Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861."Die Letzte -- ein schöner, unschuldiger Engel, "Wie hieß sie? woher kam sie?" "Wir nannten sie nur Fräulein Marie; woher sie "So hat sie sich nicht das Leben genommen, wie "Nein, denn dazu war sie zu fromm und gut; sie "Und wie fing es Baron Harald an, um seine "Es ist eine lange Geschichte, Junker, und ich will „Die Letzte — ein ſchöner, unſchuldiger Engel, „Wie hieß ſie? woher kam ſie?“ „Wir nannten ſie nur Fräulein Marie; woher ſie „So hat ſie ſich nicht das Leben genommen, wie „Nein, denn dazu war ſie zu fromm und gut; ſie „Und wie fing es Baron Harald an, um ſeine „Es iſt eine lange Geſchichte, Junker, und ich will <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0238" n="228"/> <p>„Die Letzte — ein ſchöner, unſchuldiger Engel,<lb/> der auch die Teufel hätte bekehren können, aber Ha¬<lb/> rald und ſeine Geſellen waren ſchlimmer wie die Teufel.“</p><lb/> <p>„Wie hieß ſie? woher kam ſie?“</p><lb/> <p>„Wir nannten ſie nur Fräulein Marie; woher ſie<lb/> kam, habe ich nie erfahren, und eben ſo wenig, wo¬<lb/> hin ſie ging.“</p><lb/> <p>„So hat ſie ſich nicht das Leben genommen, wie<lb/> die Leute ſagten?“</p><lb/> <p>„Nein, denn dazu war ſie zu fromm und gut; ſie<lb/> hätte ihr Kreuz bis Golgatha getragen. O, ſie war<lb/> ſo jung und ſchön und ſo ſanft und ſo lieb, wie<lb/> meine alten Augen nie, weder vorher noch nachher,<lb/> etwas geſehen haben. Wenn ich gewußt hätte, daß ſie<lb/> gemeint war, als Baron Harald über dem Weine mit<lb/> Herrn von Barnewitz um, ich weiß nicht wie viel<lb/> Tauſend Thaler wettete, das Mädchen ſolle ihm frei¬<lb/> willig nach Grenwitz folgen und freiwillig ein Jahr<lb/> auf dem Schloſſe bleiben — ich hätte ſie Alle, wie<lb/> ſie da ſaßen, mit Gift vergeben, wie ſchnöde Ratten.“</p><lb/> <p>„Und wie fing es Baron Harald an, um ſeine<lb/> Wette zu gewinnen?“</p><lb/> <p>„Es iſt eine lange Geſchichte, Junker, und ich will<lb/> ſie Dir erzählen. Ich ſage Dir, wenn alle Tropfen,<lb/> die draußen fallen, Thränen wären, und alle um das<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [228/0238]
„Die Letzte — ein ſchöner, unſchuldiger Engel,
der auch die Teufel hätte bekehren können, aber Ha¬
rald und ſeine Geſellen waren ſchlimmer wie die Teufel.“
„Wie hieß ſie? woher kam ſie?“
„Wir nannten ſie nur Fräulein Marie; woher ſie
kam, habe ich nie erfahren, und eben ſo wenig, wo¬
hin ſie ging.“
„So hat ſie ſich nicht das Leben genommen, wie
die Leute ſagten?“
„Nein, denn dazu war ſie zu fromm und gut; ſie
hätte ihr Kreuz bis Golgatha getragen. O, ſie war
ſo jung und ſchön und ſo ſanft und ſo lieb, wie
meine alten Augen nie, weder vorher noch nachher,
etwas geſehen haben. Wenn ich gewußt hätte, daß ſie
gemeint war, als Baron Harald über dem Weine mit
Herrn von Barnewitz um, ich weiß nicht wie viel
Tauſend Thaler wettete, das Mädchen ſolle ihm frei¬
willig nach Grenwitz folgen und freiwillig ein Jahr
auf dem Schloſſe bleiben — ich hätte ſie Alle, wie
ſie da ſaßen, mit Gift vergeben, wie ſchnöde Ratten.“
„Und wie fing es Baron Harald an, um ſeine
Wette zu gewinnen?“
„Es iſt eine lange Geſchichte, Junker, und ich will
ſie Dir erzählen. Ich ſage Dir, wenn alle Tropfen,
die draußen fallen, Thränen wären, und alle um das
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