Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.sie mit einer schnellen Bewegung ihres feinen Taschen¬ "Verzeih' mir, Melitta," murmelte Oswald, "aber "Ich bin es nicht minder, vielleicht noch mehr -- "Du kannst es durch ein Wort!" "Was ist es, Oswald?" "Sage, daß Du mich liebst." "Oswald, so fragt die Liebe nicht, so fragt die "Giebt es eine Liebe ohne Eifersucht?" "Ja, die echte Liebe, die nichts fürchtet, und Alles "So wäre meine Liebe nicht die echte? Freilich, Wenn Oswald, indem er diese wahnsinnigen Worte ſie mit einer ſchnellen Bewegung ihres feinen Taſchen¬ „Verzeih' mir, Melitta,“ murmelte Oswald, „aber „Ich bin es nicht minder, vielleicht noch mehr — „Du kannſt es durch ein Wort!“ „Was iſt es, Oswald?“ „Sage, daß Du mich liebſt.“ „Oswald, ſo fragt die Liebe nicht, ſo fragt die „Giebt es eine Liebe ohne Eiferſucht?“ „Ja, die echte Liebe, die nichts fürchtet, und Alles „So wäre meine Liebe nicht die echte? Freilich, Wenn Oswald, indem er dieſe wahnſinnigen Worte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0088" n="78"/> ſie mit einer ſchnellen Bewegung ihres feinen Taſchen¬<lb/> tuchs ſogleich trocknete, war Antwort genug.</p><lb/> <p>„Verzeih' mir, Melitta,“ murmelte Oswald, „aber<lb/> ich bin ſehr unglücklich.“</p><lb/> <p>„Ich bin es nicht minder, vielleicht noch mehr —<lb/> und darum gerade möchte ich, daß Du ganz glücklich<lb/> wäreſt, wünſchte ich, ich könnte Dich ganz glücklich<lb/> machen.“</p><lb/> <p>„Du kannſt es durch ein Wort!“</p><lb/> <p>„Was iſt es, Oswald?“</p><lb/> <p>„Sage, daß Du mich liebſt.“</p><lb/> <p>„Oswald, ſo fragt die Liebe nicht, ſo fragt die<lb/> Eiferſucht.“</p><lb/> <p>„Giebt es eine Liebe ohne Eiferſucht?“</p><lb/> <p>„Ja, die echte Liebe, die nichts fürchtet, und Alles<lb/> glaubt.“</p><lb/> <p>„So wäre meine Liebe nicht die echte? Freilich,<lb/> wie können wir, die wir nicht vom Adel ſind, auch<lb/> Anſpruch auf irgend etwas Echtes machen! Unſere<lb/> Mütter und Schweſtern tragen böhmiſches Glas ſtatt<lb/> Diamanten, wir ſelbſt haben keine echte Ehre, keine<lb/> echte Liebe — das iſt ja ſonnenklar.“</p><lb/> <p>Wenn Oswald, indem er dieſe wahnſinnigen Worte<lb/> ſprach, in Melitta's Herz hätte ſehen können, ja wenn<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0088]
ſie mit einer ſchnellen Bewegung ihres feinen Taſchen¬
tuchs ſogleich trocknete, war Antwort genug.
„Verzeih' mir, Melitta,“ murmelte Oswald, „aber
ich bin ſehr unglücklich.“
„Ich bin es nicht minder, vielleicht noch mehr —
und darum gerade möchte ich, daß Du ganz glücklich
wäreſt, wünſchte ich, ich könnte Dich ganz glücklich
machen.“
„Du kannſt es durch ein Wort!“
„Was iſt es, Oswald?“
„Sage, daß Du mich liebſt.“
„Oswald, ſo fragt die Liebe nicht, ſo fragt die
Eiferſucht.“
„Giebt es eine Liebe ohne Eiferſucht?“
„Ja, die echte Liebe, die nichts fürchtet, und Alles
glaubt.“
„So wäre meine Liebe nicht die echte? Freilich,
wie können wir, die wir nicht vom Adel ſind, auch
Anſpruch auf irgend etwas Echtes machen! Unſere
Mütter und Schweſtern tragen böhmiſches Glas ſtatt
Diamanten, wir ſelbſt haben keine echte Ehre, keine
echte Liebe — das iſt ja ſonnenklar.“
Wenn Oswald, indem er dieſe wahnſinnigen Worte
ſprach, in Melitta's Herz hätte ſehen können, ja wenn
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