in den Saal schaffen. Herr Timm hat sich erboten, zu spielen; ich wollte mir erlauben, die gnädige Frau um den ersten Tanz zu bitten, im Fall Sie sich noch nicht versagt haben."
"Ich mich versagt? Bewahre! die Zeiten sind vor¬ über, wo ich auf Wochen voraus zu jedem Tanz en¬ gagirt war. Ich überlasse das jetzt den Jüngeren."
"Sie belieben zu scherzen."
"Keineswegs. Sie sind der Erste und weil ich fürchte, daß Sie auch der Letzte sein werden, will ich lieber gar nicht anfangen, sondern Sie bitten, sich ein wenig zu mir zu setzen, und die Zeit, die Sie mit mir vertanzen wollten, in aller Ruhe zu verplaudern. Ist es Ihnen recht?"
"Die Frage beantwortet sich selbst," sagte Os¬ wald, Hortense einen Stuhl herbeiziehend.
"Setzen Sie sich auch!" sagte diese. "Ich höre, Herr Doctor; Sie haben ein großes Talent zur Sa¬ tire; lassen Sie mich eine Probe dieses Talentes hören; an Stoff kann's Ihnen ja nicht fehlen, wenn Sie von unserem Standpunkt aus einen Blick auf die Ge¬ sellschaft hier im Saale werfen. Welche von den Damen halten Sie für die hübscheste?"
"Sie meinen die am wenigsten häßliche?"
"Sie Spötter! Freilich, außer einigen erträglichen
in den Saal ſchaffen. Herr Timm hat ſich erboten, zu ſpielen; ich wollte mir erlauben, die gnädige Frau um den erſten Tanz zu bitten, im Fall Sie ſich noch nicht verſagt haben.“
„Ich mich verſagt? Bewahre! die Zeiten ſind vor¬ über, wo ich auf Wochen voraus zu jedem Tanz en¬ gagirt war. Ich überlaſſe das jetzt den Jüngeren.“
„Sie belieben zu ſcherzen.“
„Keineswegs. Sie ſind der Erſte und weil ich fürchte, daß Sie auch der Letzte ſein werden, will ich lieber gar nicht anfangen, ſondern Sie bitten, ſich ein wenig zu mir zu ſetzen, und die Zeit, die Sie mit mir vertanzen wollten, in aller Ruhe zu verplaudern. Iſt es Ihnen recht?“
„Setzen Sie ſich auch!“ ſagte dieſe. „Ich höre, Herr Doctor; Sie haben ein großes Talent zur Sa¬ tire; laſſen Sie mich eine Probe dieſes Talentes hören; an Stoff kann's Ihnen ja nicht fehlen, wenn Sie von unſerem Standpunkt aus einen Blick auf die Ge¬ ſellſchaft hier im Saale werfen. Welche von den Damen halten Sie für die hübſcheſte?“
„Sie meinen die am wenigſten häßliche?“
„Sie Spötter! Freilich, außer einigen erträglichen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0066"n="56"/>
in den Saal ſchaffen. Herr Timm hat ſich erboten,<lb/>
zu ſpielen; ich wollte mir erlauben, die gnädige Frau<lb/>
um den erſten Tanz zu bitten, im Fall Sie ſich noch<lb/>
nicht verſagt haben.“</p><lb/><p>„Ich mich verſagt? Bewahre! die Zeiten ſind vor¬<lb/>
über, wo ich auf Wochen voraus zu jedem Tanz en¬<lb/>
gagirt war. Ich überlaſſe das jetzt den Jüngeren.“</p><lb/><p>„Sie belieben zu ſcherzen.“</p><lb/><p>„Keineswegs. Sie ſind der Erſte und weil ich<lb/>
fürchte, daß Sie auch der Letzte ſein werden, will ich<lb/>
lieber gar nicht anfangen, ſondern Sie bitten, ſich ein<lb/>
wenig zu mir zu ſetzen, und die Zeit, die Sie mit<lb/>
mir vertanzen wollten, in aller Ruhe zu verplaudern.<lb/>
Iſt es Ihnen recht?“</p><lb/><p>„Die Frage beantwortet ſich ſelbſt,“ſagte Os¬<lb/>
wald, Hortenſe einen Stuhl herbeiziehend.</p><lb/><p>„Setzen Sie ſich auch!“ſagte dieſe. „Ich höre,<lb/>
Herr Doctor; Sie haben ein großes Talent zur Sa¬<lb/>
tire; laſſen Sie mich eine Probe dieſes Talentes hören;<lb/>
an Stoff kann's Ihnen ja nicht fehlen, wenn Sie<lb/>
von unſerem Standpunkt aus einen Blick auf die Ge¬<lb/>ſellſchaft hier im Saale werfen. Welche von den<lb/>
Damen halten Sie für die hübſcheſte?“</p><lb/><p>„Sie meinen die am wenigſten häßliche?“</p><lb/><p>„Sie Spötter! Freilich, außer einigen erträglichen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[56/0066]
in den Saal ſchaffen. Herr Timm hat ſich erboten,
zu ſpielen; ich wollte mir erlauben, die gnädige Frau
um den erſten Tanz zu bitten, im Fall Sie ſich noch
nicht verſagt haben.“
„Ich mich verſagt? Bewahre! die Zeiten ſind vor¬
über, wo ich auf Wochen voraus zu jedem Tanz en¬
gagirt war. Ich überlaſſe das jetzt den Jüngeren.“
„Sie belieben zu ſcherzen.“
„Keineswegs. Sie ſind der Erſte und weil ich
fürchte, daß Sie auch der Letzte ſein werden, will ich
lieber gar nicht anfangen, ſondern Sie bitten, ſich ein
wenig zu mir zu ſetzen, und die Zeit, die Sie mit
mir vertanzen wollten, in aller Ruhe zu verplaudern.
Iſt es Ihnen recht?“
„Die Frage beantwortet ſich ſelbſt,“ ſagte Os¬
wald, Hortenſe einen Stuhl herbeiziehend.
„Setzen Sie ſich auch!“ ſagte dieſe. „Ich höre,
Herr Doctor; Sie haben ein großes Talent zur Sa¬
tire; laſſen Sie mich eine Probe dieſes Talentes hören;
an Stoff kann's Ihnen ja nicht fehlen, wenn Sie
von unſerem Standpunkt aus einen Blick auf die Ge¬
ſellſchaft hier im Saale werfen. Welche von den
Damen halten Sie für die hübſcheſte?“
„Sie meinen die am wenigſten häßliche?“
„Sie Spötter! Freilich, außer einigen erträglichen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/66>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.