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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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dige in der erden ligende wurtzel/ die man
nicht siehet/ schliessen kan.

§. 94.

Sonderlich haben solche Christli-
che seelen 3. zu mercken/ daß ihre hertzliche
sorgfalt vor ihre seligkeit und dero gewißheit/
die begierde nach der gnade Gottes und der-
selben versicherung/ das verlangen alle ihre
wercke in und aus der gnade zu thun/ das
innerliche bestreben in allem dem himmlischen
Vater treulich zu dienen/ und ihn auch an
sich zu ehren/ die betrübnis über die sünde/
welche ihnen das gewissen vorstellet/ über
die versäumnis eines grossen theils ihres le-
bens/ so sie etwa ohne solche ernstliche sorge
zugebracht/ ja über die sünde/ so ihnen immer
anklebet/ oder über die verderbnus/ welche
sie an sich sehen/ und daraus leicht warneh-
men/ daß sie es nimmer so weit in diesem
fleisch bringen können/ als sie gerne wolten/
um in allem dem HErrn recht zugefallen/
die demuth/ darinnen sie sich deswegen vor
Gott stäts finden/ ja auch gegen den nechsten/
an dem sie mehr gutes als bey sich zu sehen
meynen/ das heimliche seufftzen/ so fast im-
mer deswegen bey ihnen ist/ auch da sie eben
an das formliche gebet nicht gedencken; daß/
sage ich/ dieses und was mehr dieser art

seyn
N

dige in der erden ligende wurtzel/ die man
nicht ſiehet/ ſchlieſſen kan.

§. 94.

Sonderlich haben ſolche Chriſtli-
che ſeelen 3. zu mercken/ daß ihre hertzliche
ſorgfalt vor ihre ſeligkeit uñ dero gewißheit/
die begierde nach der gnade Gottes und der-
ſelben verſicherung/ das verlangen alle ihre
wercke in und aus der gnade zu thun/ das
innerliche beſtreben in allem dem him̃liſchen
Vater treulich zu dienen/ und ihn auch an
ſich zu ehren/ die betrübnis über die ſünde/
welche ihnen das gewiſſen vorſtellet/ über
die verſaͤumnis eines groſſen theils ihres le-
bens/ ſo ſie etwa ohne ſolche ernſtliche ſorge
zugebracht/ ja über die ſünde/ ſo ihnen immer
anklebet/ oder über die verderbnus/ welche
ſie an ſich ſehen/ und daraus leicht warneh-
men/ daß ſie es nimmer ſo weit in dieſem
fleiſch bringen koͤnnen/ als ſie gerne wolten/
um in allem dem HErrn recht zugefallen/
die demuth/ darinnen ſie ſich deswegen vor
Gott ſtaͤts findẽ/ ja auch gegen den nechſten/
an dem ſie mehr gutes als bey ſich zu ſehen
meynen/ das heimliche ſeufftzen/ ſo faſt im-
mer deswegen bey ihnen iſt/ auch da ſie eben
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[289/0351] dige in der erden ligende wurtzel/ die man nicht ſiehet/ ſchlieſſen kan. §. 94. Sonderlich haben ſolche Chriſtli- che ſeelen 3. zu mercken/ daß ihre hertzliche ſorgfalt vor ihre ſeligkeit uñ dero gewißheit/ die begierde nach der gnade Gottes und der- ſelben verſicherung/ das verlangen alle ihre wercke in und aus der gnade zu thun/ das innerliche beſtreben in allem dem him̃liſchen Vater treulich zu dienen/ und ihn auch an ſich zu ehren/ die betrübnis über die ſünde/ welche ihnen das gewiſſen vorſtellet/ über die verſaͤumnis eines groſſen theils ihres le- bens/ ſo ſie etwa ohne ſolche ernſtliche ſorge zugebracht/ ja über die ſünde/ ſo ihnen immer anklebet/ oder über die verderbnus/ welche ſie an ſich ſehen/ und daraus leicht warneh- men/ daß ſie es nimmer ſo weit in dieſem fleiſch bringen koͤnnen/ als ſie gerne wolten/ um in allem dem HErrn recht zugefallen/ die demuth/ darinnen ſie ſich deswegen vor Gott ſtaͤts findẽ/ ja auch gegen den nechſten/ an dem ſie mehr gutes als bey ſich zu ſehen meynen/ das heimliche ſeufftzen/ ſo faſt im- mer deswegen bey ihnen iſt/ auch da ſie eben an das formliche gebet nicht gedencken; daß/ ſage ich/ dieſes und was mehr dieſer art ſeyn N

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/351>, abgerufen am 17.06.2024.