Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.von mir entfernte; doch da er mir jede Abwesen- Erst. Bändch. N
von mir entfernte; doch da er mir jede Abweſen- Erſt. Baͤndch. N
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0207" n="193"/> von mir entfernte; doch da er mir jede Abweſen-<lb/> heit mit feuriger Liebe lohnte, ſo hielt ich's fuͤr<lb/> grauſam, ihm ſein einziges Vergnuͤgen durch Vor-<lb/> wuͤrfe zu verbittern. Im Karneval giengen wir<lb/> nach Venedig, und von da nach Paris, wo wir<lb/> zwei volle Jahre ſehr vergnuͤgt, aber auch ſehr<lb/> theuer lebten. Karl fuͤhrte von jeher die Kaſſe,<lb/> ich bekuͤmmerte mich nie um's Geld, unterſchrieb<lb/> alles, was er mir vorlegte, ohne die geringſte<lb/> Unterſuchung, er blieb ſtets der alte, treue Karl,<lb/> mehr verlangte und forderte ich nicht. Er aͤußer-<lb/> te bald hernach den Wunſch, London zu ſehen,<lb/> ich fuͤgte mich willig jeder ſeiner Launen, und<lb/> wir reißten im Fruͤhjahre dahin. Karls Leiden-<lb/> ſchaft zum Spiele hatte ſich ſehr gemindert, aber<lb/> er fand jetzt um ſo groͤßeres Vergnuͤgen am Pfer-<lb/> derennen, und verwettete bei dieſem anſehnliche<lb/> Summen. Als wir dort wieder zwei Jahre in<lb/> der groͤßten Zerſtreuung durchlebt, und ich ihm<lb/> eine Tochter gebohren hatte, fand ich ihn oft aͤu-<lb/> ſerſt traurig und melancholiſch auf ſeinem Zimmer.<lb/> Da ich muthmaßte, daß Englands dicke Luft auf ihn<lb/> wirke, ſo ward mir das Land verhaßt, ich drang dar-<lb/> auf, daß wir es je eher, je lieber verlaſſen ſollten.<lb/> Karl verſprach's, verzoͤgerte aber immer ſein Ver-<lb/> ſprechen von einer Zeit zur andern. Einſt kam<lb/> ich aus dem Theater nach Hauſe, fand dort ei-<lb/> nen Unbekannten, welcher mir einen Zettel uͤber-<lb/> reichte, und ſogleich fortgieng; es war meines<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Erſt. Baͤndch.</hi> N</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [193/0207]
von mir entfernte; doch da er mir jede Abweſen-
heit mit feuriger Liebe lohnte, ſo hielt ich's fuͤr
grauſam, ihm ſein einziges Vergnuͤgen durch Vor-
wuͤrfe zu verbittern. Im Karneval giengen wir
nach Venedig, und von da nach Paris, wo wir
zwei volle Jahre ſehr vergnuͤgt, aber auch ſehr
theuer lebten. Karl fuͤhrte von jeher die Kaſſe,
ich bekuͤmmerte mich nie um's Geld, unterſchrieb
alles, was er mir vorlegte, ohne die geringſte
Unterſuchung, er blieb ſtets der alte, treue Karl,
mehr verlangte und forderte ich nicht. Er aͤußer-
te bald hernach den Wunſch, London zu ſehen,
ich fuͤgte mich willig jeder ſeiner Launen, und
wir reißten im Fruͤhjahre dahin. Karls Leiden-
ſchaft zum Spiele hatte ſich ſehr gemindert, aber
er fand jetzt um ſo groͤßeres Vergnuͤgen am Pfer-
derennen, und verwettete bei dieſem anſehnliche
Summen. Als wir dort wieder zwei Jahre in
der groͤßten Zerſtreuung durchlebt, und ich ihm
eine Tochter gebohren hatte, fand ich ihn oft aͤu-
ſerſt traurig und melancholiſch auf ſeinem Zimmer.
Da ich muthmaßte, daß Englands dicke Luft auf ihn
wirke, ſo ward mir das Land verhaßt, ich drang dar-
auf, daß wir es je eher, je lieber verlaſſen ſollten.
Karl verſprach's, verzoͤgerte aber immer ſein Ver-
ſprechen von einer Zeit zur andern. Einſt kam
ich aus dem Theater nach Hauſe, fand dort ei-
nen Unbekannten, welcher mir einen Zettel uͤber-
reichte, und ſogleich fortgieng; es war meines
Erſt. Baͤndch. N
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