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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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aus dem redlichen kampff gegen die auffstei-
gende ungedultige gedancken ist nichts de-
sto weniger die versicherung der Göttlichen
gnade dabey. Der andere grad ist/ da ein
gläubiger zwar nach dem eusserlichen men-
schen sein leyden fühlet/ aber nach dem in-
nerlichen wol damit zu frieden ist/ die ein-
streuungen des fleisches nunmehr leichter
niedertrucket/ und warhafftig in seiner see-
le findet/ daß aus erkäntniß Göttlichen wil-
lens und des geistlichen nutzens/ der sich zu
seiner zeit offenbaren werde/ ers nicht an-
ders verlangte/ und also dabey eine ruhe in
seinem hertzen hat/ weil ers gleichwol vor
eine wolthat erkennet/ auch deswegen im
Geist Gott davor dancket/ nur daß die em-
pfindlichkeit des eusserlichen menschen keine
freude darüber fühlen lässet. Dieses ist be-
reits ein hoher grad/ jedoch ist 3. dieser der
höchste/
wo der leydende die natürliche wi-
dersetzligkeit gegen das leyden dermassen ü-
berwunden hat/ daß er aus der erkäntniß/
wie er das leyden mit glaubens- und nicht
mit fleisches-augen anzusehen habe/ war-
hafftig eine freude in seiner seele darüber
empfindet/ und dasselbe vor eine der grösse-
sten wolthaten hält. Das ist alsdenn der

cha-

aus dem redlichen kampff gegen die auffſtei-
gende ungedultige gedancken iſt nichts de-
ſto weniger die verſicherung der Goͤttlichen
gnade dabey. Der andere grad iſt/ da ein
glaͤubiger zwar nach dem euſſerlichen men-
ſchen ſein leyden fühlet/ aber nach dem in-
nerlichen wol damit zu frieden iſt/ die ein-
ſtreuungen des fleiſches nunmehr leichter
niedertrucket/ und warhafftig in ſeiner ſee-
le findet/ daß aus erkaͤntniß Goͤttlichen wil-
lens und des geiſtlichen nutzens/ der ſich zu
ſeiner zeit offenbaren werde/ ers nicht an-
ders verlangte/ und alſo dabey eine ruhe in
ſeinem hertzen hat/ weil ers gleichwol vor
eine wolthat erkennet/ auch deswegen im
Geiſt Gott davor dancket/ nur daß die em-
pfindlichkeit des euſſerlichen menſchen keine
freude darüber fühlen laͤſſet. Dieſes iſt be-
reits ein hoher grad/ jedoch iſt 3. dieſer der
hoͤchſte/
wo der leydende die natürliche wi-
derſetzligkeit gegen das leyden dermaſſen ü-
berwunden hat/ daß er aus der erkaͤntniß/
wie er das leyden mit glaubens- und nicht
mit fleiſches-augen anzuſehen habe/ war-
hafftig eine freude in ſeiner ſeele darüber
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ſten wolthaten haͤlt. Das iſt alsdenn der

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[230/0292] aus dem redlichen kampff gegen die auffſtei- gende ungedultige gedancken iſt nichts de- ſto weniger die verſicherung der Goͤttlichen gnade dabey. Der andere grad iſt/ da ein glaͤubiger zwar nach dem euſſerlichen men- ſchen ſein leyden fühlet/ aber nach dem in- nerlichen wol damit zu frieden iſt/ die ein- ſtreuungen des fleiſches nunmehr leichter niedertrucket/ und warhafftig in ſeiner ſee- le findet/ daß aus erkaͤntniß Goͤttlichen wil- lens und des geiſtlichen nutzens/ der ſich zu ſeiner zeit offenbaren werde/ ers nicht an- ders verlangte/ und alſo dabey eine ruhe in ſeinem hertzen hat/ weil ers gleichwol vor eine wolthat erkennet/ auch deswegen im Geiſt Gott davor dancket/ nur daß die em- pfindlichkeit des euſſerlichen menſchen keine freude darüber fühlen laͤſſet. Dieſes iſt be- reits ein hoher grad/ jedoch iſt 3. dieſer der hoͤchſte/ wo der leydende die natürliche wi- derſetzligkeit gegen das leyden dermaſſen ü- berwunden hat/ daß er aus der erkaͤntniß/ wie er das leyden mit glaubens- und nicht mit fleiſches-augen anzuſehen habe/ war- hafftig eine freude in ſeiner ſeele darüber empfindet/ und daſſelbe vor eine der groͤſſe- ſten wolthaten haͤlt. Das iſt alsdenn der cha-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/292>, abgerufen am 25.11.2024.