"Standen Sachen darin, von denen Du nicht gerne möchtest, daß sie Anderen zu Gesicht kämen?"
"Allerdings."
"Auch nicht Deinen Eltern?"
Helene schwieg. "Auch nicht Deinen Eltern?"
"Ja."
"Zum Beispiel, daß Deine Eltern für Dich todt sind, ebenso wie Deine übrigen Verwandten?"
"Du hast den Brief gelesen?"
"Wie Du siehst."
"So habe ich nichts weiter zu sagen und zu fragen."
Helene verbeugte sich und wandte sich, zu gehen.
"Bleib," sagte die Baronin; "wenn Du nichts weiter zu sagen hast, so habe ich noch mehre Fragen an Dich zu richten, die Du mir gütigst beantworten wirst. Was den Brief betrifft, so beruhige Dich. Wenn Eltern ihren Kindern die Erlaubniß geben, frei zu correspondiren, thun sie's in der Erwartung, daß die Kinder dieser Erlaubniß würdig sind. Sehen sie sich in dieser Erwartung betrogen, nehmen sie ihre Erlaubniß zurück. Darin liegt nichts Außerordentli¬ liches. Das aber ist außerordentlich, wenn ein Kind, das von seinen Eltern nur Liebe erfahren hat, sich
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„Standen Sachen darin, von denen Du nicht gerne möchteſt, daß ſie Anderen zu Geſicht kämen?“
„Allerdings.“
„Auch nicht Deinen Eltern?“
Helene ſchwieg. „Auch nicht Deinen Eltern?“
„Ja.“
„Zum Beiſpiel, daß Deine Eltern für Dich todt ſind, ebenſo wie Deine übrigen Verwandten?“
„Du haſt den Brief geleſen?“
„Wie Du ſiehſt.“
„So habe ich nichts weiter zu ſagen und zu fragen.“
Helene verbeugte ſich und wandte ſich, zu gehen.
„Bleib,“ ſagte die Baronin; „wenn Du nichts weiter zu ſagen haſt, ſo habe ich noch mehre Fragen an Dich zu richten, die Du mir gütigſt beantworten wirſt. Was den Brief betrifft, ſo beruhige Dich. Wenn Eltern ihren Kindern die Erlaubniß geben, frei zu correſpondiren, thun ſie's in der Erwartung, daß die Kinder dieſer Erlaubniß würdig ſind. Sehen ſie ſich in dieſer Erwartung betrogen, nehmen ſie ihre Erlaubniß zurück. Darin liegt nichts Außerordentli¬ liches. Das aber iſt außerordentlich, wenn ein Kind, das von ſeinen Eltern nur Liebe erfahren hat, ſich
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„Standen Sachen darin, von denen Du nicht gerne
möchteſt, daß ſie Anderen zu Geſicht kämen?“
„Allerdings.“
„Auch nicht Deinen Eltern?“
Helene ſchwieg.
„Auch nicht Deinen Eltern?“
„Ja.“
„Zum Beiſpiel, daß Deine Eltern für Dich todt
ſind, ebenſo wie Deine übrigen Verwandten?“
„Du haſt den Brief geleſen?“
„Wie Du ſiehſt.“
„So habe ich nichts weiter zu ſagen und zu
fragen.“
Helene verbeugte ſich und wandte ſich, zu gehen.
„Bleib,“ ſagte die Baronin; „wenn Du nichts
weiter zu ſagen haſt, ſo habe ich noch mehre Fragen
an Dich zu richten, die Du mir gütigſt beantworten
wirſt. Was den Brief betrifft, ſo beruhige Dich.
Wenn Eltern ihren Kindern die Erlaubniß geben, frei
zu correſpondiren, thun ſie's in der Erwartung, daß
die Kinder dieſer Erlaubniß würdig ſind. Sehen
ſie ſich in dieſer Erwartung betrogen, nehmen ſie ihre
Erlaubniß zurück. Darin liegt nichts Außerordentli¬
liches. Das aber iſt außerordentlich, wenn ein Kind,
das von ſeinen Eltern nur Liebe erfahren hat, ſich
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/221>, abgerufen am 26.06.2024.
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