auf immer von den Meinigen; er soll mich nicht auch von Bruno trennen, den ich so herzlich liebe, von Ihnen, der Sie stets so gut und freundlich zu mir gewesen sind. Ich habe Sie immer für meinen Freund gehalten, Sie immer hoch geschätzt und geehrt -- wie hoch, das möge Ihnen dieser Brief selbst be¬ weisen. Lesen Sie ihn! Wenn alle Welt weiß, wie ich über Sie denke, so dürfen Sie es am Ende ja auch wol wissen."
Und das junge Mädchen reichte Oswald den Brief hin. Ihr Antlitz glühte, aber nicht mehr vor Zorn oder Scham. Ihre dunkeln Augen leuchteten, aber wie einer Heldin, die sich für eine heilige Sache zu opfern im Begriff steht.
"Lesen Sie nur! sagte sie mit einem eigenthüm¬ lichen Lächeln, als Oswald sie ungläubig anstarrte; "fürchten Sie nicht, daß es mich hinterher reuen wird. Ich weiß, daß Ihr Herz einer Andern gehört, die seit gestern wieder in unserer Nähe ist. Bruno, der Alles weiß, hat es mir verrathen. Ich will von Ihnen nichts, als was ich schon habe -- Ihre Freund¬ schaft. Lesen Sie den Brief, und wenn Sie ihn ge¬ lesen haben, verbrennen Sie ihn in Gottes Namen."
Ehe Oswald sich von seinem grenzenlosen Erstau¬ nen über diese wunderbare Rede nur so weit erholen
auf immer von den Meinigen; er ſoll mich nicht auch von Bruno trennen, den ich ſo herzlich liebe, von Ihnen, der Sie ſtets ſo gut und freundlich zu mir geweſen ſind. Ich habe Sie immer für meinen Freund gehalten, Sie immer hoch geſchätzt und geehrt — wie hoch, das möge Ihnen dieſer Brief ſelbſt be¬ weiſen. Leſen Sie ihn! Wenn alle Welt weiß, wie ich über Sie denke, ſo dürfen Sie es am Ende ja auch wol wiſſen.“
Und das junge Mädchen reichte Oswald den Brief hin. Ihr Antlitz glühte, aber nicht mehr vor Zorn oder Scham. Ihre dunkeln Augen leuchteten, aber wie einer Heldin, die ſich für eine heilige Sache zu opfern im Begriff ſteht.
„Leſen Sie nur! ſagte ſie mit einem eigenthüm¬ lichen Lächeln, als Oswald ſie ungläubig anſtarrte; „fürchten Sie nicht, daß es mich hinterher reuen wird. Ich weiß, daß Ihr Herz einer Andern gehört, die ſeit geſtern wieder in unſerer Nähe iſt. Bruno, der Alles weiß, hat es mir verrathen. Ich will von Ihnen nichts, als was ich ſchon habe — Ihre Freund¬ ſchaft. Leſen Sie den Brief, und wenn Sie ihn ge¬ leſen haben, verbrennen Sie ihn in Gottes Namen.“
Ehe Oswald ſich von ſeinem grenzenloſen Erſtau¬ nen über dieſe wunderbare Rede nur ſo weit erholen
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[202/0212]
auf immer von den Meinigen; er ſoll mich nicht auch
von Bruno trennen, den ich ſo herzlich liebe, von
Ihnen, der Sie ſtets ſo gut und freundlich zu mir
geweſen ſind. Ich habe Sie immer für meinen
Freund gehalten, Sie immer hoch geſchätzt und geehrt
— wie hoch, das möge Ihnen dieſer Brief ſelbſt be¬
weiſen. Leſen Sie ihn! Wenn alle Welt weiß, wie
ich über Sie denke, ſo dürfen Sie es am Ende ja
auch wol wiſſen.“
Und das junge Mädchen reichte Oswald den Brief
hin. Ihr Antlitz glühte, aber nicht mehr vor Zorn
oder Scham. Ihre dunkeln Augen leuchteten, aber
wie einer Heldin, die ſich für eine heilige Sache zu
opfern im Begriff ſteht.
„Leſen Sie nur! ſagte ſie mit einem eigenthüm¬
lichen Lächeln, als Oswald ſie ungläubig anſtarrte;
„fürchten Sie nicht, daß es mich hinterher reuen
wird. Ich weiß, daß Ihr Herz einer Andern gehört,
die ſeit geſtern wieder in unſerer Nähe iſt. Bruno,
der Alles weiß, hat es mir verrathen. Ich will von
Ihnen nichts, als was ich ſchon habe — Ihre Freund¬
ſchaft. Leſen Sie den Brief, und wenn Sie ihn ge¬
leſen haben, verbrennen Sie ihn in Gottes Namen.“
Ehe Oswald ſich von ſeinem grenzenloſen Erſtau¬
nen über dieſe wunderbare Rede nur ſo weit erholen
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/212>, abgerufen am 17.06.2024.
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