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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
ne instans giebet, den majorem solches syllogismi um zu stossen, welcher dahin lau-
ten müste, daß was einem, nothwendig auch dem andern, heilwertig wäre. Daß
ferner GOtt seine güter allein in gewisser ordnung zu geniessen gebe, ist wahr, daher
die frucht des heil. abendmahls, die etwas blos geistliches ist, kan nicht ohne glau-
ben genossen werden, krafft göttlicher ordnung. Was aber den leib und blut des
HErrn anlangt, dero essen und trincken mit brod und wein sacramentlich geschie-
het, werden sie also empfangen von allen denen, die das brod und wein empfangen,
mit denen sie sacramentlich vereiniget. Und dahin gehet die göttliche ordnung.
Daß auch in des gottlosen macht und gewalt nicht stehe, mit dem leib u. blut Chri-
sti um zu gehen, wie er wolle, ist eine unwidersprechliche wahrheit, dero gegentheil
nicht besser als eine gottes-lästerung zu achten wäre: indessen bleibet seiner ehre un-
nachtheilig, daß er auch gottlosen verhenge, was aus krafft seiner einsetzung fol-
get. Daher vermögen gottlose in dieser sache nicht mehr zu thun, als daß sie den
leib und blut des HErrn sacramentlich empfangen, ohne etwas ferner demselben an-
zuhaben, das ihm in der that nachtheilig wäre, oder schaden, der sie alleine betrifft,
wircklich zufügte. Das brauchende gleichnüß des worts GOttes nehme ich auf
gewisse weise gerne an, denn-es kommet dessen krafft auch bey den gottlosen nicht al-
lein an das hertz, sondern zuweilen in das hertz, und fänget in demselben seine wir-
ckung an. Wie wir sehen Ap gesch. VII. v. 54. da das wort Stephani seinen zuhö-
rern durchs hertze gehet, und dasselbe dermassen beweget, daß wegen ihres boßhaff-
tigen widerstrebens die erst gute wirckung bey ihnen zu viel mehrer wuth ausschlä-
get: also bliebe es nicht nur äusserlich sondern drang innerlich ein. Wiederum als
Felix Paulum hörete, Ap. Gesch. XXIV, 25. rührete das wort Pauli nicht allein
das hertz Felicis gleichsam von aussen, sondern es drang so tief ein, daß er darüber
erschrack. Ja wird man sagen, es habe gleichwol seine wohnung nicht in solcher leu-
te hertzen genommen, noch seye solcher saamen GOttes in ihnen geblieben, wie die
rede lautet 1. Jo. III. v. 9. Dieses gestehe ich, es schicket sich aber zu meiner lehre mehr
als daß es dieselbe aufheben solte. Dann wie das wort Gottes und des geistes krafft,
die dabey ist, gleichwol in das hertz eindringt, und in demselben zu wircken anfängt,
aber weil dem geist widerstanden wird, derselbe seine wohnung darinnen nicht
nehmen kan, sondern wieder weicht; so wird zwar der leib und das blut CHri-
st wircklich mit dem munde in dem Sacrament empfangen, bereit in demselben
zu wircken; weil aber der unglaube allen heilsamen wirckungen entgegen stehet,
nimmet er seine wohnung nicht da, sondern weichet wiederum, daß also dem men-
schen kein nutze darvon wiederfähret. Daß eingewendet wird, man könne
nicht begreiffen, wie die unwürdige den leib und das blut CHristi empfangen, es-
sen und trincken, weil das empfangen und geniessen nicht ohne einigen nutzen vor-
gestellet werden könte: so wolte ichs wol passiren lassen, daß insgesamt das em-
pfangen des leibes und blutes CHristi nicht begreiflich sey, als welches ein geheim-

nüß

Das ſiebende Capitel.
ne inſtans giebet, den majorem ſolches ſyllogismi um zu ſtoſſen, welcher dahin lau-
ten muͤſte, daß was einem, nothwendig auch dem andern, heilwertig waͤre. Daß
ferner GOtt ſeine guͤter allein in gewiſſer ordnung zu genieſſen gebe, iſt wahr, daher
die frucht des heil. abendmahls, die etwas blos geiſtliches iſt, kan nicht ohne glau-
ben genoſſen werden, krafft goͤttlicher ordnung. Was aber den leib und blut des
HErrn anlangt, dero eſſen und trincken mit brod und wein ſacramentlich geſchie-
het, werden ſie alſo empfangen von allen denen, die das brod und wein empfangen,
mit denen ſie ſacramentlich vereiniget. Und dahin gehet die goͤttliche ordnung.
