Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

denklichen Lichte erschien. "Du bist heute nicht so
ruhig wie sonst; wenn Dir ein Unglück passirte, gerade
jetzt, wo Du dem Ziel Deiner Wünsche so nahe bist;
Jäger, ich ertrüge es nicht;" und die Dichterin brach
in Thränen aus und klammerte sich an ihren Gemal
an, dessen Anstrengungen, sich von der süßen Last zu
befreien, keineswegs sehr energisch waren.

"Gustava", murmelte er; "liebes Gustchen, es ist
weniger gefährlich, wie Du denkst. Sind Ihre Pistolen
mit einem Stecher versehen, Herr Baron?"

"Allerdings;" sagte Felix, den diese Scene nicht
wenig amüsirte. "Wenn sie gestochen sind, dürfen
Sie nicht niesen, oder ich stehe für nichts."

"Bleibe, bleib', mein Jäger;" flehte Primula.

"Es wird nicht so gefährlich sein," sagte der Pastor
mit bleichen Lippen.

"Das meinte neulich auch Kamerad von Schna¬
belsdorf," sagte Felix; "Nehmen Sie sich in Acht,
Schnabelsdorf, sagte ich. -- Dummes Zeug, sagte
Schnabelsdorf, und faßt die Pistole an der Mündung.
Im nächsten Augenblick war er um einen Finger
ärmer."

"Dies entscheidet;" sagte Primula, sich emporrich¬
tend; "Jäger, Du bleibst, ich befehle es Dir. Befasse

denklichen Lichte erſchien. „Du biſt heute nicht ſo
ruhig wie ſonſt; wenn Dir ein Unglück paſſirte, gerade
jetzt, wo Du dem Ziel Deiner Wünſche ſo nahe biſt;
Jäger, ich ertrüge es nicht;“ und die Dichterin brach
in Thränen aus und klammerte ſich an ihren Gemal
an, deſſen Anſtrengungen, ſich von der ſüßen Laſt zu
befreien, keineswegs ſehr energiſch waren.

„Guſtava“, murmelte er; „liebes Guſtchen, es iſt
weniger gefährlich, wie Du denkſt. Sind Ihre Piſtolen
mit einem Stecher verſehen, Herr Baron?“

„Allerdings;“ ſagte Felix, den dieſe Scene nicht
wenig amüſirte. „Wenn ſie geſtochen ſind, dürfen
Sie nicht nieſen, oder ich ſtehe für nichts.“

„Bleibe, bleib', mein Jäger;“ flehte Primula.

„Es wird nicht ſo gefährlich ſein,“ ſagte der Paſtor
mit bleichen Lippen.

„Das meinte neulich auch Kamerad von Schna¬
belsdorf,“ ſagte Felix; „Nehmen Sie ſich in Acht,
Schnabelsdorf, ſagte ich. — Dummes Zeug, ſagte
Schnabelsdorf, und faßt die Piſtole an der Mündung.
Im nächſten Augenblick war er um einen Finger
ärmer.“

„Dies entſcheidet;“ ſagte Primula, ſich emporrich¬
tend; „Jäger, Du bleibſt, ich befehle es Dir. Befaſſe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0177" n="167"/>
denklichen Lichte er&#x017F;chien. &#x201E;Du bi&#x017F;t heute nicht &#x017F;o<lb/>
ruhig wie &#x017F;on&#x017F;t; wenn Dir ein Unglück pa&#x017F;&#x017F;irte, gerade<lb/>
jetzt, wo Du dem Ziel Deiner Wün&#x017F;che &#x017F;o nahe bi&#x017F;t;<lb/>
Jäger, ich ertrüge es nicht;&#x201C; und die Dichterin brach<lb/>
in Thränen aus und klammerte &#x017F;ich an ihren Gemal<lb/>
an, de&#x017F;&#x017F;en An&#x017F;trengungen, &#x017F;ich von der &#x017F;üßen La&#x017F;t zu<lb/>
befreien, keineswegs &#x017F;ehr energi&#x017F;ch waren.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gu&#x017F;tava&#x201C;, murmelte er; &#x201E;liebes Gu&#x017F;tchen, es i&#x017F;t<lb/>
weniger gefährlich, wie Du denk&#x017F;t. Sind Ihre Pi&#x017F;tolen<lb/>
mit einem Stecher ver&#x017F;ehen, Herr Baron?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Allerdings;&#x201C; &#x017F;agte Felix, den die&#x017F;e Scene nicht<lb/>
wenig amü&#x017F;irte. &#x201E;Wenn &#x017F;ie ge&#x017F;tochen &#x017F;ind, dürfen<lb/>
Sie nicht nie&#x017F;en, oder ich &#x017F;tehe für nichts.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bleibe, bleib', mein Jäger;&#x201C; flehte Primula.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es wird nicht &#x017F;o gefährlich &#x017F;ein,&#x201C; &#x017F;agte der Pa&#x017F;tor<lb/>
mit bleichen Lippen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das meinte neulich auch Kamerad von Schna¬<lb/>
belsdorf,&#x201C; &#x017F;agte Felix; &#x201E;Nehmen Sie &#x017F;ich in Acht,<lb/>
Schnabelsdorf, &#x017F;agte ich. &#x2014; Dummes Zeug, &#x017F;agte<lb/>
Schnabelsdorf, und faßt die Pi&#x017F;tole an der Mündung.<lb/>
Im näch&#x017F;ten Augenblick war er um einen Finger<lb/>
ärmer.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dies ent&#x017F;cheidet;&#x201C; &#x017F;agte Primula, &#x017F;ich emporrich¬<lb/>
tend; &#x201E;Jäger, Du bleib&#x017F;t, ich befehle es Dir. Befa&#x017F;&#x017F;e<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0177] denklichen Lichte erſchien. „Du biſt heute nicht ſo ruhig wie ſonſt; wenn Dir ein Unglück paſſirte, gerade jetzt, wo Du dem Ziel Deiner Wünſche ſo nahe biſt; Jäger, ich ertrüge es nicht;“ und die Dichterin brach in Thränen aus und klammerte ſich an ihren Gemal an, deſſen Anſtrengungen, ſich von der ſüßen Laſt zu befreien, keineswegs ſehr energiſch waren. „Guſtava“, murmelte er; „liebes Guſtchen, es iſt weniger gefährlich, wie Du denkſt. Sind Ihre Piſtolen mit einem Stecher verſehen, Herr Baron?“ „Allerdings;“ ſagte Felix, den dieſe Scene nicht wenig amüſirte. „Wenn ſie geſtochen ſind, dürfen Sie nicht nieſen, oder ich ſtehe für nichts.“ „Bleibe, bleib', mein Jäger;“ flehte Primula. „Es wird nicht ſo gefährlich ſein,“ ſagte der Paſtor mit bleichen Lippen. „Das meinte neulich auch Kamerad von Schna¬ belsdorf,“ ſagte Felix; „Nehmen Sie ſich in Acht, Schnabelsdorf, ſagte ich. — Dummes Zeug, ſagte Schnabelsdorf, und faßt die Piſtole an der Mündung. Im nächſten Augenblick war er um einen Finger ärmer.“ „Dies entſcheidet;“ ſagte Primula, ſich emporrich¬ tend; „Jäger, Du bleibſt, ich befehle es Dir. Befaſſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/177
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/177>, abgerufen am 23.12.2024.