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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
nes billich praevaliren sollen. Jm übrigen bedancke mich gegen meinen werth-
geachteten bruder der freundlichen communication der von einigen orten
her gemachten scrupeln, so mir eine sonderbare freundschafft ist, mich hinwie-
der zu aller brüderlichen treu verbindende.

SECTIO XV.
Von nennung des namens JEsu ohne ehrer-
bietung. Ob von dem heiligen Geist gnug gehandelt wer-
de. Von dem gebet vor die kinder in mutterleib. Ob eine
gloßirte allgemeine Bibel nützlich. Gedächtnüß-wörter:
Gedächtnüß-sprüche in hebräischer sprache. Dieser wich-
tigkeit. Musicalische hebräische sprüche. Gebet ob
in der grund-sprach zu thun?
1.
VOr das freundliche und gute vertrauen zu meiner wenigkeit sage ich
freundlichen danck, und erbiets mich zu aller Christlich und brüder-
lichen liebes-bezeugung. Auf die vorgelegte fragen gebe ich diese
meine einfältige gedancken und antwort. 1. Jst freylich ein böser sträflicher
gebrauch mit der anziehung des heiligsten namens JESU, ohne ge-
ziehmende ehrerbietung und devotion. Jch habe nicht nur denselben
berühret in der Catechismus-erklärung, sondern in der kinder-lehr und
predigten, wo man die gelegenheit hat, wirds nicht unterlassen, die leute
davon zu erinnern. Wie wir dann hier der leute auch nicht wenig ha-
ben, welche ihnen solches von kindheit an angewehnet, da man offt vor deme
als ein stück einer gottseligkeit geachtet, wo man den namen GOTTes offt
in dem munde führte. Jndessen wolte ich nimmer sagen, daß solche sünde
ärger und grösser seye, als morden und stehlen. Dann es bleibet die re-
gel wahr, daß die sünden der ersten tafel schwerer seyn, als der andern, a-
ber alsdann wo in dem übrigen die umstände gleich sind. Es pfleget aber
insgemein bey jener sünde des mißbrauchs göttlichen namens nicht so viele
boßheit zu seyn, als bey morden, stehlen, und andern dergleichen: Sondern
es ist gemeiniglich bey einigen gar eine unwissenheit, daß es sünde sey, bey an-
dern eine gewohnheit von jugend auf, daß sie deroselben nicht gewahr wer-
den. Jn welcher art sünden mehr schwachheit als boßheit sich meistens
findet. Dann da die geringhaltung GOttes das formale ist, darinnen sol-
che sünde bestehet (denn allerdings indeme ist es allein sünde, weil solcher
name, der die hohe majestät GOTTes bedeutet, gebraucht, und nicht zu-
gleich

Das ſiebende Capitel.
nes billich prævaliren ſollen. Jm uͤbrigen bedancke mich gegen meinen werth-
geachteten bruder der freundlichen communication der von einigen orten
her gemachten ſcrupeln, ſo mir eine ſonderbare freundſchafft iſt, mich hinwie-
der zu aller bruͤderlichen treu verbindende.