Daß auch in des gottloſen macht und gewalt nicht ſtehe, mit dem leib u. blut Chri-
ſti um zu gehen, wie er wolle, iſt eine unwiderſprechliche wahrheit, dero gegentheil
nicht beſſer als eine gottes-laͤſterung zu achten waͤre: indeſſen bleibet ſeiner ehre un-
nachtheilig, daß er auch gottloſen verhenge, was aus krafft ſeiner einſetzung fol-
get. Daher vermoͤgen gottloſe in dieſer ſache nicht mehr zu thun, als daß ſie den
leib und blut des HErꝛn ſacramentlich empfangen, ohne etwas ferner demſelben an-
zuhaben, das ihm in der that nachtheilig waͤre, oder ſchaden, der ſie alleine betrifft,
wircklich zufuͤgte. Das brauchende gleichnuͤß des worts GOttes nehme ich auf
gewiſſe weiſe gerne an, denn-es kommet deſſen krafft auch bey den gottloſen nicht al-
lein an das hertz, ſondern zuweilen in das hertz, und faͤnget in demſelben ſeine wir-
ckung an. Wie wir ſehen Ap geſch. VII. v. 54. da das wort Stephani ſeinen zuhoͤ-
rern durchs hertze gehet, und daſſelbe dermaſſen beweget, daß wegen ihres boßhaff-
tigen widerſtrebens die erſt gute wirckung bey ihnen zu viel mehrer wuth ausſchlaͤ-
get: alſo bliebe es nicht nur aͤuſſerlich ſondern drang innerlich ein. Wiederum als
Felix Paulum hoͤrete, Ap. Geſch. XXIV, 25. ruͤhrete das wort Pauli nicht allein
das hertz Felicis gleichſam von auſſen, ſondern es drang ſo tief ein, daß er daruͤber
erſchrack. Ja wird man ſagen, es habe gleichwol ſeine wohnung nicht in ſolcher leu-
te hertzen genommen, noch ſeye ſolcher ſaamen GOttes in ihnen geblieben, wie die
rede lautet 1. Jo. III. v. 9. Dieſes geſtehe ich, es ſchicket ſich aber zu meiner lehre mehr
als daß es dieſelbe aufheben ſolte. Dañ wie das wort Gottes und des geiſtes krafft,
die dabey iſt, gleichwol in das hertz eindringt, und in demſelben zu wircken anfaͤngt,
aber weil dem geiſt widerſtanden wird, derſelbe ſeine wohnung darinnen nicht
nehmen kan, ſondern wieder weicht; ſo wird zwar der leib und das blut CHri-
ſt wircklich mit dem munde in dem Sacrament empfangen, bereit in demſelben
zu wircken; weil aber der unglaube allen heilſamen wirckungen entgegen ſtehet,
nimmet er ſeine wohnung nicht da, ſondern weichet wiederum, daß alſo dem men-
ſchen kein nutze darvon wiederfaͤhret. Daß eingewendet wird, man koͤnne
nicht begreiffen, wie die unwuͤrdige den leib und das blut CHriſti empfangen, eſ-
ſen und trincken, weil das empfangen und genieſſen nicht ohne einigen nutzen vor-
geſtellet werden koͤnte: ſo wolte ichs wol paſſiren laſſen, daß insgeſamt das em-
pfangen des leibes und blutes CHriſti nicht begreiflich ſey, als welches ein geheim-

