ßen können, und wußtest doch, daß ich da draußen stand und um Einlaß bettelte! Aber ich will Dich nicht schelten. Du bist ja hier und nun ist Alles wieder gut."
Sie legte ihren Kopf an seine Brust und schaute durch Thränen lächelnd zu ihm empor: "nicht wahr, lieb Herz, nun ist Alles wieder gut? nun ist Melitta wieder, was sie Dir vorher war, was sie Dir ewig sein wird trotz aller hübschen sechzehnjährigen Mäd¬ chen, sie mögen Emilie heißen oder --"
"Melitta!"
"Oder Melitta! denn es giebt nur eine Melitta und wenn tausend so hießen und diese eine bin ich. Und daß Du diesen wichtigen Umstand vergessen konn¬ test, welche Umstände hast Du mir dadurch bereitet, mir und dem armen alten Baumann! Ich will von mir nichts sagen, denn Leid will Freud und Freud will Leid haben, und wenn man rechtschaffen liebt, kommt es auf ein paar Thränen, ein paar durch¬ wachte Nächte, ein paar angefangene und wieder zer¬ rissene Briefe mehr oder weniger nicht an; aber der arme Baumann! Denke Dir nur! ich war am ersten Tage ganz ruhig, denn ich dachte: er wird schon kom¬ men, und Dich fußfällig um Verzeihung bitten; als Du aber nicht kamst, nicht am zweiten, nicht am drit¬
ßen können, und wußteſt doch, daß ich da draußen ſtand und um Einlaß bettelte! Aber ich will Dich nicht ſchelten. Du biſt ja hier und nun iſt Alles wieder gut.“
Sie legte ihren Kopf an ſeine Bruſt und ſchaute durch Thränen lächelnd zu ihm empor: „nicht wahr, lieb Herz, nun iſt Alles wieder gut? nun iſt Melitta wieder, was ſie Dir vorher war, was ſie Dir ewig ſein wird trotz aller hübſchen ſechzehnjährigen Mäd¬ chen, ſie mögen Emilie heißen oder —“
„Melitta!“
„Oder Melitta! denn es giebt nur eine Melitta und wenn tauſend ſo hießen und dieſe eine bin ich. Und daß Du dieſen wichtigen Umſtand vergeſſen konn¬ teſt, welche Umſtände haſt Du mir dadurch bereitet, mir und dem armen alten Baumann! Ich will von mir nichts ſagen, denn Leid will Freud und Freud will Leid haben, und wenn man rechtſchaffen liebt, kommt es auf ein paar Thränen, ein paar durch¬ wachte Nächte, ein paar angefangene und wieder zer¬ riſſene Briefe mehr oder weniger nicht an; aber der arme Baumann! Denke Dir nur! ich war am erſten Tage ganz ruhig, denn ich dachte: er wird ſchon kom¬ men, und Dich fußfällig um Verzeihung bitten; als Du aber nicht kamſt, nicht am zweiten, nicht am drit¬
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ßen können, und wußteſt doch, daß ich da draußen
ſtand und um Einlaß bettelte! Aber ich will Dich nicht
ſchelten. Du biſt ja hier und nun iſt Alles wieder
gut.“
Sie legte ihren Kopf an ſeine Bruſt und ſchaute
durch Thränen lächelnd zu ihm empor: „nicht wahr,
lieb Herz, nun iſt Alles wieder gut? nun iſt Melitta
wieder, was ſie Dir vorher war, was ſie Dir ewig
ſein wird trotz aller hübſchen ſechzehnjährigen Mäd¬
chen, ſie mögen Emilie heißen oder —“
„Melitta!“
„Oder Melitta! denn es giebt nur eine Melitta
und wenn tauſend ſo hießen und dieſe eine bin ich.
Und daß Du dieſen wichtigen Umſtand vergeſſen konn¬
teſt, welche Umſtände haſt Du mir dadurch bereitet,
mir und dem armen alten Baumann! Ich will von
mir nichts ſagen, denn Leid will Freud und Freud
will Leid haben, und wenn man rechtſchaffen liebt,
kommt es auf ein paar Thränen, ein paar durch¬
wachte Nächte, ein paar angefangene und wieder zer¬
riſſene Briefe mehr oder weniger nicht an; aber der
arme Baumann! Denke Dir nur! ich war am erſten
Tage ganz ruhig, denn ich dachte: er wird ſchon kom¬
men, und Dich fußfällig um Verzeihung bitten; als
Du aber nicht kamſt, nicht am zweiten, nicht am drit¬
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/69>, abgerufen am 16.07.2024.
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