Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.ganz Anderer zu sein schien. Mehr aber noch, als Diese Gedanken erweckten heute in Oswald nicht ganz Anderer zu ſein ſchien. Mehr aber noch, als Dieſe Gedanken erweckten heute in Oswald nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0035" n="25"/> ganz Anderer zu ſein ſchien. Mehr aber noch, als<lb/> der veränderte Anzug war es der veränderte Aus¬<lb/> druck des Geſichtes, der Oswald auffiel. Der höhniſche<lb/> Zug um den Mund, den ſelbſt der dichte Bart nicht<lb/> ganz verdecken konnte, die ſcharfen kleinen Fältchen<lb/> auf der hohen Stirn, um die Augen und die Naſen¬<lb/> flügel — Alles war von einem freundlichen Lächeln<lb/> ausgelöſcht, das den grauen, ſonſt ſo ſtechenden Augen<lb/> einen Ausdruck von Milde und Gutmüthigkeit gab,<lb/> den Oswald, ſo weit er auch von ſeinem Vorurtheil<lb/> gegen den Baron zurückgekommen war, niemals für<lb/> möglich gehalten haben würde. Ja, der Gedanke, daß<lb/> ein Weib dieſen ſeltſamen Mann von ganzem Herzen<lb/> lieben könnte, ſchien ihm nicht mehr ſo wunderlich,<lb/> wie auf dem Balle in Barnewitz. Er dachte an das<lb/> Blatt in Melitta's Album, er dachte an ſeine eigenen<lb/> Worte: Dieſer Mann wird niemals glücklich ſein, weil<lb/> er niemals wird glücklich ſein wollen, und an Melitta's<lb/> Antwort: „Darum iſt dieſer Mann aus meinem Leben<lb/> losgelöſt, wie ſein Bild aus dieſem Album,“ und er<lb/> ſagte ſich jetzt: er hätte glücklich ſein können, wenn<lb/> er gewollt hätte; warum wollte er es nicht? was<lb/> trennte dieſe Beiden? wer von ihnen ſprach das Wort,<lb/> das ſie — wie es ſcheint — auf ewig trennte?</p><lb/> <p>Dieſe Gedanken erweckten heute in Oswald nicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0035]
ganz Anderer zu ſein ſchien. Mehr aber noch, als
der veränderte Anzug war es der veränderte Aus¬
druck des Geſichtes, der Oswald auffiel. Der höhniſche
Zug um den Mund, den ſelbſt der dichte Bart nicht
ganz verdecken konnte, die ſcharfen kleinen Fältchen
auf der hohen Stirn, um die Augen und die Naſen¬
flügel — Alles war von einem freundlichen Lächeln
ausgelöſcht, das den grauen, ſonſt ſo ſtechenden Augen
einen Ausdruck von Milde und Gutmüthigkeit gab,
den Oswald, ſo weit er auch von ſeinem Vorurtheil
gegen den Baron zurückgekommen war, niemals für
möglich gehalten haben würde. Ja, der Gedanke, daß
ein Weib dieſen ſeltſamen Mann von ganzem Herzen
lieben könnte, ſchien ihm nicht mehr ſo wunderlich,
wie auf dem Balle in Barnewitz. Er dachte an das
Blatt in Melitta's Album, er dachte an ſeine eigenen
Worte: Dieſer Mann wird niemals glücklich ſein, weil
er niemals wird glücklich ſein wollen, und an Melitta's
Antwort: „Darum iſt dieſer Mann aus meinem Leben
losgelöſt, wie ſein Bild aus dieſem Album,“ und er
ſagte ſich jetzt: er hätte glücklich ſein können, wenn
er gewollt hätte; warum wollte er es nicht? was
trennte dieſe Beiden? wer von ihnen ſprach das Wort,
das ſie — wie es ſcheint — auf ewig trennte?
Dieſe Gedanken erweckten heute in Oswald nicht
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