"Der Apoll von Belvedere!" sagte Primula, man wußte nicht recht, ob ebenfalls ironisch oder in einem Anfall poetischer Extase.
"Ich denke, Seine Hoheit wird nächstens von dem Piedestal herabsteigen," sagte Felix.
"Die gestrengen Herren regieren bekanntlich nicht lange," sagte die Baronin mit einem bedeutungsvollen Blick nach dem Pastor, welchen dieser mit einem schlauen Zwickern seines rechten Auges über das runde Brillenglas sofort beantwortete.
"Bruno fehlt auch alle Tage etwas Anderes," sagte Malte, sich Zucker über seine Erdbeeren streuend.
Helene sagte nichts. Sie saß da, den Blick fest auf die Erde geheftet. Jetzt stand sie auf und ging, ohne ein Wort zu sagen aus der Laube, dem Schlosse zu.
"Du kommst doch wieder, Helene?" rief ihr die Mutter nach.
"Ich glaube kaum," antwortete Helene sich um¬ wendend; "es wird mir etwas zu kühl hier draußen."
Sie setzte ihren Weg fort. Die Baronin und Felix warfen sich einen vielsagenden Blick zu.
Der in die Stadt geschickte Jochen war in der gehörigen Zeit zurück, um zu melden, daß er Dr. Bal¬
„Der Apoll von Belvedere!“ ſagte Primula, man wußte nicht recht, ob ebenfalls ironiſch oder in einem Anfall poetiſcher Extaſe.
„Ich denke, Seine Hoheit wird nächſtens von dem Piedeſtal herabſteigen,“ ſagte Felix.
„Die geſtrengen Herren regieren bekanntlich nicht lange,“ ſagte die Baronin mit einem bedeutungsvollen Blick nach dem Paſtor, welchen dieſer mit einem ſchlauen Zwickern ſeines rechten Auges über das runde Brillenglas ſofort beantwortete.
„Bruno fehlt auch alle Tage etwas Anderes,“ ſagte Malte, ſich Zucker über ſeine Erdbeeren ſtreuend.
Helene ſagte nichts. Sie ſaß da, den Blick feſt auf die Erde geheftet. Jetzt ſtand ſie auf und ging, ohne ein Wort zu ſagen aus der Laube, dem Schloſſe zu.
„Du kommſt doch wieder, Helene?“ rief ihr die Mutter nach.
„Ich glaube kaum,“ antwortete Helene ſich um¬ wendend; „es wird mir etwas zu kühl hier draußen.“
Sie ſetzte ihren Weg fort. Die Baronin und Felix warfen ſich einen vielſagenden Blick zu.
Der in die Stadt geſchickte Jochen war in der gehörigen Zeit zurück, um zu melden, daß er Dr. Bal¬
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„Der Apoll von Belvedere!“ ſagte Primula, man
wußte nicht recht, ob ebenfalls ironiſch oder in einem
Anfall poetiſcher Extaſe.
„Ich denke, Seine Hoheit wird nächſtens von dem
Piedeſtal herabſteigen,“ ſagte Felix.
„Die geſtrengen Herren regieren bekanntlich nicht
lange,“ ſagte die Baronin mit einem bedeutungsvollen
Blick nach dem Paſtor, welchen dieſer mit einem
ſchlauen Zwickern ſeines rechten Auges über das runde
Brillenglas ſofort beantwortete.
„Bruno fehlt auch alle Tage etwas Anderes,“
ſagte Malte, ſich Zucker über ſeine Erdbeeren
ſtreuend.
Helene ſagte nichts. Sie ſaß da, den Blick feſt
auf die Erde geheftet. Jetzt ſtand ſie auf und
ging, ohne ein Wort zu ſagen aus der Laube, dem
Schloſſe zu.
„Du kommſt doch wieder, Helene?“ rief ihr die
Mutter nach.
„Ich glaube kaum,“ antwortete Helene ſich um¬
wendend; „es wird mir etwas zu kühl hier draußen.“
Sie ſetzte ihren Weg fort. Die Baronin und Felix
warfen ſich einen vielſagenden Blick zu.
Der in die Stadt geſchickte Jochen war in der
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/204>, abgerufen am 17.06.2024.
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