Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.Augenblicke, wo er sich der Gegenliebe des angebeteten O sterngeschmückte, milde, heil'ge Nacht! Du grabesstiller, tiefer Gottesfrieden!Du heilst die Kranken und erquickst die Müden Nach ihrer wirren, tollen Lebensjagd. Und du hast mich so überreich bedacht, Du hast mir gnädiglich ein Glück beschieden,Wie es so groß und schön noch nie hienieden Der Erdenkinder einem hat gelacht. O Mutter Nacht! die Du uns hast geboren, Die Du uns trägst in Deinen weichen Armen,An deren Brust wir Kraft und Ruhe trinken -- O, ginge einst mein holdes Glück verloren, Dann, große gute Mutter üb' Erbarmen, Dann laß zurück in Deinen Schooß mich sinken! Albert hatte die Verse ohne alle Affectation, klar Augenblicke, wo er ſich der Gegenliebe des angebeteten O ſterngeſchmückte, milde, heil'ge Nacht! Du grabesſtiller, tiefer Gottesfrieden!Du heilſt die Kranken und erquickſt die Müden Nach ihrer wirren, tollen Lebensjagd. Und du haſt mich ſo überreich bedacht, Du haſt mir gnädiglich ein Glück beſchieden,Wie es ſo groß und ſchön noch nie hienieden Der Erdenkinder einem hat gelacht. O Mutter Nacht! die Du uns haſt geboren, Die Du uns trägſt in Deinen weichen Armen,An deren Bruſt wir Kraft und Ruhe trinken — O, ginge einſt mein holdes Glück verloren, Dann, große gute Mutter üb' Erbarmen, Dann laß zurück in Deinen Schooß mich ſinken! Albert hatte die Verſe ohne alle Affectation, klar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0200" n="190"/> Augenblicke, wo er ſich der Gegenliebe des angebeteten<lb/> Weſens verſichert hat, gar nicht ſo übel gezeichnet.<lb/> Aber hören Sie weiter, wie das Allegro in ein Ada¬<lb/> gio verklingt:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l rendition="#et">O ſterngeſchmückte, milde, heil'ge Nacht!</l><lb/> <l>Du grabesſtiller, tiefer Gottesfrieden!</l><lb/> <l>Du heilſt die Kranken und erquickſt die Müden</l><lb/> <l>Nach ihrer wirren, tollen Lebensjagd.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l rendition="#et">Und du haſt mich ſo überreich bedacht,</l><lb/> <l>Du haſt mir gnädiglich ein Glück beſchieden,</l><lb/> <l>Wie es ſo groß und ſchön noch nie hienieden</l><lb/> <l>Der Erdenkinder einem hat gelacht.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l rendition="#et">O Mutter Nacht! die Du uns haſt geboren,</l><lb/> <l>Die Du uns trägſt in Deinen weichen Armen,</l><lb/> <l>An deren Bruſt wir Kraft und Ruhe trinken —</l><lb/> <l>O, ginge einſt mein holdes Glück verloren,</l><lb/> <l>Dann, große gute Mutter üb' Erbarmen,</l><lb/> <l>Dann laß zurück in Deinen Schooß mich ſinken!</l><lb/> </lg> </lg> <p>Albert hatte die Verſe ohne alle Affectation, klar<lb/> und verſtändig, ja mit einem gewiſſen Anflug von<lb/> Wärme vorgetragen. Oswald wußte ihm Dank dafür.<lb/> Er hatte ſchon gefürchtet, die Gedichte, auf die er<lb/> freilich nur in ſo fern Werth legte, als ſie ein treuer<lb/> Ausdruck ſeiner Empfindungen waren, von dem frechen<lb/> Spötter ihm gegenüber ſchonungslos profanirt zu ſehen.<lb/> Er war froh, ſo leichten Kaufs davon gekommen zu ſein.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [190/0200]
Augenblicke, wo er ſich der Gegenliebe des angebeteten
Weſens verſichert hat, gar nicht ſo übel gezeichnet.
Aber hören Sie weiter, wie das Allegro in ein Ada¬
gio verklingt:
O ſterngeſchmückte, milde, heil'ge Nacht!
Du grabesſtiller, tiefer Gottesfrieden!
Du heilſt die Kranken und erquickſt die Müden
Nach ihrer wirren, tollen Lebensjagd.
Und du haſt mich ſo überreich bedacht,
Du haſt mir gnädiglich ein Glück beſchieden,
Wie es ſo groß und ſchön noch nie hienieden
Der Erdenkinder einem hat gelacht.
O Mutter Nacht! die Du uns haſt geboren,
Die Du uns trägſt in Deinen weichen Armen,
An deren Bruſt wir Kraft und Ruhe trinken —
O, ginge einſt mein holdes Glück verloren,
Dann, große gute Mutter üb' Erbarmen,
Dann laß zurück in Deinen Schooß mich ſinken!
Albert hatte die Verſe ohne alle Affectation, klar
und verſtändig, ja mit einem gewiſſen Anflug von
Wärme vorgetragen. Oswald wußte ihm Dank dafür.
Er hatte ſchon gefürchtet, die Gedichte, auf die er
freilich nur in ſo fern Werth legte, als ſie ein treuer
Ausdruck ſeiner Empfindungen waren, von dem frechen
Spötter ihm gegenüber ſchonungslos profanirt zu ſehen.
Er war froh, ſo leichten Kaufs davon gekommen zu ſein.
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