Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.fort, Oswald hatte seine Promenade, die er "regel¬ Als Oswald zur Mittagstafel nach unten kam, F. Spielhagen, Problematische Naturen. III. 11
fort, Oswald hatte ſeine Promenade, die er „regel¬ Als Oswald zur Mittagstafel nach unten kam, F. Spielhagen, Problematiſche Naturen. III. 11
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0171" n="161"/> fort, Oswald hatte ſeine Promenade, die er „regel¬<lb/> mäßig zwiſchen ſechs und ſieben auf dem Walle mache“<lb/> — eine Angabe, die mit der Wahrheit nicht beſonders<lb/> genau übereinſtimmte — beendet und begab ſich auf<lb/> ſein Zimmer. „Schade, daß dieſe prächtige Schönheit<lb/> doch nur die Hülle einer ziemlich alltäglichen Pſyche<lb/> zu ſein ſcheint,“ ſprach er bei ſich. „Was Profeſſor<lb/> Berger wohl ſagen würde, wenn er ſeine liebliche<lb/> Knospe jetzt zu einer dunkelrothen Roſe entfaltet<lb/> ſähe? ob er wieder einen Sonettenkranz flechten und<lb/> auf das üppige Haar drücken würde? Guter Berger,<lb/> war es ein Stück des guten oder des böſen Engels,<lb/> die ſich ewig in Deiner großen Seele bekämpfen, daß<lb/> Du mich hierher in's Lager unſerer Feinde ſchickteſt?<lb/> Ich ſollte Dir viel ruhmreiche Trophäen zurückbringen,<lb/> Scalps erſchlagener Irokeſen, die wir in unſerem<lb/> Wigwam aufhängen wollten, um unſere Freude daran<lb/> zu haben — wie würdeſt Du erſtaunen, wenn Du<lb/> hörteſt, wie oft ſchon Dein Unkas nur mit genauer<lb/> Noth dem Scalpirtwerden entgangen iſt! Aber das<lb/> eine Verſprechen will ich halten: ich werde mich nicht<lb/> in dieſe frühbeſungene Schönheit verlieben — nein,<lb/> und wenn ſie eben ſo geiſtreich wäre, wie ſie ſchön iſt.“</p><lb/> <p>Als Oswald zur Mittagstafel nach unten kam,<lb/> wurde er auf's angenehmſte durch die Gegenwart des<lb/> <fw place="bottom" type="sig">F. Spielhagen, Problematiſche Naturen. <hi rendition="#aq">III</hi>. 11<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [161/0171]
fort, Oswald hatte ſeine Promenade, die er „regel¬
mäßig zwiſchen ſechs und ſieben auf dem Walle mache“
— eine Angabe, die mit der Wahrheit nicht beſonders
genau übereinſtimmte — beendet und begab ſich auf
ſein Zimmer. „Schade, daß dieſe prächtige Schönheit
doch nur die Hülle einer ziemlich alltäglichen Pſyche
zu ſein ſcheint,“ ſprach er bei ſich. „Was Profeſſor
Berger wohl ſagen würde, wenn er ſeine liebliche
Knospe jetzt zu einer dunkelrothen Roſe entfaltet
ſähe? ob er wieder einen Sonettenkranz flechten und
auf das üppige Haar drücken würde? Guter Berger,
war es ein Stück des guten oder des böſen Engels,
die ſich ewig in Deiner großen Seele bekämpfen, daß
Du mich hierher in's Lager unſerer Feinde ſchickteſt?
Ich ſollte Dir viel ruhmreiche Trophäen zurückbringen,
Scalps erſchlagener Irokeſen, die wir in unſerem
Wigwam aufhängen wollten, um unſere Freude daran
zu haben — wie würdeſt Du erſtaunen, wenn Du
hörteſt, wie oft ſchon Dein Unkas nur mit genauer
Noth dem Scalpirtwerden entgangen iſt! Aber das
eine Verſprechen will ich halten: ich werde mich nicht
in dieſe frühbeſungene Schönheit verlieben — nein,
und wenn ſie eben ſo geiſtreich wäre, wie ſie ſchön iſt.“
Als Oswald zur Mittagstafel nach unten kam,
wurde er auf's angenehmſte durch die Gegenwart des
F. Spielhagen, Problematiſche Naturen. III. 11
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