"Wer war der Fant, welcher dies Intermezzo ver¬ anlaßte?" fragte Oldenburg, als sie wieder in den Garten hinabgingen.
"Felix von Grenwitz, ihr Cousin."
"Ein allerliebstes Püppchen; und die junge Schön¬ heit soll die Puppe zum Gemahl haben; nicht?"
"Ich glaube."
"Und wie erscheint Ihnen das?"
"Wie die Welt dem Hamlet: ekel, schal und flach und unersprießlich."
"Meine böse Ahnung geht in Erfüllung;" mur¬ melte Oldenburg durch die Zähne.
"Sie sagten?"
"Ich dachte eben daran, ob Karl wohl den Wa¬ gen in die Höhe geschlagen hat, damit meine kleine Czika nicht ganz unter freiem Himmel sitzt. Freilich, ihr wäre es am liebsten, wenn sie nie eine andere Decke über sich hätte. Auf unsrer Reise jubelte sie jedesmal, so oft wir in die Nacht hineinfuhren, und sie die vielgeliebten Sterne über sich leuchten sah."
"Und -- darf man fragen, was Sie so plötzlich aus unserer Nähe riß?" fragte Oswald, und seine Stimme bebte.
"Eine Angelegenheit, die eigentlich nur indirect für mich von Bedeutung ist. Die Krankheit eines
„Wer war der Fant, welcher dies Intermezzo ver¬ anlaßte?“ fragte Oldenburg, als ſie wieder in den Garten hinabgingen.
„Felix von Grenwitz, ihr Couſin.“
„Ein allerliebſtes Püppchen; und die junge Schön¬ heit ſoll die Puppe zum Gemahl haben; nicht?“
„Ich glaube.“
„Und wie erſcheint Ihnen das?“
„Wie die Welt dem Hamlet: ekel, ſchal und flach und unerſprießlich.“
„Meine böſe Ahnung geht in Erfüllung;“ mur¬ melte Oldenburg durch die Zähne.
„Sie ſagten?“
„Ich dachte eben daran, ob Karl wohl den Wa¬ gen in die Höhe geſchlagen hat, damit meine kleine Czika nicht ganz unter freiem Himmel ſitzt. Freilich, ihr wäre es am liebſten, wenn ſie nie eine andere Decke über ſich hätte. Auf unſrer Reiſe jubelte ſie jedesmal, ſo oft wir in die Nacht hineinfuhren, und ſie die vielgeliebten Sterne über ſich leuchten ſah.“
„Und — darf man fragen, was Sie ſo plötzlich aus unſerer Nähe riß?“ fragte Oswald, und ſeine Stimme bebte.
„Eine Angelegenheit, die eigentlich nur indirect für mich von Bedeutung iſt. Die Krankheit eines
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[86/0096]
„Wer war der Fant, welcher dies Intermezzo ver¬
anlaßte?“ fragte Oldenburg, als ſie wieder in den
Garten hinabgingen.
„Felix von Grenwitz, ihr Couſin.“
„Ein allerliebſtes Püppchen; und die junge Schön¬
heit ſoll die Puppe zum Gemahl haben; nicht?“
„Ich glaube.“
„Und wie erſcheint Ihnen das?“
„Wie die Welt dem Hamlet: ekel, ſchal und flach
und unerſprießlich.“
„Meine böſe Ahnung geht in Erfüllung;“ mur¬
melte Oldenburg durch die Zähne.
„Sie ſagten?“
„Ich dachte eben daran, ob Karl wohl den Wa¬
gen in die Höhe geſchlagen hat, damit meine kleine
Czika nicht ganz unter freiem Himmel ſitzt. Freilich,
ihr wäre es am liebſten, wenn ſie nie eine andere
Decke über ſich hätte. Auf unſrer Reiſe jubelte ſie
jedesmal, ſo oft wir in die Nacht hineinfuhren, und
ſie die vielgeliebten Sterne über ſich leuchten ſah.“
„Und — darf man fragen, was Sie ſo plötzlich
aus unſerer Nähe riß?“ fragte Oswald, und ſeine
Stimme bebte.
„Eine Angelegenheit, die eigentlich nur indirect
für mich von Bedeutung iſt. Die Krankheit eines
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/96>, abgerufen am 26.06.2024.
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