Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861."Nun was sagen Sie zu meinem maeitre d'hotel?" "Daß der Mann auf jeden Fall ein Original ist; Melitta lachte. "Sie müssen wissen, daß der alte Baumann schon „Nun was ſagen Sie zu meinem maître d'hôtel?“ „Daß der Mann auf jeden Fall ein Original iſt; Melitta lachte. „Sie müſſen wiſſen, daß der alte Baumann ſchon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0180" n="170"/> <p>„Nun was ſagen Sie zu meinem <hi rendition="#aq">maître d'hôtel</hi>?“</p><lb/> <p>„Daß der Mann auf jeden Fall ein Original iſt;<lb/> aber weshalb hat er mich ſo unverwandt mit ſeinen<lb/> alten klugen Augen angeſehen?“</p><lb/> <p>Melitta lachte.</p><lb/> <p>„Sie müſſen wiſſen, daß der alte Baumann ſchon<lb/> Diener bei meinem Vater war, in deſſen Regiment er<lb/> die Feldzüge gegen Napoleon mitmachte. Er hat mich,<lb/> als ich ein Kind war, auf ſeinen Knieen geſchaukelt,<lb/> mich nimmer ſeitdem verlaſſen und wird mich nicht<lb/> verlaſſen, bis ich ſterbe oder er ſtirbt. Zweimal hat<lb/> er mir das Leben gerettet, und, ohne daß ich es wollte<lb/> oder wußte, im Stillen jeden Schmerz mit mir ge¬<lb/> theilt, ich möchte ſagen, auch jede Freude. Wenn ich<lb/> zu ihm ſpräche: Baumann, Er muß morgen für mich<lb/> nach Auſtralien reiſen, ſo würde er ſagen: zu Befehl!<lb/> über Nacht ſeine Sachen packen, und vor Sonnenauf¬<lb/> gang ſchon unterwegs ſein; und wenn ich ſagte: es iſt<lb/> nicht anders, Baumann, Er muß für mich ſterben, ſo<lb/> und ſo — er würde ſagen: zu Befehl! und nicht mit<lb/> den grauen Wimpern zucken; aber wenn ich zu ihm<lb/> ſagte: hören Sie, Baumann, ſtatt: höre Er, Baumann<lb/> — ſo würde er das für eine Aufkündigung unſerer<lb/> Freundſchaft halten. Jetzt iſt er böſe, daß ich ihm<lb/> nicht geſagt habe, wer Sie ſind. Weiß er das, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [170/0180]
„Nun was ſagen Sie zu meinem maître d'hôtel?“
„Daß der Mann auf jeden Fall ein Original iſt;
aber weshalb hat er mich ſo unverwandt mit ſeinen
alten klugen Augen angeſehen?“
Melitta lachte.
„Sie müſſen wiſſen, daß der alte Baumann ſchon
Diener bei meinem Vater war, in deſſen Regiment er
die Feldzüge gegen Napoleon mitmachte. Er hat mich,
als ich ein Kind war, auf ſeinen Knieen geſchaukelt,
mich nimmer ſeitdem verlaſſen und wird mich nicht
verlaſſen, bis ich ſterbe oder er ſtirbt. Zweimal hat
er mir das Leben gerettet, und, ohne daß ich es wollte
oder wußte, im Stillen jeden Schmerz mit mir ge¬
theilt, ich möchte ſagen, auch jede Freude. Wenn ich
zu ihm ſpräche: Baumann, Er muß morgen für mich
nach Auſtralien reiſen, ſo würde er ſagen: zu Befehl!
über Nacht ſeine Sachen packen, und vor Sonnenauf¬
gang ſchon unterwegs ſein; und wenn ich ſagte: es iſt
nicht anders, Baumann, Er muß für mich ſterben, ſo
und ſo — er würde ſagen: zu Befehl! und nicht mit
den grauen Wimpern zucken; aber wenn ich zu ihm
ſagte: hören Sie, Baumann, ſtatt: höre Er, Baumann
— ſo würde er das für eine Aufkündigung unſerer
Freundſchaft halten. Jetzt iſt er böſe, daß ich ihm
nicht geſagt habe, wer Sie ſind. Weiß er das, und
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