die von Hause aus -- ganz unter uns gesagt -- keinen rothen Pfennig Vermögen hat, nach dem Tode des Barons, da die Grenwitz'schen Besitzungen, Gott sei Dank, Majorat sind, sammt ihrer Tochter so arm sein würde, als sie vor ihrer Vermählung war."
"Sie sind ein großer Freund der Majorate?"
"Ei gewiß! Ich halte es für ein Glück, daß so bedeutende Vermögen nicht durch Erbtheilung zersplit¬ tert werden können, und so eine Aristokratie reicher Grundbesitzer möglich wird, die gleichsam ein Ballast sein kann für das Staatsschiff in Zeiten der Gefahr, die Gott noch lange abwenden möge von unserm theuern Vaterlande."
"Nun," sagte Oswald, "das Ding hat, wie alle andern, seine zwei Seiten."
"Wer wollte sich das verhehlen," sagte der ge¬ schmeidige Pastor. "Aber ich für mein Theil habe zu lange die Ehre und das Glück gehabt, mit reichen, und in der schönsten Bedeutung des Wortes adligen Fa¬ milien zu verkehren, als daß ich nicht gewissermaßen ein Anhänger der Aristokratie sein sollte; und über¬ dies habe ich neuerdings nur zu trübe Erfahrungen darüber gemacht, wie sehr der Besitz in den Händen des Plebejers, um mich dieses historischen Ausdruckes
die von Hauſe aus — ganz unter uns geſagt — keinen rothen Pfennig Vermögen hat, nach dem Tode des Barons, da die Grenwitz’ſchen Beſitzungen, Gott ſei Dank, Majorat ſind, ſammt ihrer Tochter ſo arm ſein würde, als ſie vor ihrer Vermählung war.“
„Sie ſind ein großer Freund der Majorate?“
„Ei gewiß! Ich halte es für ein Glück, daß ſo bedeutende Vermögen nicht durch Erbtheilung zerſplit¬ tert werden können, und ſo eine Ariſtokratie reicher Grundbeſitzer möglich wird, die gleichſam ein Ballaſt ſein kann für das Staatsſchiff in Zeiten der Gefahr, die Gott noch lange abwenden möge von unſerm theuern Vaterlande.“
„Nun,“ ſagte Oswald, „das Ding hat, wie alle andern, ſeine zwei Seiten.“
„Wer wollte ſich das verhehlen,“ ſagte der ge¬ ſchmeidige Paſtor. „Aber ich für mein Theil habe zu lange die Ehre und das Glück gehabt, mit reichen, und in der ſchönſten Bedeutung des Wortes adligen Fa¬ milien zu verkehren, als daß ich nicht gewiſſermaßen ein Anhänger der Ariſtokratie ſein ſollte; und über¬ dies habe ich neuerdings nur zu trübe Erfahrungen darüber gemacht, wie ſehr der Beſitz in den Händen des Plebejers, um mich dieſes hiſtoriſchen Ausdruckes
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die von Hauſe aus — ganz unter uns geſagt — keinen
rothen Pfennig Vermögen hat, nach dem Tode des
Barons, da die Grenwitz’ſchen Beſitzungen, Gott ſei
Dank, Majorat ſind, ſammt ihrer Tochter ſo arm ſein
würde, als ſie vor ihrer Vermählung war.“
„Sie ſind ein großer Freund der Majorate?“
„Ei gewiß! Ich halte es für ein Glück, daß ſo
bedeutende Vermögen nicht durch Erbtheilung zerſplit¬
tert werden können, und ſo eine Ariſtokratie reicher
Grundbeſitzer möglich wird, die gleichſam ein Ballaſt
ſein kann für das Staatsſchiff in Zeiten der Gefahr,
die Gott noch lange abwenden möge von unſerm
theuern Vaterlande.“
„Nun,“ ſagte Oswald, „das Ding hat, wie alle
andern, ſeine zwei Seiten.“
„Wer wollte ſich das verhehlen,“ ſagte der ge¬
ſchmeidige Paſtor. „Aber ich für mein Theil habe zu
lange die Ehre und das Glück gehabt, mit reichen, und
in der ſchönſten Bedeutung des Wortes adligen Fa¬
milien zu verkehren, als daß ich nicht gewiſſermaßen
ein Anhänger der Ariſtokratie ſein ſollte; und über¬
dies habe ich neuerdings nur zu trübe Erfahrungen
darüber gemacht, wie ſehr der Beſitz in den Händen
des Plebejers, um mich dieſes hiſtoriſchen Ausdruckes
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/120>, abgerufen am 17.06.2024.
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