bis ich Dich sah; denn, was ich früher Liebe nannte, war nur die unbefriedigte Sehnsucht nach einem Ideal, das ich im tiefsten Herzen trug, das sich mir niemals zeigen wollte, und das, jemals zu finden, ich schon seit Jahren die Hoffnung aufgegeben hatte."
"Und Du glaubst, ich sei dies verkörperte Ideal? Arme Melitta! wie bald wirst Du aus diesem Traum erwachen! Erwache, Melitta! erwache -- noch ist es Zeit!"
"Nein, Oswald, es ist zu spät. Es giebt eine Liebe, die stark ist wie der Tod, und aus ihr giebt es kein Erwachen. Nein! kein Erwachen! Ich fühle es, ich weiß es. Und wenn Du Dein Antlitz von mir wendetest, und wenn Du mich von Dir stießest -- Dir gegenüber habe ich keinen gekränkten Stolz, keine verletzte Eitelkeit -- nur Liebe, unergründliche, unermeßliche, unerschöpfliche Liebe. Bis jetzt wußte ich nur, daß ich lieben könne; wie sehr ich lieben könne, hast Du mich erst gelehrt. . . .
"Und nun kann ich auch ruhig über die Zeit sprechen, in der ich Dich noch nicht kannte -- denn jenes Leben war nur ein Scheinleben -- und Alles, was ich fühlte und dachte, war nur ein unbestimmtes Träumen ohne Zusammenhang und Sinn. Jetzt weiß ich es, jetzt, wo ich in dem Sonnenstrahl Deiner
bis ich Dich ſah; denn, was ich früher Liebe nannte, war nur die unbefriedigte Sehnſucht nach einem Ideal, das ich im tiefſten Herzen trug, das ſich mir niemals zeigen wollte, und das, jemals zu finden, ich ſchon ſeit Jahren die Hoffnung aufgegeben hatte.“
„Und Du glaubſt, ich ſei dies verkörperte Ideal? Arme Melitta! wie bald wirſt Du aus dieſem Traum erwachen! Erwache, Melitta! erwache — noch iſt es Zeit!“
„Nein, Oswald, es iſt zu ſpät. Es giebt eine Liebe, die ſtark iſt wie der Tod, und aus ihr giebt es kein Erwachen. Nein! kein Erwachen! Ich fühle es, ich weiß es. Und wenn Du Dein Antlitz von mir wendeteſt, und wenn Du mich von Dir ſtießeſt — Dir gegenüber habe ich keinen gekränkten Stolz, keine verletzte Eitelkeit — nur Liebe, unergründliche, unermeßliche, unerſchöpfliche Liebe. Bis jetzt wußte ich nur, daß ich lieben könne; wie ſehr ich lieben könne, haſt Du mich erſt gelehrt. . . .
„Und nun kann ich auch ruhig über die Zeit ſprechen, in der ich Dich noch nicht kannte — denn jenes Leben war nur ein Scheinleben — und Alles, was ich fühlte und dachte, war nur ein unbeſtimmtes Träumen ohne Zuſammenhang und Sinn. Jetzt weiß ich es, jetzt, wo ich in dem Sonnenſtrahl Deiner
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bis ich Dich ſah; denn, was ich früher Liebe nannte,
war nur die unbefriedigte Sehnſucht nach einem Ideal,
das ich im tiefſten Herzen trug, das ſich mir niemals
zeigen wollte, und das, jemals zu finden, ich ſchon ſeit
Jahren die Hoffnung aufgegeben hatte.“
„Und Du glaubſt, ich ſei dies verkörperte Ideal?
Arme Melitta! wie bald wirſt Du aus dieſem Traum
erwachen! Erwache, Melitta! erwache — noch iſt es
Zeit!“
„Nein, Oswald, es iſt zu ſpät. Es giebt eine
Liebe, die ſtark iſt wie der Tod, und aus ihr giebt
es kein Erwachen. Nein! kein Erwachen! Ich fühle
es, ich weiß es. Und wenn Du Dein Antlitz von
mir wendeteſt, und wenn Du mich von Dir ſtießeſt
— Dir gegenüber habe ich keinen gekränkten Stolz,
keine verletzte Eitelkeit — nur Liebe, unergründliche,
unermeßliche, unerſchöpfliche Liebe. Bis jetzt wußte
ich nur, daß ich lieben könne; wie ſehr ich lieben
könne, haſt Du mich erſt gelehrt. . . .
„Und nun kann ich auch ruhig über die Zeit
ſprechen, in der ich Dich noch nicht kannte — denn
jenes Leben war nur ein Scheinleben — und Alles,
was ich fühlte und dachte, war nur ein unbeſtimmtes
Träumen ohne Zuſammenhang und Sinn. Jetzt weiß
ich es, jetzt, wo ich in dem Sonnenſtrahl Deiner
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/74>, abgerufen am 16.07.2024.
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