Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.vielen Sorgen, die auf mich einstürmen, unterliegen Die Baronin hatte sich auf ein kleines Sopha "Was hast Du, liebe Mama?" sagte Fräulein "Liebes Kind," sagte die Baronin, "Du bist so vielen Sorgen, die auf mich einſtürmen, unterliegen Die Baronin hatte ſich auf ein kleines Sopha „Was haſt Du, liebe Mama?“ ſagte Fräulein „Liebes Kind,“ ſagte die Baronin, „Du biſt ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0218" n="208"/> vielen Sorgen, die auf mich einſtürmen, unterliegen<lb/> ſoll.“</p><lb/> <p>Die Baronin hatte ſich auf ein kleines Sopha<lb/> geſetzt; ſie ſchien ſehr erregt und trocknete ſich mit<lb/> dem Taſchentuche die naſſen Augen.</p><lb/> <p>„Was haſt Du, liebe Mama?“ ſagte Fräulein<lb/> Helene mit wirklicher Theilnahme; „ich bin nur ein<lb/> einfältiges unerfahrenes Mädchen, aber wenn Du Ver¬<lb/> trauen zu mir haben kannſt, theile Dich mir mit.<lb/> Wenn ich Dir auch nicht rathen und helfen kann, ſo<lb/> vermag ich doch vielleicht Dich zu tröſten, und das<lb/> würde mir eine unendliche Freude bereiten.“</p><lb/> <p>„Liebes Kind,“ ſagte die Baronin, „Du biſt ſo<lb/> lange — komm, ſetze Dich hier zu mir und laß uns<lb/> einmal recht vertraulich mit einander reden — Du<lb/> biſt ſo lange vom elterlichen Hauſe entfernt geweſen<lb/> und warſt noch ſo jung, als Du es verließeſt, daß<lb/> Du nothwendigerweiſe von unſern Verhältniſſen ſo<lb/> gut wie gänzlich ununterrichtet biſt. Du glaubſt, wir<lb/> ſeien reich, ſehr reich; aber es iſt beinahe das Gegen¬<lb/> theil der Fall, für uns Frauen wenigſtens. Das ganze<lb/> große Vermögen fällt nach des Vaters Tode — den<lb/> der allmächtige Gott in ſeiner Gnade noch recht lange<lb/> verhüten möge — an Deinen Bruder. Mir bleibt,<lb/> außer einer ſehr geringen Wittwepenſion, nichts<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [208/0218]
vielen Sorgen, die auf mich einſtürmen, unterliegen
ſoll.“
Die Baronin hatte ſich auf ein kleines Sopha
geſetzt; ſie ſchien ſehr erregt und trocknete ſich mit
dem Taſchentuche die naſſen Augen.
„Was haſt Du, liebe Mama?“ ſagte Fräulein
Helene mit wirklicher Theilnahme; „ich bin nur ein
einfältiges unerfahrenes Mädchen, aber wenn Du Ver¬
trauen zu mir haben kannſt, theile Dich mir mit.
Wenn ich Dir auch nicht rathen und helfen kann, ſo
vermag ich doch vielleicht Dich zu tröſten, und das
würde mir eine unendliche Freude bereiten.“
„Liebes Kind,“ ſagte die Baronin, „Du biſt ſo
lange — komm, ſetze Dich hier zu mir und laß uns
einmal recht vertraulich mit einander reden — Du
biſt ſo lange vom elterlichen Hauſe entfernt geweſen
und warſt noch ſo jung, als Du es verließeſt, daß
Du nothwendigerweiſe von unſern Verhältniſſen ſo
gut wie gänzlich ununterrichtet biſt. Du glaubſt, wir
ſeien reich, ſehr reich; aber es iſt beinahe das Gegen¬
theil der Fall, für uns Frauen wenigſtens. Das ganze
große Vermögen fällt nach des Vaters Tode — den
der allmächtige Gott in ſeiner Gnade noch recht lange
verhüten möge — an Deinen Bruder. Mir bleibt,
außer einer ſehr geringen Wittwepenſion, nichts
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