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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

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Sie haben mich durch Ihre Frage ganz aus dem
Text gebracht -- richtig: also in Begleitung des
Herrn Bemperlein und -- hm, hm! des Herrn Doc¬
tors auf wenige Minuten nur bei dem Baron von
Berkow gewesen sind. Er hat sie gleich erkannt, aber
der gnädige Herr soll sich so verändert haben, daß er
der gnädigen Frau, wie sie selbst gesagt hat, wie ein
vollkommen fremder unglücklicher Mann erschienen ist.
Gesprochen hat er nur ein paar Worte, von denen
aber nur das eine: Engel, zu verstehen gewesen ist.
Dann sind sie wieder fortgegangen, und alsbald hat
der gnädige Herr wieder die Besinnung verloren und
angefangen zu phantasiren, und der Doctor meinte,
das werde wol nun bis zu seinem Ende so fortgehen,
-- welches denn der Herr Gott in seiner Gnade recht
bald möge eintreten lassen, damit der arme Mann
von seiner Qual befreit ist und die arme gnädige Frau
endlich einmal wieder frei aufathmen kann!"

"Amen;" sagte Oswald.

"Denn sehen Sie, junger Herr," fuhr der
Alte fort, "die gnädige Frau hat nicht viel Freude
gehabt ihr liebes Leben lang, und das thut mir
weh, denn ich habe sie lieb, als wäre sie mein
eigenes Kind, ja, und wol noch lieber. Denn ich
habe freilich selbst nie welche gehabt, aber ich sehe

Sie haben mich durch Ihre Frage ganz aus dem
Text gebracht — richtig: alſo in Begleitung des
Herrn Bemperlein und — hm, hm! des Herrn Doc¬
tors auf wenige Minuten nur bei dem Baron von
Berkow geweſen ſind. Er hat ſie gleich erkannt, aber
der gnädige Herr ſoll ſich ſo verändert haben, daß er
der gnädigen Frau, wie ſie ſelbſt geſagt hat, wie ein
vollkommen fremder unglücklicher Mann erſchienen iſt.
Geſprochen hat er nur ein paar Worte, von denen
aber nur das eine: Engel, zu verſtehen geweſen iſt.
Dann ſind ſie wieder fortgegangen, und alsbald hat
der gnädige Herr wieder die Beſinnung verloren und
angefangen zu phantaſiren, und der Doctor meinte,
das werde wol nun bis zu ſeinem Ende ſo fortgehen,
— welches denn der Herr Gott in ſeiner Gnade recht
bald möge eintreten laſſen, damit der arme Mann
von ſeiner Qual befreit iſt und die arme gnädige Frau
endlich einmal wieder frei aufathmen kann!“

„Amen;“ ſagte Oswald.

„Denn ſehen Sie, junger Herr,“ fuhr der
Alte fort, „die gnädige Frau hat nicht viel Freude
gehabt ihr liebes Leben lang, und das thut mir
weh, denn ich habe ſie lieb, als wäre ſie mein
eigenes Kind, ja, und wol noch lieber. Denn ich
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[153/0163] Sie haben mich durch Ihre Frage ganz aus dem Text gebracht — richtig: alſo in Begleitung des Herrn Bemperlein und — hm, hm! des Herrn Doc¬ tors auf wenige Minuten nur bei dem Baron von Berkow geweſen ſind. Er hat ſie gleich erkannt, aber der gnädige Herr ſoll ſich ſo verändert haben, daß er der gnädigen Frau, wie ſie ſelbſt geſagt hat, wie ein vollkommen fremder unglücklicher Mann erſchienen iſt. Geſprochen hat er nur ein paar Worte, von denen aber nur das eine: Engel, zu verſtehen geweſen iſt. Dann ſind ſie wieder fortgegangen, und alsbald hat der gnädige Herr wieder die Beſinnung verloren und angefangen zu phantaſiren, und der Doctor meinte, das werde wol nun bis zu ſeinem Ende ſo fortgehen, — welches denn der Herr Gott in ſeiner Gnade recht bald möge eintreten laſſen, damit der arme Mann von ſeiner Qual befreit iſt und die arme gnädige Frau endlich einmal wieder frei aufathmen kann!“ „Amen;“ ſagte Oswald. „Denn ſehen Sie, junger Herr,“ fuhr der Alte fort, „die gnädige Frau hat nicht viel Freude gehabt ihr liebes Leben lang, und das thut mir weh, denn ich habe ſie lieb, als wäre ſie mein eigenes Kind, ja, und wol noch lieber. Denn ich habe freilich ſelbſt nie welche gehabt, aber ich ſehe

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/163>, abgerufen am 24.11.2024.