Saum der Lichtung erreichten, die braune Gräfin auf den Knien vor Czika, die sie mit Küssen und Lieb¬ kosungen überhäufte, während das Kind sich vergeblich bemühte, sie vom Boden empor zu ziehen und sich endlich zu ihr auf die Knie warf, ihr Haupt an dem Busen des Weibes verbergend.
Schweigend und regungslos standen die beiden Männer, tief ergriffen von dem Schauspiel einer so leidenschaftlichen Zärtlichkeit.
Da erhob sich die Zigeunerin und das Kind an die Hand nehmend, trat sie auf die Beiden zu und sagte zu Oldenburg, der sie mit weit aufgerissenen Augen anstarrte:
"Kennst Du mich, Herr?"
In diesem Augenblick leuchtete die Flamme hell auf und jeder Zug in dem edelstolzen Gesicht des egyptischen Weibes und jede Linie ihres schlanken, hohen Leibes war wie vom Tageslicht erhellt.
"Xenobi!" schrie der Baron, seine Arme ausbrei¬ tend, "Xenobi!"
Das braune Weib stürzte sich mit einem Schrei wahnsinnigen Entzückens an seine Brust und klammerte sich an ihn, als ob sie sich nie wieder von dem ge¬ liebten Manne trennen wolle. Aber im nächsten Mo¬ ment schon riß sie sich los, trat ein paar Schritte
Saum der Lichtung erreichten, die braune Gräfin auf den Knien vor Czika, die ſie mit Küſſen und Lieb¬ koſungen überhäufte, während das Kind ſich vergeblich bemühte, ſie vom Boden empor zu ziehen und ſich endlich zu ihr auf die Knie warf, ihr Haupt an dem Buſen des Weibes verbergend.
Schweigend und regungslos ſtanden die beiden Männer, tief ergriffen von dem Schauſpiel einer ſo leidenſchaftlichen Zärtlichkeit.
Da erhob ſich die Zigeunerin und das Kind an die Hand nehmend, trat ſie auf die Beiden zu und ſagte zu Oldenburg, der ſie mit weit aufgeriſſenen Augen anſtarrte:
„Kennſt Du mich, Herr?“
In dieſem Augenblick leuchtete die Flamme hell auf und jeder Zug in dem edelſtolzen Geſicht des egyptiſchen Weibes und jede Linie ihres ſchlanken, hohen Leibes war wie vom Tageslicht erhellt.
„Xenobi!“ ſchrie der Baron, ſeine Arme ausbrei¬ tend, „Xenobi!“
Das braune Weib ſtürzte ſich mit einem Schrei wahnſinnigen Entzückens an ſeine Bruſt und klammerte ſich an ihn, als ob ſie ſich nie wieder von dem ge¬ liebten Manne trennen wolle. Aber im nächſten Mo¬ ment ſchon riß ſie ſich los, trat ein paar Schritte
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Saum der Lichtung erreichten, die braune Gräfin auf
den Knien vor Czika, die ſie mit Küſſen und Lieb¬
koſungen überhäufte, während das Kind ſich vergeblich
bemühte, ſie vom Boden empor zu ziehen und ſich
endlich zu ihr auf die Knie warf, ihr Haupt an dem
Buſen des Weibes verbergend.
Schweigend und regungslos ſtanden die beiden
Männer, tief ergriffen von dem Schauſpiel einer ſo
leidenſchaftlichen Zärtlichkeit.
Da erhob ſich die Zigeunerin und das Kind an
die Hand nehmend, trat ſie auf die Beiden zu und
ſagte zu Oldenburg, der ſie mit weit aufgeriſſenen
Augen anſtarrte:
„Kennſt Du mich, Herr?“
In dieſem Augenblick leuchtete die Flamme hell
auf und jeder Zug in dem edelſtolzen Geſicht des
egyptiſchen Weibes und jede Linie ihres ſchlanken,
hohen Leibes war wie vom Tageslicht erhellt.
„Xenobi!“ ſchrie der Baron, ſeine Arme ausbrei¬
tend, „Xenobi!“
Das braune Weib ſtürzte ſich mit einem Schrei
wahnſinnigen Entzückens an ſeine Bruſt und klammerte
ſich an ihn, als ob ſie ſich nie wieder von dem ge¬
liebten Manne trennen wolle. Aber im nächſten Mo¬
ment ſchon riß ſie ſich los, trat ein paar Schritte
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/108>, abgerufen am 17.06.2024.
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