Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861."Ich besitze das Talent, mich zu langweilen, nur "Siehst Du, Adolf," rief die lebhafte alte Dame, "Ich langweile mich nie, Tante," rief Fräulein "Kind, Du beginnst irre zu reden, es ist die höchste "Ich bitte um die Gnade, Sie bis zum Wagen "Vous etes bien aimable, monsieur," erwiederte "Wie von meinem Dasein, gnädige Frau. Wes¬ "Hm; Sie haben in Ihrem ganzen Wesen etwas „Ich beſitze das Talent, mich zu langweilen, nur „Siehst Du, Adolf,“ rief die lebhafte alte Dame, „Ich langweile mich nie, Tante,“ rief Fräulein „Kind, Du beginnſt irre zu reden, es iſt die höchſte „Ich bitte um die Gnade, Sie bis zum Wagen „Vous êtes bien aimable, monsieur,“ erwiederte „Wie von meinem Daſein, gnädige Frau. Wes¬ „Hm; Sie haben in Ihrem ganzen Weſen etwas <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0115" n="105"/> <p>„Ich beſitze das Talent, mich zu langweilen, nur<lb/> in einem ſehr beſcheidenen Maße, und überdies glaube<lb/> ich, daß die Gegenwart dieſer Damen und Ihre eigne,<lb/> Herr von Breeſen, ein beſſeres Präſervativ gegen<lb/> dieſe Krankheit iſt, als eine Geſellſchaft von hundert<lb/> Perſonen,“ ſagte Oswald mit höflicher Verbeugung.</p><lb/> <p>„Siehst Du, Adolf,“ rief die lebhafte alte Dame,<lb/> „Herr Stein ſagt daſſelbe, was ich Dir ſchon tauſend¬<lb/> mal geſagt habe: nur langweilige Menſchen langweilen<lb/> ſich; zum Beiſpiel Du und Deine Schweſter, die ihr<lb/> jeden Tag hundertmal vor langer Weile ſterben wollt.“</p><lb/> <p>„Ich langweile mich nie, Tante,“ rief Fräulein<lb/> Emilie eifrig.</p><lb/> <p>„Kind, Du beginnſt irre zu reden, es iſt die höchſte<lb/> Zeit, daß wir nach Hauſe kommen. Alſo <hi rendition="#aq">au revoir,<lb/> Monsieur</hi>.“</p><lb/> <p>„Ich bitte um die Gnade, Sie bis zum Wagen<lb/> begleiten zu dürfen," ſagte Oswald, der alten Dame<lb/> den Arm bietend.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">„Vous êtes bien aimable, monsieur,“</hi> erwiederte<lb/> ſie, den dargebotenen Arm annehmend. „Sind Sie<lb/> überzeugt, Herr Stein, daß Sie nicht von Adel ſind?“</p><lb/> <p>„Wie von meinem Daſein, gnädige Frau. Wes¬<lb/> halb?“</p><lb/> <p>„Hm; Sie haben in Ihrem ganzen Weſen etwas<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [105/0115]
„Ich beſitze das Talent, mich zu langweilen, nur
in einem ſehr beſcheidenen Maße, und überdies glaube
ich, daß die Gegenwart dieſer Damen und Ihre eigne,
Herr von Breeſen, ein beſſeres Präſervativ gegen
dieſe Krankheit iſt, als eine Geſellſchaft von hundert
Perſonen,“ ſagte Oswald mit höflicher Verbeugung.
„Siehst Du, Adolf,“ rief die lebhafte alte Dame,
„Herr Stein ſagt daſſelbe, was ich Dir ſchon tauſend¬
mal geſagt habe: nur langweilige Menſchen langweilen
ſich; zum Beiſpiel Du und Deine Schweſter, die ihr
jeden Tag hundertmal vor langer Weile ſterben wollt.“
„Ich langweile mich nie, Tante,“ rief Fräulein
Emilie eifrig.
„Kind, Du beginnſt irre zu reden, es iſt die höchſte
Zeit, daß wir nach Hauſe kommen. Alſo au revoir,
Monsieur.“
„Ich bitte um die Gnade, Sie bis zum Wagen
begleiten zu dürfen," ſagte Oswald, der alten Dame
den Arm bietend.
„Vous êtes bien aimable, monsieur,“ erwiederte
ſie, den dargebotenen Arm annehmend. „Sind Sie
überzeugt, Herr Stein, daß Sie nicht von Adel ſind?“
„Wie von meinem Daſein, gnädige Frau. Wes¬
halb?“
„Hm; Sie haben in Ihrem ganzen Weſen etwas
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