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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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auch träget/ und weil sie aus der gnade
GOttes herrühret/ auch gnade genennet
wird. Also/ wo gefragt wird/ ob/ zum exem-
pel/ ein werck aus der gnade oder aus der
natur herkomme? wird so viel gefragt/ ob
solches werck allein aus des menschen na-
türlichen kräfften gewircket worden/ ohne
die heiligende krafft des heiligen Geistes?
oder ob der heilige Geist uns selbs zu sol-
chem werck angetrieben habe/ und dasselbe
durch die neuen kräfften/ die er uns in der
wiedergeburt gegeben/ verrichtet worden
seye?

§. 2.

Nechst dem ist ferner zu mercken/
daß in der frage/ ob etwas aus der natur
oder der gnaden seye/ der gegensatz der bey-
den nicht so absolute und bloß dahin ge-
nommen werde/ daß bey der gnade nichts
von der natur wäre/ bliebe/ und in dem wir-
cken dero kräfften gebraucht würden/ und
also alle die menschliche kräfften sich nicht
anders in den Göttlichen wirckungen hiel-
ten/ als ein still-ligender klotz. Welches
falsch ist/ und von unserer Kirche billig ver-
worffen wird. Weswegen wir auch in
heiliger Schrifft zu den Göttlichen wer-
cken/ die GOtt in uns wircken muß/ gleich-

wohl
A 2

auch traͤget/ und weil ſie aus der gnade
GOttes herrühret/ auch gnade genennet
wird. Alſo/ wo gefragt wird/ ob/ zum exem-
pel/ ein werck aus der gnade oder aus der
natur herkomme? wird ſo viel gefragt/ ob
ſolches werck allein aus des menſchen na-
türlichen kraͤfften gewircket worden/ ohne
die heiligende krafft des heiligen Geiſtes?
oder ob der heilige Geiſt uns ſelbs zu ſol-
chem werck angetrieben habe/ und daſſelbe
durch die neuen kraͤfften/ die er uns in der
wiedergeburt gegeben/ verrichtet worden
ſeye?

§. 2.

Nechſt dem iſt ferner zu mercken/
daß in der frage/ ob etwas aus der natur
oder der gnaden ſeye/ der gegenſatz der bey-
den nicht ſo abſolutè und bloß dahin ge-
nommen werde/ daß bey der gnade nichts
von der natur waͤre/ bliebe/ und in dem wir-
cken dero kraͤfften gebraucht würden/ und
alſo alle die menſchliche kraͤfften ſich nicht
anders in den Goͤttlichen wirckungen hiel-
ten/ als ein ſtill-ligender klotz. Welches
falſch iſt/ und von unſerer Kirche billig ver-
worffen wird. Weswegen wir auch in
heiliger Schrifft zu den Goͤttlichen wer-
cken/ die GOtt in uns wircken muß/ gleich-

wohl
A 2
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[3/0065] auch traͤget/ und weil ſie aus der gnade GOttes herrühret/ auch gnade genennet wird. Alſo/ wo gefragt wird/ ob/ zum exem- pel/ ein werck aus der gnade oder aus der natur herkomme? wird ſo viel gefragt/ ob ſolches werck allein aus des menſchen na- türlichen kraͤfften gewircket worden/ ohne die heiligende krafft des heiligen Geiſtes? oder ob der heilige Geiſt uns ſelbs zu ſol- chem werck angetrieben habe/ und daſſelbe durch die neuen kraͤfften/ die er uns in der wiedergeburt gegeben/ verrichtet worden ſeye? §. 2. Nechſt dem iſt ferner zu mercken/ daß in der frage/ ob etwas aus der natur oder der gnaden ſeye/ der gegenſatz der bey- den nicht ſo abſolutè und bloß dahin ge- nommen werde/ daß bey der gnade nichts von der natur waͤre/ bliebe/ und in dem wir- cken dero kraͤfften gebraucht würden/ und alſo alle die menſchliche kraͤfften ſich nicht anders in den Goͤttlichen wirckungen hiel- ten/ als ein ſtill-ligender klotz. Welches falſch iſt/ und von unſerer Kirche billig ver- worffen wird. Weswegen wir auch in heiliger Schrifft zu den Goͤttlichen wer- cken/ die GOtt in uns wircken muß/ gleich- wohl A 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/65>, abgerufen am 21.11.2024.