Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

Bild:
<< vorherige Seite

allgemach auch zu recht gebracht werden.
Und freundlich/ daß sie mit geberden/ wor-
ten und wercken sich gütig bezeiget/ und sich
von dem nechsten zu seinem besten gebrau-
chen lässet/ damit dieser möge nutzen von ihr
haben/ ohne bitterkeit oder auch zurück hal-
ten. Die liebe eifert nicht/ das ist/ sie miß-
gönnet niemand was er hat/ was ihm Gott
gönnet und giebet/ ohne neid/ sondern viel-
mehr mit einer freude/ daß ihme wol gehet/
ob auch sie hingegen in beschwerlicherem
stande lebte. Die liebe treibet nicht
muthwillen:
daß sie hinterlistig mit dem
nechsten umgienge/ ihn zu betriegen/ und ihm
schalckheit zu erzeigen/ sondern befleißiget
sich in allem einer auffrichtigen einfalt. Sie
blähet sich nicht.
Das ist/ sie üherhebet
sich über niemand/ noch machet sich grosse
einbildungen/ oder will von andern hochge-
halten seyn. Sie stellet sich nicht unge-
bärdig/
weder mit zorn/ wo man ihr nicht
in allen stücken zu willen wird/ daß sie in ge-
bärden und worten sich grimmig erwiese/
noch auch mit einigen unverschämten wor-
ten und thaten/ andere zu beschämen/ und
etwas wider Christliche zucht zu thun. Sie
suchetnicht das ihre.
Es ist ihr um ihre

ehre/

allgemach auch zu recht gebracht werden.
Und fꝛeundlich/ daß ſie mit geberden/ woꝛ-
ten und wercken ſich gütig bezeiget/ und ſich
von dem nechſten zu ſeinem beſten gebrau-
chen laͤſſet/ damit dieſer moͤge nutzen von ihr
haben/ ohne bitterkeit oder auch zurück hal-
ten. Die liebe eifert nicht/ das iſt/ ſie miß-
goͤnnet niemand was er hat/ was ihm Gott
goͤnnet und giebet/ ohne neid/ ſondern viel-
mehr mit einer freude/ daß ihme wol gehet/
ob auch ſie hingegen in beſchwerlicherem
ſtande lebte. Die liebe treibet nicht
muthwillen:
daß ſie hinterliſtig mit dem
nechſten umgienge/ ihn zu betriegẽ/ und ihm
ſchalckheit zu erzeigen/ ſondern befleißiget
ſich in allem einer auffrichtigen einfalt. Sie
blaͤhet ſich nicht.
Das iſt/ ſie üherhebet
ſich über niemand/ noch machet ſich groſſe
einbildungen/ oder will von andern hochge-
halten ſeyn. Sie ſtellet ſich nicht unge-
baͤrdig/
weder mit zorn/ wo man ihr nicht
in allen ſtücken zu willen wird/ daß ſie in ge-
baͤrden und worten ſich grimmig erwieſe/
noch auch mit einigen unverſchaͤmten wor-
ten und thaten/ andere zu beſchämen/ und
etwas wider Chriſtliche zucht zu thun. Sie
ſuchetnicht das ihre.
Es iſt ihr um ihre

ehre/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0214" n="152"/>
allgemach auch zu recht gebracht werden.<lb/><hi rendition="#fr">Und f&#xA75B;eundlich/</hi> daß &#x017F;ie mit geberden/ wo&#xA75B;-<lb/>
ten und wercken &#x017F;ich gütig bezeiget/ und &#x017F;ich<lb/>
von dem nech&#x017F;ten zu &#x017F;einem be&#x017F;ten gebrau-<lb/>
chen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ damit die&#x017F;er mo&#x0364;ge nutzen von ihr<lb/>
haben/ ohne bitterkeit oder auch zurück hal-<lb/>
ten. <hi rendition="#fr">Die liebe eifert nicht/</hi> das i&#x017F;t/ &#x017F;ie miß-<lb/>
go&#x0364;nnet niemand was er hat/ was ihm Gott<lb/>
go&#x0364;nnet und giebet/ ohne neid/ &#x017F;ondern viel-<lb/>
mehr mit einer freude/ daß ihme wol gehet/<lb/>
ob auch &#x017F;ie hingegen in be&#x017F;chwerlicherem<lb/>
&#x017F;tande lebte. <hi rendition="#fr">Die liebe treibet nicht<lb/>
muthwillen:</hi> daß &#x017F;ie hinterli&#x017F;tig mit dem<lb/>
nech&#x017F;ten umgienge/ ihn zu betriege&#x0303;/ und ihm<lb/>
&#x017F;chalckheit zu erzeigen/ &#x017F;ondern befleißiget<lb/>
&#x017F;ich in allem einer auffrichtigen einfalt. <hi rendition="#fr">Sie<lb/>
bla&#x0364;het &#x017F;ich nicht.</hi> Das i&#x017F;t/ &#x017F;ie üherhebet<lb/>
&#x017F;ich über niemand/ noch machet &#x017F;ich gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
einbildungen/ oder will von andern hochge-<lb/>
halten &#x017F;eyn. <hi rendition="#fr">Sie &#x017F;tellet &#x017F;ich nicht unge-<lb/>
ba&#x0364;rdig/</hi> weder mit zorn/ wo man ihr nicht<lb/>
in allen &#x017F;tücken zu willen wird/ daß &#x017F;ie in ge-<lb/>
ba&#x0364;rden und worten &#x017F;ich grimmig erwie&#x017F;e/<lb/>
noch auch mit einigen unver&#x017F;cha&#x0364;mten wor-<lb/>
ten und thaten/ andere zu be&#x017F;chämen/ und<lb/>
etwas wider Chri&#x017F;tliche zucht zu thun. <hi rendition="#fr">Sie<lb/>
&#x017F;uchetnicht das ihre.</hi> Es i&#x017F;t ihr um ihre<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ehre/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0214] allgemach auch zu recht gebracht werden. Und fꝛeundlich/ daß ſie mit geberden/ woꝛ- ten und wercken ſich gütig bezeiget/ und ſich von dem nechſten zu ſeinem beſten gebrau- chen laͤſſet/ damit dieſer moͤge nutzen von ihr haben/ ohne bitterkeit oder auch zurück hal- ten. Die liebe eifert nicht/ das iſt/ ſie miß- goͤnnet niemand was er hat/ was ihm Gott goͤnnet und giebet/ ohne neid/ ſondern viel- mehr mit einer freude/ daß ihme wol gehet/ ob auch ſie hingegen in beſchwerlicherem ſtande lebte. Die liebe treibet nicht muthwillen: daß ſie hinterliſtig mit dem nechſten umgienge/ ihn zu betriegẽ/ und ihm ſchalckheit zu erzeigen/ ſondern befleißiget ſich in allem einer auffrichtigen einfalt. Sie blaͤhet ſich nicht. Das iſt/ ſie üherhebet ſich über niemand/ noch machet ſich groſſe einbildungen/ oder will von andern hochge- halten ſeyn. Sie ſtellet ſich nicht unge- baͤrdig/ weder mit zorn/ wo man ihr nicht in allen ſtücken zu willen wird/ daß ſie in ge- baͤrden und worten ſich grimmig erwieſe/ noch auch mit einigen unverſchaͤmten wor- ten und thaten/ andere zu beſchämen/ und etwas wider Chriſtliche zucht zu thun. Sie ſuchetnicht das ihre. Es iſt ihr um ihre ehre/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/214
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/214>, abgerufen am 19.05.2024.