versenkt hatten, um diese, wo möglich, aufzusu- chen, und dadurch das erforderliche Korpus delikti herzustellen. Beide abgeschickten Theile erschienen bald wieder vor den Schranken, die erstern hatten Wache nehmen müssen, um den Balbier vor der Rache des Pöbels zu schützen, weil dieser ihn für einen Theilnehmer am Verbrechen hielt, und mit Gewalt steinigen wollte; die letztern waren wirk- lich so glücklich gewesen, zwei große und wesent- liche Stücke der zertrümmerten Kasse zu finden, und wurden von einer großen Menge Volks bis an's Rathhaus im Triumphe begleitet, weil eben diese Stücke die Unschuld des armen Friedrichs vollkommen erwiesen.
Noch war der Rath mit dem Verhöre des Bal- biers beschäftigt, als die Gerichtsdiener meldeten, daß das Volk mit schrecklichem Ungestüme die Freiheit des unschuldigen Verbrechers fordre, und die Gefängnisse mit Gewalt zu erbrechen drohe, wenn man sie länger verzögre. Der Bürgermei- ster trat nun selbst auf den Balkon des Rathhau- ses, er machte mit liebreichen Worten der großen Menge kund, daß das versammlete Gericht selbst nicht mehr an der vollkommnen Unschuld des ar- men Friedrichs zweifle, nur noch ein Verhör zum Beweise derselben vollenden müsse, und dann ge- wiß nicht säumen werde, die ganze Familie in Freiheit zu setzen, wenn man vorher allen ihre an- erkannte Unschuld mit Vorsicht entdeckt hätte, weil
verſenkt hatten, um dieſe, wo moͤglich, aufzuſu- chen, und dadurch das erforderliche Korpus delikti herzuſtellen. Beide abgeſchickten Theile erſchienen bald wieder vor den Schranken, die erſtern hatten Wache nehmen muͤſſen, um den Balbier vor der Rache des Poͤbels zu ſchuͤtzen, weil dieſer ihn fuͤr einen Theilnehmer am Verbrechen hielt, und mit Gewalt ſteinigen wollte; die letztern waren wirk- lich ſo gluͤcklich geweſen, zwei große und weſent- liche Stuͤcke der zertruͤmmerten Kaſſe zu finden, und wurden von einer großen Menge Volks bis an's Rathhaus im Triumphe begleitet, weil eben dieſe Stuͤcke die Unſchuld des armen Friedrichs vollkommen erwieſen.
Noch war der Rath mit dem Verhoͤre des Bal- biers beſchaͤftigt, als die Gerichtsdiener meldeten, daß das Volk mit ſchrecklichem Ungeſtuͤme die Freiheit des unſchuldigen Verbrechers fordre, und die Gefaͤngniſſe mit Gewalt zu erbrechen drohe, wenn man ſie laͤnger verzoͤgre. Der Buͤrgermei- ſter trat nun ſelbſt auf den Balkon des Rathhau- ſes, er machte mit liebreichen Worten der großen Menge kund, daß das verſammlete Gericht ſelbſt nicht mehr an der vollkommnen Unſchuld des ar- men Friedrichs zweifle, nur noch ein Verhoͤr zum Beweiſe derſelben vollenden muͤſſe, und dann ge- wiß nicht ſaͤumen werde, die ganze Familie in Freiheit zu ſetzen, wenn man vorher allen ihre an- erkannte Unſchuld mit Vorſicht entdeckt haͤtte, weil
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verſenkt hatten, um dieſe, wo moͤglich, aufzuſu-
chen, und dadurch das erforderliche Korpus delikti
herzuſtellen. Beide abgeſchickten Theile erſchienen
bald wieder vor den Schranken, die erſtern hatten
Wache nehmen muͤſſen, um den Balbier vor der
Rache des Poͤbels zu ſchuͤtzen, weil dieſer ihn fuͤr
einen Theilnehmer am Verbrechen hielt, und mit
Gewalt ſteinigen wollte; die letztern waren wirk-
lich ſo gluͤcklich geweſen, zwei große und weſent-
liche Stuͤcke der zertruͤmmerten Kaſſe zu finden,
und wurden von einer großen Menge Volks bis
an's Rathhaus im Triumphe begleitet, weil eben
dieſe Stuͤcke die Unſchuld des armen Friedrichs
vollkommen erwieſen.
Noch war der Rath mit dem Verhoͤre des Bal-
biers beſchaͤftigt, als die Gerichtsdiener meldeten,
daß das Volk mit ſchrecklichem Ungeſtuͤme die
Freiheit des unſchuldigen Verbrechers fordre, und
die Gefaͤngniſſe mit Gewalt zu erbrechen drohe,
wenn man ſie laͤnger verzoͤgre. Der Buͤrgermei-
ſter trat nun ſelbſt auf den Balkon des Rathhau-
ſes, er machte mit liebreichen Worten der großen
Menge kund, daß das verſammlete Gericht ſelbſt
nicht mehr an der vollkommnen Unſchuld des ar-
men Friedrichs zweifle, nur noch ein Verhoͤr zum
Beweiſe derſelben vollenden muͤſſe, und dann ge-
wiß nicht ſaͤumen werde, die ganze Familie in
Freiheit zu ſetzen, wenn man vorher allen ihre an-
erkannte Unſchuld mit Vorſicht entdeckt haͤtte, weil
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien01_1796/152>, abgerufen am 16.02.2025.
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