Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.Man lernt dabei visiren und bekommt eine sichere "Nun mit Pistolenschießen habe ich im Leben leider "Mon Dieu!" sagte Herr von Langen; "und Man lernt dabei viſiren und bekommt eine ſichere „Nun mit Piſtolenſchießen habe ich im Leben leider „Mon Dieu!“ ſagte Herr von Langen; „und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0048" n="38"/> Man lernt dabei viſiren und bekommt eine ſichere<lb/> Hand.“</p><lb/> <p>„Nun mit Piſtolenſchießen habe ich im Leben leider<lb/> ſchon beinahe zu viel Zeit verbracht,“ antwortete Os¬<lb/> wald. „Mein Vater, ein Sprachlehrer und im Uebri¬<lb/> gen ſehr friedfertiger Mann, hatte eine wahre Leiden¬<lb/> ſchaft für das Piſtolenſchießen; es war ſeine einzige<lb/> Erholung. Er ſchoß, wie ich nie im Leben wieder<lb/> Jemand habe ſchießen ſehen, mit einer faſt wunder¬<lb/> baren Geſchicklichkeit. Ich habe nie den Grund dieſer<lb/> ſeltſamen Leidenſchaft erfahren können. Einmal fiel<lb/> es mir ein, ihn zu fragen, wie er dazu gekommen ſei?<lb/> Ich werde den Ton nie vergeſſen, in welchem er mir<lb/> antwortete: Es gab eine Zeit, wo ich hoffte, mich<lb/> durch eine Kugel an einem Manne rächen zu können,<lb/> der mich tödtlich beleidigt hatte. Als ich meines<lb/> Zieles vollkommen ſicher war — ſtarb der Mann.<lb/> Seitdem ſchieße ich in Gedanken auf ihn; jedes Aß,<lb/> das meine Kugel trifft, iſt ſein falſches, grauſames<lb/> Herz. Ich drang in ihn, mir den Mann zu nennen.<lb/> „Das kann ich nicht,“ antwortete er; „aber wenn<lb/> Du Dir auch etwas bei der Sache denken willſt,<lb/> nimm an, jedes Aß ſei das Herz irgend eines belie¬<lb/> bigen Adligen.“</p><lb/> <p>„<hi rendition="#aq">Mon Dieu!</hi>“ ſagte Herr von Langen; „und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0048]
Man lernt dabei viſiren und bekommt eine ſichere
Hand.“
„Nun mit Piſtolenſchießen habe ich im Leben leider
ſchon beinahe zu viel Zeit verbracht,“ antwortete Os¬
wald. „Mein Vater, ein Sprachlehrer und im Uebri¬
gen ſehr friedfertiger Mann, hatte eine wahre Leiden¬
ſchaft für das Piſtolenſchießen; es war ſeine einzige
Erholung. Er ſchoß, wie ich nie im Leben wieder
Jemand habe ſchießen ſehen, mit einer faſt wunder¬
baren Geſchicklichkeit. Ich habe nie den Grund dieſer
ſeltſamen Leidenſchaft erfahren können. Einmal fiel
es mir ein, ihn zu fragen, wie er dazu gekommen ſei?
Ich werde den Ton nie vergeſſen, in welchem er mir
antwortete: Es gab eine Zeit, wo ich hoffte, mich
durch eine Kugel an einem Manne rächen zu können,
der mich tödtlich beleidigt hatte. Als ich meines
Zieles vollkommen ſicher war — ſtarb der Mann.
Seitdem ſchieße ich in Gedanken auf ihn; jedes Aß,
das meine Kugel trifft, iſt ſein falſches, grauſames
Herz. Ich drang in ihn, mir den Mann zu nennen.
„Das kann ich nicht,“ antwortete er; „aber wenn
Du Dir auch etwas bei der Sache denken willſt,
nimm an, jedes Aß ſei das Herz irgend eines belie¬
bigen Adligen.“
„Mon Dieu!“ ſagte Herr von Langen; „und
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