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[724/0736] Das ſiebende Capitel. ne inſtans giebet, den majorem ſolches ſyllogismi um zu ſtoſſen, welcher dahin lau- ten muͤſte, daß was einem, nothwendig auch dem andern, heilwertig waͤre. Daß ferner GOtt ſeine guͤter allein in gewiſſer ordnung zu genieſſen gebe, iſt wahr, daher die frucht des heil. abendmahls, die etwas blos geiſtliches iſt, kan nicht ohne glau- ben genoſſen werden, krafft goͤttlicher ordnung. Was aber den leib und blut des HErrn anlangt, dero eſſen und trincken mit brod und wein ſacramentlich geſchie- het, werden ſie alſo empfangen von allen denen, die das brod und wein empfangen, mit denen ſie ſacramentlich vereiniget. Und dahin gehet die goͤttliche ordnung. Daß auch in des gottloſen macht und gewalt nicht ſtehe, mit dem leib u. blut Chri- ſti um zu gehen, wie er wolle, iſt eine unwiderſprechliche wahrheit, dero gegentheil nicht beſſer als eine gottes-laͤſterung zu achten waͤre: indeſſen bleibet ſeiner ehre un- nachtheilig, daß er auch gottloſen verhenge, was aus krafft ſeiner einſetzung fol- get. Daher vermoͤgen gottloſe in dieſer ſache nicht mehr zu thun, als daß ſie den leib und blut des HErꝛn ſacramentlich empfangen, ohne etwas ferner demſelben an- zuhaben, das ihm in der that nachtheilig waͤre, oder ſchaden, der ſie alleine betrifft, wircklich zufuͤgte. Das brauchende gleichnuͤß des worts GOttes nehme ich auf gewiſſe weiſe gerne an, denn-es kommet deſſen krafft auch bey den gottloſen nicht al- lein an das hertz, ſondern zuweilen in das hertz, und faͤnget in demſelben ſeine wir- ckung an. Wie wir ſehen Ap geſch. VII. v. 54. da das wort Stephani ſeinen zuhoͤ- rern durchs hertze gehet, und daſſelbe dermaſſen beweget, daß wegen ihres boßhaff- tigen widerſtrebens die erſt gute wirckung bey ihnen zu viel mehrer wuth ausſchlaͤ- get: alſo bliebe es nicht nur aͤuſſerlich ſondern drang innerlich ein. Wiederum als Felix Paulum hoͤrete, Ap. Geſch. XXIV, 25. ruͤhrete das wort Pauli nicht allein das hertz Felicis gleichſam von auſſen, ſondern es drang ſo tief ein, daß er daruͤber erſchrack. Ja wird man ſagen, es habe gleichwol ſeine wohnung nicht in ſolcher leu- te hertzen genommen, noch ſeye ſolcher ſaamen GOttes in ihnen geblieben, wie die rede lautet 1. Jo. III. v. 9. Dieſes geſtehe ich, es ſchicket ſich aber zu meiner lehre mehr als daß es dieſelbe aufheben ſolte. Dañ wie das wort Gottes und des geiſtes krafft, die dabey iſt, gleichwol in das hertz eindringt, und in demſelben zu wircken anfaͤngt, aber weil dem geiſt widerſtanden wird, derſelbe ſeine wohnung darinnen nicht nehmen kan, ſondern wieder weicht; ſo wird zwar der leib und das blut CHri- ſt wircklich mit dem munde in dem Sacrament empfangen, bereit in demſelben zu wircken; weil aber der unglaube allen heilſamen wirckungen entgegen ſtehet, nimmet er ſeine wohnung nicht da, ſondern weichet wiederum, daß alſo dem men- ſchen kein nutze darvon wiederfaͤhret. Daß eingewendet wird, man koͤnne nicht begreiffen, wie die unwuͤrdige den leib und das blut CHriſti empfangen, eſ- ſen und trincken, weil das empfangen und genieſſen nicht ohne einigen nutzen vor- geſtellet werden koͤnte: ſo wolte ichs wol paſſiren laſſen, daß insgeſamt das em- pfangen des leibes und blutes CHriſti nicht begreiflich ſey, als welches ein geheim- nuͤß

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/736>, abgerufen am 22.11.2024.