SECTIO XV.
Von nennung des namens JEſu ohne ehrer-
bietung. Ob von dem heiligen Geiſt gnug gehandelt wer-
de. Von dem gebet vor die kinder in mutterleib. Ob eine
gloßirte allgemeine Bibel nuͤtzlich. Gedaͤchtnuͤß-woͤrter:
Gedaͤchtnuͤß-ſpruͤche in hebraͤiſcher ſprache. Dieſer wich-
tigkeit. Muſicaliſche hebraͤiſche ſpruͤche. Gebet ob
in der grund-ſprach zu thun?
1.
VOr das freundliche und gute vertrauen zu meiner wenigkeit ſage ich
freundlichen danck, und erbiets mich zu aller Chriſtlich und bruͤder-
lichen liebes-bezeugung. Auf die vorgelegte fragen gebe ich dieſe
meine einfaͤltige gedancken und antwort. 1. Jſt freylich ein boͤſer ſtraͤflicher
gebrauch mit der anziehung des heiligſten namens JESU, ohne ge-
ziehmende ehrerbietung und devotion. Jch habe nicht nur denſelben
beruͤhret in der Catechiſmus-erklaͤrung, ſondern in der kinder-lehr und
predigten, wo man die gelegenheit hat, wirds nicht unterlaſſen, die leute
davon zu erinnern. Wie wir dann hier der leute auch nicht wenig ha-
ben, welche ihnen ſolches von kindheit an angewehnet, da man offt vor deme
als ein ſtuͤck einer gottſeligkeit geachtet, wo man den namen GOTTes offt
in dem munde fuͤhrte. Jndeſſen wolte ich nimmer ſagen, daß ſolche ſuͤnde
aͤrger und groͤſſer ſeye, als morden und ſtehlen. Dann es bleibet die re-
gel wahr, daß die ſuͤnden der erſten tafel ſchwerer ſeyn, als der andern, a-
ber alsdann wo in dem uͤbrigen die umſtaͤnde gleich ſind. Es pfleget aber
insgemein bey jener ſuͤnde des mißbrauchs goͤttlichen namens nicht ſo viele
boßheit zu ſeyn, als bey morden, ſtehlen, und andern dergleichen: Sondern
es iſt gemeiniglich bey einigen gar eine unwiſſenheit, daß es ſuͤnde ſey, bey an-
dern eine gewohnheit von jugend auf, daß ſie deroſelben nicht gewahr wer-
den. Jn welcher art ſuͤnden mehr ſchwachheit als boßheit ſich meiſtens
findet. Dann da die geringhaltung GOttes das formale iſt, darinnen ſol-
che ſuͤnde beſtehet (denn allerdings indeme iſt es allein ſuͤnde, weil ſolcher
name, der die hohe majeſtaͤt GOTTes bedeutet, gebraucht, und nicht zu-
gleich
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[74/0086] Das ſiebende Capitel. nes billich prævaliren ſollen. Jm uͤbrigen bedancke mich gegen meinen werth- geachteten bruder der freundlichen communication der von einigen orten her gemachten ſcrupeln, ſo mir eine ſonderbare freundſchafft iſt, mich hinwie- der zu aller bruͤderlichen treu verbindende. 1681. SECTIO XV. Von nennung des namens JEſu ohne ehrer- bietung. Ob von dem heiligen Geiſt gnug gehandelt wer- de. Von dem gebet vor die kinder in mutterleib. Ob eine gloßirte allgemeine Bibel nuͤtzlich. Gedaͤchtnuͤß-woͤrter: Gedaͤchtnuͤß-ſpruͤche in hebraͤiſcher ſprache. Dieſer wich- tigkeit. Muſicaliſche hebraͤiſche ſpruͤche. Gebet ob in der grund-ſprach zu thun? 1. VOr das freundliche und gute vertrauen zu meiner wenigkeit ſage ich freundlichen danck, und erbiets mich zu aller Chriſtlich und bruͤder- lichen liebes-bezeugung. Auf die vorgelegte fragen gebe ich dieſe meine einfaͤltige gedancken und antwort. 1. Jſt freylich ein boͤſer ſtraͤflicher gebrauch mit der anziehung des heiligſten namens JESU, ohne ge- ziehmende ehrerbietung und devotion. Jch habe nicht nur denſelben beruͤhret in der Catechiſmus-erklaͤrung, ſondern in der kinder-lehr und predigten, wo man die gelegenheit hat, wirds nicht unterlaſſen, die leute davon zu erinnern. Wie wir dann hier der leute auch nicht wenig ha- ben, welche ihnen ſolches von kindheit an angewehnet, da man offt vor deme als ein ſtuͤck einer gottſeligkeit geachtet, wo man den namen GOTTes offt in dem munde fuͤhrte. Jndeſſen wolte ich nimmer ſagen, daß ſolche ſuͤnde aͤrger und groͤſſer ſeye, als morden und ſtehlen. Dann es bleibet die re- gel wahr, daß die ſuͤnden der erſten tafel ſchwerer ſeyn, als der andern, a- ber alsdann wo in dem uͤbrigen die umſtaͤnde gleich ſind. Es pfleget aber insgemein bey jener ſuͤnde des mißbrauchs goͤttlichen namens nicht ſo viele boßheit zu ſeyn, als bey morden, ſtehlen, und andern dergleichen: Sondern es iſt gemeiniglich bey einigen gar eine unwiſſenheit, daß es ſuͤnde ſey, bey an- dern eine gewohnheit von jugend auf, daß ſie deroſelben nicht gewahr wer- den. Jn welcher art ſuͤnden mehr ſchwachheit als boßheit ſich meiſtens findet. Dann da die geringhaltung GOttes das formale iſt, darinnen ſol- che ſuͤnde beſtehet (denn allerdings indeme iſt es allein ſuͤnde, weil ſolcher name, der die hohe majeſtaͤt GOTTes bedeutet, gebraucht, und nicht zu- gleich

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/86>, abgerufen am 25.11.2024.