zurück und stand da, unbeweglich, die Hände über dem vollen Busen faltend. Czika stand zwischen ihr und dem Baron, die großen dunklen Augen voller Ver¬ wunderung von diesem zu jener, von jener zu diesem wendend.
Der Baron nahm sie bei der Hand und sagte, näher an die Zigeunerin tretend, in einem Tone, der, so sehr er sich auch zu beherrschen suchte, deutlich die ungeheure Erregung, die in ihm wühlte, verrieth:
"Xenobi, ist dieses Kind --"
Er vermochte nicht weiter zu sprechen; er rang mühsam nach Worten. Endlich stammelte er:
"Dein und mein Kind?"
"Ja, Herr!" sagte die Zigeunerin, ohne sich zu regen; die dunkeln glänzenden Augen fest auf das Antlitz des Barons heftend.
Oldenburg hob das Kind in seinen Armen empor und drückte es fest an seine Brust. Oswald fühlte, daß er die Drei allein lassen müsse und zog sich bis an den Rand des Waldes zurück. Dort setzte er sich. Es war dieselbe Stelle, auf der er an jenem Nach¬ mittage gelegen hatte, als er den köstlichen Traum von Melitta träumte, und von wo aus er hernach Czika auf dem Cymbal hatte spielen hören, während die braune Gräfin am Feuer schaffte und mit ihrer
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zurück und ſtand da, unbeweglich, die Hände über dem vollen Buſen faltend. Czika ſtand zwiſchen ihr und dem Baron, die großen dunklen Augen voller Ver¬ wunderung von dieſem zu jener, von jener zu dieſem wendend.
Der Baron nahm ſie bei der Hand und ſagte, näher an die Zigeunerin tretend, in einem Tone, der, ſo ſehr er ſich auch zu beherrſchen ſuchte, deutlich die ungeheure Erregung, die in ihm wühlte, verrieth:
„Xenobi, iſt dieſes Kind —“
Er vermochte nicht weiter zu ſprechen; er rang mühſam nach Worten. Endlich ſtammelte er:
„Dein und mein Kind?“
„Ja, Herr!“ ſagte die Zigeunerin, ohne ſich zu regen; die dunkeln glänzenden Augen feſt auf das Antlitz des Barons heftend.
Oldenburg hob das Kind in ſeinen Armen empor und drückte es feſt an ſeine Bruſt. Oswald fühlte, daß er die Drei allein laſſen müſſe und zog ſich bis an den Rand des Waldes zurück. Dort ſetzte er ſich. Es war dieſelbe Stelle, auf der er an jenem Nach¬ mittage gelegen hatte, als er den köſtlichen Traum von Melitta träumte, und von wo aus er hernach Czika auf dem Cymbal hatte ſpielen hören, während die braune Gräfin am Feuer ſchaffte und mit ihrer
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zurück und ſtand da, unbeweglich, die Hände über dem
vollen Buſen faltend. Czika ſtand zwiſchen ihr und
dem Baron, die großen dunklen Augen voller Ver¬
wunderung von dieſem zu jener, von jener zu dieſem
wendend.
Der Baron nahm ſie bei der Hand und ſagte,
näher an die Zigeunerin tretend, in einem Tone, der,
ſo ſehr er ſich auch zu beherrſchen ſuchte, deutlich die
ungeheure Erregung, die in ihm wühlte, verrieth:
„Xenobi, iſt dieſes Kind —“
Er vermochte nicht weiter zu ſprechen; er rang
mühſam nach Worten. Endlich ſtammelte er:
„Dein und mein Kind?“
„Ja, Herr!“ ſagte die Zigeunerin, ohne ſich zu
regen; die dunkeln glänzenden Augen feſt auf das
Antlitz des Barons heftend.
Oldenburg hob das Kind in ſeinen Armen empor
und drückte es feſt an ſeine Bruſt. Oswald fühlte,
daß er die Drei allein laſſen müſſe und zog ſich bis
an den Rand des Waldes zurück. Dort ſetzte er ſich.
Es war dieſelbe Stelle, auf der er an jenem Nach¬
mittage gelegen hatte, als er den köſtlichen Traum
von Melitta träumte, und von wo aus er hernach
Czika auf dem Cymbal hatte ſpielen hören, während
die braune Gräfin am Feuer ſchaffte und mit ihrer
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/109>, abgerufen am 17.06.2024.
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