Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.Unterdessen war der Mann herangekommen. "Bist Der Mond trat aus den Wolken hervor, und ich Einige Schritte weiter hielt eine mit zwei Pferden Unterdeſſen war der Mann herangekommen. „Biſt Der Mond trat aus den Wolken hervor, und ich Einige Schritte weiter hielt eine mit zwei Pferden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0266" n="256"/> <p>Unterdeſſen war der Mann herangekommen. „Biſt<lb/> Du's, Marie?“ ſagte er; „warum kommſt Du nicht<lb/> allein?“ — „Weil ich ſie nicht losgelaſſen habe; ſagte<lb/> ich, und ſie auch nicht loslaſſen will, bis ich weiß, wo<lb/> ſie bleibt.“ — „In Gottes Hut, und unter dem<lb/> Schutz eines Freundes;“ ſagte der Mann. Das klang<lb/> ſo treu und gut, daß all' meine Angſt und Sorge in<lb/> einem Augenblick verſchwunden war.</p><lb/> <p>Der Mond trat aus den Wolken hervor, und ich<lb/> konnte den Mann, der jetzt neben uns herging, etwas<lb/> deutlicher ſehen. Er war klein und nicht mehr jung;<lb/> und hatte eine Habichtsnaſe, wie der Jude von geſtern<lb/> Morgen. Er hatte einen langen Ueberrock an, und<lb/> als der Wind denſelben auseinander wehte, ſah ich<lb/> beim Schein des Mondes den Lauf einer Piſtole<lb/> blinken, die in einem Gürtel ſteckte, den er um den<lb/> Leib geſchnallt trug.</p><lb/> <p>Einige Schritte weiter hielt eine mit zwei Pferden<lb/> beſpannte Kutſche. „Es iſt die höchſte Zeit“; ſagte<lb/> der Mann auf dem Bocke. Er ſprach plattdeutſch,<lb/> und mir war, als ob ich die Stimme kannte. „Schnell,<lb/> ſchnell“, ſagte der kleine Mann mit der Brille und<lb/> drängte Marie nach dem herabgelaſſenen Wagentritt.<lb/> „Adieu, adieu“, ſchluchzte Marie, mich noch einmal<lb/> umarmend, und als ihr Kopf für einen Augenblick<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [256/0266]
Unterdeſſen war der Mann herangekommen. „Biſt
Du's, Marie?“ ſagte er; „warum kommſt Du nicht
allein?“ — „Weil ich ſie nicht losgelaſſen habe; ſagte
ich, und ſie auch nicht loslaſſen will, bis ich weiß, wo
ſie bleibt.“ — „In Gottes Hut, und unter dem
Schutz eines Freundes;“ ſagte der Mann. Das klang
ſo treu und gut, daß all' meine Angſt und Sorge in
einem Augenblick verſchwunden war.
Der Mond trat aus den Wolken hervor, und ich
konnte den Mann, der jetzt neben uns herging, etwas
deutlicher ſehen. Er war klein und nicht mehr jung;
und hatte eine Habichtsnaſe, wie der Jude von geſtern
Morgen. Er hatte einen langen Ueberrock an, und
als der Wind denſelben auseinander wehte, ſah ich
beim Schein des Mondes den Lauf einer Piſtole
blinken, die in einem Gürtel ſteckte, den er um den
Leib geſchnallt trug.
Einige Schritte weiter hielt eine mit zwei Pferden
beſpannte Kutſche. „Es iſt die höchſte Zeit“; ſagte
der Mann auf dem Bocke. Er ſprach plattdeutſch,
und mir war, als ob ich die Stimme kannte. „Schnell,
ſchnell“, ſagte der kleine Mann mit der Brille und
drängte Marie nach dem herabgelaſſenen Wagentritt.
„Adieu, adieu“, ſchluchzte Marie, mich noch einmal
umarmend, und als ihr Kopf für einen Augenblick
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