gut geschlafen? da wurde sie purpurroth und konnte vor Verlegenheit kein Wort hervorbringen und stand da und zitterte, wie ein Espenblatt. Und als ich das sah, wußte ich auch, was geschehen war, und da wurde mir das Herz so centnerschwer, daß ich mich auf eine Bank setzte und weinte. Als das Fräulein Marie sah, fing sie auch an zu weinen und setzte sich zu mir, schlang ihren Arm um meinen Hals und sagte schluchzend: "Weinen Sie nicht, gute Mutter Clausen! Es wird noch Alles gut werden!" -- "Das gebe Gott, Kind, sagte ich; aber ich glaube es nicht." -- "Aber, sagte sie, Sie sehen ja selbst, wie gut und freundlich der Baron jetzt ist, und er ist doch nur so, weil er mich liebt, und wenn er mich nicht heirathen wollte, warum hätte er dann die Tante mitgebracht? und wenn die Tante nichts dagegen hat, die so stolz und hoffärtig ist, wie Harald sagt, da können ja die andern Verwandten doch auch nicht Nein sagen!" -- "So sind Sie nicht Gesellschafterin bei der alten Ba¬ ronin?" fragte ich verwundert. -- "Nein, sagte sie, ich habe sie hier zum ersten Mal gesehen." -- "Aber ums Himmelswillen, Kind, rief ich, wie kommen Sie denn hierher, wenn Sie nicht mit der Baronin ge¬ kommen sind?" -- Die Kleine weinte noch stärker, wie zuvor. "Ich darf es Ihnen nicht sagen, rief sie,
gut geſchlafen? da wurde ſie purpurroth und konnte vor Verlegenheit kein Wort hervorbringen und ſtand da und zitterte, wie ein Espenblatt. Und als ich das ſah, wußte ich auch, was geſchehen war, und da wurde mir das Herz ſo centnerſchwer, daß ich mich auf eine Bank ſetzte und weinte. Als das Fräulein Marie ſah, fing ſie auch an zu weinen und ſetzte ſich zu mir, ſchlang ihren Arm um meinen Hals und ſagte ſchluchzend: „Weinen Sie nicht, gute Mutter Clauſen! Es wird noch Alles gut werden!“ — „Das gebe Gott, Kind, ſagte ich; aber ich glaube es nicht.“ — „Aber, ſagte ſie, Sie ſehen ja ſelbſt, wie gut und freundlich der Baron jetzt iſt, und er iſt doch nur ſo, weil er mich liebt, und wenn er mich nicht heirathen wollte, warum hätte er dann die Tante mitgebracht? und wenn die Tante nichts dagegen hat, die ſo ſtolz und hoffärtig iſt, wie Harald ſagt, da können ja die andern Verwandten doch auch nicht Nein ſagen!“ — „So ſind Sie nicht Geſellſchafterin bei der alten Ba¬ ronin?“ fragte ich verwundert. — „Nein, ſagte ſie, ich habe ſie hier zum erſten Mal geſehen.“ — „Aber ums Himmelswillen, Kind, rief ich, wie kommen Sie denn hierher, wenn Sie nicht mit der Baronin ge¬ kommen ſind?“ — Die Kleine weinte noch ſtärker, wie zuvor. „Ich darf es Ihnen nicht ſagen, rief ſie,
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gut geſchlafen? da wurde ſie purpurroth und konnte
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da und zitterte, wie ein Espenblatt. Und als ich
das ſah, wußte ich auch, was geſchehen war, und da
wurde mir das Herz ſo centnerſchwer, daß ich mich
auf eine Bank ſetzte und weinte. Als das Fräulein
Marie ſah, fing ſie auch an zu weinen und ſetzte ſich
zu mir, ſchlang ihren Arm um meinen Hals und
ſagte ſchluchzend: „Weinen Sie nicht, gute Mutter
Clauſen! Es wird noch Alles gut werden!“ — „Das
gebe Gott, Kind, ſagte ich; aber ich glaube es nicht.“
— „Aber, ſagte ſie, Sie ſehen ja ſelbſt, wie gut und
freundlich der Baron jetzt iſt, und er iſt doch nur ſo,
weil er mich liebt, und wenn er mich nicht heirathen
wollte, warum hätte er dann die Tante mitgebracht?
und wenn die Tante nichts dagegen hat, die ſo ſtolz
und hoffärtig iſt, wie Harald ſagt, da können ja die
andern Verwandten doch auch nicht Nein ſagen!“ —
„So ſind Sie nicht Geſellſchafterin bei der alten Ba¬
ronin?“ fragte ich verwundert. — „Nein, ſagte ſie,
ich habe ſie hier zum erſten Mal geſehen.“ — „Aber
ums Himmelswillen, Kind, rief ich, wie kommen Sie
denn hierher, wenn Sie nicht mit der Baronin ge¬
kommen ſind?“ — Die Kleine weinte noch ſtärker,
wie zuvor. „Ich darf es Ihnen nicht ſagen, rief ſie,
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/252>, abgerufen am 21.11.2024.
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