Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.nur von ganzem Herzen wünschen? Von ganzem Vertrauen zu uns selbst ist wie eine Götterwolke, In solchen qualvollen Augenblicken schließt sich der Ein solcher muthiger Wanderer erschien dem ver¬ nur von ganzem Herzen wünſchen? Von ganzem Vertrauen zu uns ſelbſt iſt wie eine Götterwolke, In ſolchen qualvollen Augenblicken ſchließt ſich der Ein ſolcher muthiger Wanderer erſchien dem ver¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="201"/> nur von ganzem Herzen wünſchen? Von ganzem<lb/> Herzen? Wer von uns hat denn noch ein ganzes<lb/> Herz zum Leben und zum Sterben? Du nicht! Du<lb/> nicht! – —</p><lb/> <p>Vertrauen zu uns ſelbſt iſt wie eine Götterwolke,<lb/> in die gehüllt wir die Gefahren des Lebenskampfes<lb/> unverletzt durchwandeln, und, wenn wir fallen, als<lb/> Helden fallen, mit der Todeswunde auf der ſtolzen<lb/> Stirn, in der muthigen Bruſt, Zweifel an uns ſelbſt<lb/> iſt wie ein jäher Schwindel, der uns auf ſteiler Fel¬<lb/> ſenhöhe packt, unſer Blut gerinnen macht, die Kraft<lb/> unſrer Sehnen löſt, und uns zuletzt rettungslos in<lb/> den Abgrund ſchleudert.</p><lb/> <p>In ſolchen qualvollen Augenblicken ſchließt ſich der<lb/> Menſch, wie ein im Walde verirrtes Kind, an den<lb/> erſten Beſten, der ihm begegnet, an Jeden an, der<lb/> ſingend die Straße des Lebens einherzieht und der<lb/> Gefahren des Weges ſpottet.</p><lb/> <p>Ein ſolcher muthiger Wanderer erſchien dem ver¬<lb/> düſterten, entmuthigten Oswald ſein neuer Bekannter,<lb/> und ſo kam es, daß er ſich in dieſen böſen Tagen an<lb/> den ſtets zu Scherz und Lachen und tollen Streichen<lb/> aufgelegten Albert mit einer Herzlichkeit anſchloß, die<lb/> ihn, der ſonſt in der Wahl ſeiner Freunde ſo äußerſt<lb/> wähleriſch war, ſelbſt in Erſtaunen ſetzte.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [201/0211]
nur von ganzem Herzen wünſchen? Von ganzem
Herzen? Wer von uns hat denn noch ein ganzes
Herz zum Leben und zum Sterben? Du nicht! Du
nicht! – —
Vertrauen zu uns ſelbſt iſt wie eine Götterwolke,
in die gehüllt wir die Gefahren des Lebenskampfes
unverletzt durchwandeln, und, wenn wir fallen, als
Helden fallen, mit der Todeswunde auf der ſtolzen
Stirn, in der muthigen Bruſt, Zweifel an uns ſelbſt
iſt wie ein jäher Schwindel, der uns auf ſteiler Fel¬
ſenhöhe packt, unſer Blut gerinnen macht, die Kraft
unſrer Sehnen löſt, und uns zuletzt rettungslos in
den Abgrund ſchleudert.
In ſolchen qualvollen Augenblicken ſchließt ſich der
Menſch, wie ein im Walde verirrtes Kind, an den
erſten Beſten, der ihm begegnet, an Jeden an, der
ſingend die Straße des Lebens einherzieht und der
Gefahren des Weges ſpottet.
Ein ſolcher muthiger Wanderer erſchien dem ver¬
düſterten, entmuthigten Oswald ſein neuer Bekannter,
und ſo kam es, daß er ſich in dieſen böſen Tagen an
den ſtets zu Scherz und Lachen und tollen Streichen
aufgelegten Albert mit einer Herzlichkeit anſchloß, die
ihn, der ſonſt in der Wahl ſeiner Freunde ſo äußerſt
wähleriſch war, ſelbſt in Erſtaunen ſetzte.
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