortheil an ſich ſelbſt hat, unſere zei-
ten gleichwol ſo bewandt ſind, daß eine ledige perſon, ſonderlich weibliches ge-
ſchlechts, ſich ſchwer eine ſolche lebensart ausfinden kan, wo ſie der bequemlichkeit
GOtt zu dienen in ihrem ledigen ſtande beſſer genieſſen koͤnte, als ihr der ehliche
ſtand geben wuͤrde. Bey aller ſolcher bewandnuͤß iſt nichts uͤbrig, als daß, wie ich
zwar auch den HErrn und ſtiffter der ehe, als ich dieſe poſt bekommen, vor dero-
ſelben begluͤckung hertzlich angeruffen habe, nochmal ſeine guͤte anflehe, alle art des
ſegens, ſo er dem eheſtand ſeiner kinder zugeſaget, in allen ſtuͤcken uͤber beyde neue e-
heleute auszugieſſen. Er der liebſte vater laſſe ihnen beyderſeits dieſen heiligen ſtand
nicht nur ein bild ſeyn der vereinigung und vermaͤhlung ſeines ſohnes mit ihrer
ſeelen, zu offtmaliger ſtaͤrckung ihres glaubens, ſondern auch ein mittel ihm
mit zuſammengeſetzter andacht deſto beſſer zu dienen, ihre haußkirche kluͤglich an-
zuſtellen, ſich mit exempel und ſonſten unter einander zu erbanen: ſonderlich daß
ihres geliebteſten herrn theolog ſches erkaͤntnuͤß zu der ihrigen wachsthum die-
ne, und ſie hingegen mit ihrem wandel und leben (indem nunmehro alles was in
dem euſſerlichen nach der welt ſchmecket, und auſſer dieſem ſtande bey dem adel
noch wol paßirlich geachtet wird, deſto mehr abgeleget werden muß, daß ſie jeden
ein exempel der demuth und verſchmaͤhung der welt werde) ſein heiliges amt zie-
re. Er ſegne ſie an dem leibe nach ſeinem willen mit leben und geſundheit, auch
leibes-fruͤchten, an denen, deroſelben gottſeliger erziehung, wie ſie denn von dem
erſten augenblick an nicht der welt zugedacht, ſondern GOtt geopffert werden ſollen,
und endlich wohlgerathung, ſie ihn preiſen, ſo dann ſich erfreuen moͤgen. Er ſe-
gne ſie in den euſerlichen in ihrer haußhaltung, und dahin gerichteter ſorge, alſo,
daß ſie aus ſeiner hand allezeit finden, was zu ihrer nothdurfft erfordert wird, und
davon auch ihre hand hinwiederum gutes zu thun vermoͤge. Er ſegne ihr leben
und umgang mit erhaltung ehelicher liebe und vertraulichkeit unter einander, daß

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[655/0667] ARTIC. V. SECTIO L. keiten hat, vorgenommen hatten, und uns aber der himmliſche vater durch ziemlich kaͤntliche zeugnuͤſſen ſeinen willen anders weiſet, daß wir auch den unſrigen des- wegen gerne verleugnen und unſere freyheit dem dienſt/ dazu er uns ruffet, nicht vorziehen. Daß aber meine werthe frau ſamt der geliebten frau mutter ſolchen willen GOttes reifflich werde erwogen und gepruͤffet haben, will ich nicht zweif- feln, halte michs auch ſo vielmehr verſichert, nachdem nicht weniger chriſtliche theologi daruͤber zu rathe gezogen worden, die dann auch alles in der furcht des HErrn und nach den regeln des gewiſſens werden uͤberleget haben. Wes we- gen ich denn mit derſelben, was derjenigen chriſtlichen perſonen ausſpruch wegen der ehe geweſen, vor den willen GOttes erkenne, dem aber wo er erkant wird, als- denn auch zu folgen iſt, wozu ich noch dieſe urſache ſetze, daß obwol angeregter maſ- ſen, der ledige ſtand zu geiſtlichem zweck einigen vortheil an ſich ſelbſt hat, unſere zei- ten gleichwol ſo bewandt ſind, daß eine ledige perſon, ſonderlich weibliches ge- ſchlechts, ſich ſchwer eine ſolche lebensart ausfinden kan, wo ſie der bequemlichkeit GOtt zu dienen in ihrem ledigen ſtande beſſer genieſſen koͤnte, als ihr der ehliche ſtand geben wuͤrde. Bey aller ſolcher bewandnuͤß iſt nichts uͤbrig, als daß, wie ich zwar auch den HErrn und ſtiffter der ehe, als ich dieſe poſt bekommen, vor dero- ſelben begluͤckung hertzlich angeruffen habe, nochmal ſeine guͤte anflehe, alle art des ſegens, ſo er dem eheſtand ſeiner kinder zugeſaget, in allen ſtuͤcken uͤber beyde neue e- heleute auszugieſſen. Er der liebſte vater laſſe ihnen beyderſeits dieſen heiligen ſtand nicht nur ein bild ſeyn der vereinigung und vermaͤhlung ſeines ſohnes mit ihrer ſeelen, zu offtmaliger ſtaͤrckung ihres glaubens, ſondern auch ein mittel ihm mit zuſammengeſetzter andacht deſto beſſer zu dienen, ihre haußkirche kluͤglich an- zuſtellen, ſich mit exempel und ſonſten unter einander zu erbanen: ſonderlich daß ihres geliebteſten herrn theolog ſches erkaͤntnuͤß zu der ihrigen wachsthum die- ne, und ſie hingegen mit ihrem wandel und leben (indem nunmehro alles was in dem euſſerlichen nach der welt ſchmecket, und auſſer dieſem ſtande bey dem adel noch wol paßirlich geachtet wird, deſto mehr abgeleget werden muß, daß ſie jeden ein exempel der demuth und verſchmaͤhung der welt werde) ſein heiliges amt zie- re. Er ſegne ſie an dem leibe nach ſeinem willen mit leben und geſundheit, auch leibes-fruͤchten, an denen, deroſelben gottſeliger erziehung, wie ſie denn von dem erſten augenblick an nicht der welt zugedacht, ſondern GOtt geopffert werden ſollen, und endlich wohlgerathung, ſie ihn preiſen, ſo dann ſich erfreuen moͤgen. Er ſe- gne ſie in den euſerlichen in ihrer haußhaltung, und dahin gerichteter ſorge, alſo, daß ſie aus ſeiner hand allezeit finden, was zu ihrer nothdurfft erfordert wird, und davon auch ihre hand hinwiederum gutes zu thun vermoͤge. Er ſegne ihr leben und umgang mit erhaltung ehelicher liebe und vertraulichkeit unter einander, daß die-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/667>, abgerufen am 22.11.2024.